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Da waren es noch drei: Paul Achleitner (Mitte) mit den Ko-Chefs Anshu Jain (links) und Jürgen Fitschen. Jain muss bald gehen.

© Imago

Aufsichtsratschef Paul Achleitner: Der Kontrolleur

Paul Achleitner ist Aufsichtsratschef der Deutschen Bank. Kein leichter Job in diesen Tagen. Die Amtszeit von Jain und Fitschen war durchwachsen, der Ruf der Bank schon einmal besser.

Endlich einmal eine gute Nachricht. Die Deutsche Bank habe die besten Kontrolleure unter den 30 großen im Deutschen Aktienindex Dax gelisteten Konzerne, schreibt die Personalberatung Russell Reynolds in einer aktuellen Analyse. Vor allem Paul Achleitner muss dies eine Genugtuung sein. Denn auch der Chef des Aufsichtsrats der Deutschen Bank stand in den letzten Wochen und Monaten in der Kritik. Mit dem wohl nicht ganz freiwilligen Rückzug der beiden Ko-Chefs Anshu Jain und Jürgen Fitschen, den der 58jährige aus dem oberösterreichischen Linz am Sonntag absegnete und wohl auch erleichtert entgegennahm, hat er sich auch selbst aus der Schusslinie gezogen.

Magere 820 000 Euro für einen Full-Time-Job

Seit Mai 2012 steht Achleitner an der Spitze des Aufsichtsrats. Gerufen wurde er, als sich der damalige Bank-Chef Josef Ackermann und Aufsichtsratschef Clemens Börsig stritten und Ackermann letztlich darauf verzichtete, nach seinem planmäßigen Ausscheiden an die Spitze des Kontrollgremiums zu rücken. Achleitner gab dafür den erheblich besser dotierten und vor allem auch mit operativer Verantwortung verbundenen Job als Finanzvorstand der Allianz auf.

Knapp 820 000 Euro hat er 2014 als Chef-Kontrolleur bei der Deutschen Bank verdient. Das ist zwar viel für einen Aufsichtsratschef, aber ein überschaubares Gehalt im Vergleich zu einem Vorstandsposten. Andererseits ist Achleitners Aufgabe bei der Deutschen Bank ein Full-Time-Job, der absolute Professionalität erfordert. Beobachter vermuteten damals freilich auch, dass Achleitner vor allem reizte, im Hintergrund die Fäden bei Deutschlands größtem Geldhaus ziehen und damit erheblichen Einfluss ausüben zu können. Auch wenn ihm bewusst sein musste, in welch schwieriger Phase die Bank steckte und dass der Job mit Honigschlecken wenig zu tun haben würde.

Jeder ist ersetzbar, auch ein Aufsichtsratschef

Achleitner, verheiratet mit Ann-Christin Achleitner, renommierte Betriebswirtschafts-Professorin an der TU München und Aufsichtsrätin bei etlichen großen Unternehmen, hat ein klares Ziel vor Augen: Er möchte, dass die Mitarbeiter der Bank wieder stolz auf ihr Institut sein können. Die vielen Skandale, die Milliardenstrafen, der dümpelnde Aktienkurs und der bescheidene geschäftliche Erfolg dürften Achleitner in den letzten Jahren massiv geärgert haben. Er hat diesen Ärger geschluckt, aber im Aufsichtsrat wohl auch immer wieder deutliche Worte gefunden. Kurz vor der Hauptversammlung im Mai sagte Achleitner, jeder sei ersetzbar. Das war unzweifelhaft auch auf Jain und Fitschen gemünzt. Ihre Leistung sei durchwachsen, sagte er auf Aktionärstreffen. Und dass der Aufsichtsrat seine Kontrollpflichten sehr ernst nehme.

Seine Worte auf der Hauptversammlung belegen Achleitners Stil: Nüchtern, klar und an der Sache orientiert. Auf Attitüden und Statussymbole legt der Fan des Fußballbundesligisten Bayern München keinen Wert, er gilt als bescheiden. An Selbstbewusstsein mangelt es ihm freilich nicht, seine Karriere kennt zahlreiche große Adressen: Studiert hat Achleitner in St. Gallen und Harvard, bei der Unternehmensberatung Bain & Company startete er ins Berufsleben, wechselte 1988 zu Goldman Sachs erst nach New York, dann nach London und schließlich nach Frankfurt. Im Jahr 2000 wurde Achleitner als Finanzchef zur Münchner Allianz gerufen.

Im Innersten ein Investmentbanker

Kritiker halten dem Brillen- und Vollbartträger allerdings seine Nähe zum Investmentbanking vor und deshalb für den falschen Mann an der Spitze des Aufsichtsrates. Ohne Zweifel hegt Achleitner viel Sympathie für das Investmentbanking, allein schon wegen seiner Jahre bei Goldman Sachs, dem umstrittenen US-Geldhaus. An der privaten Otto Beisheim School of Management hält er als Honorar-Professor Vorlesungen über Investmentbanking. Und die von Jain und Fitschen eingeschlagene Strategie, das Privatkundengeschäft durch den Verkauf der Postbank und die Schließung von 200 der 700 Deutsche Bank-Filialen zu kappen und die Investmentsparte nur rudimentär zu verkleinern, hält Achleitner für den richtigen Weg.

Auch John Cryan, der von ihm auserkorene Nachfolger für Jain und Fitschen, ist Investmentbanker. Der Österreicher hat ihn angeblich schon vor einem Jahr als „Ziegelsteinkandidat“ ausgeguckt, für den Fall, dass den beiden Bank-Chefs etwas zustoßen sollte. Insofern verbindet Achleitner seinen Erfolg oder Misserfolg ganz eng mit dem von Cryan. Scheitert der Brite, dann scheitert auch der Österreicher.

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