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Wirtschaft: Aufsichtsratschef wusste seit 14 Tagen Bescheid

Auch der neue Verkehrsminister Tiefensee wurde zügig informiert / Gewerkschaften kritisieren von Beust

Berlin - Die Pläne der Bahn, ihren Konzernsitz aus Berlin abzuziehen, sind offenbar einigen Mitgliedern des Aufsichtsrates und der neuen Bundesregierung seit längerem bekannt. Der Aufsichtsratschef der Bahn, der RAG-Vorstandschef und ehemalige Bundeswirtschaftsminister Werner Müller, ist seit etwa 14 Tagen eingeweiht, erfuhr der Tagesspiegel aus Aufsichtsratskreisen. Auch der neue Bundesverkehrsminister Wolfgang Tiefensee (SPD) wurde über die Gespräche der Bahn offensichtlich schon kurz nach seiner Vereidigung am Dienstag vergangener Woche informiert. „Der Minister weiß davon seit Mitte letzter Woche“, sagte ein Sprecher Tiefensees. Offen blieb allerdings, ob Tiefensees Vorgänger Manfred Stolpe (SPD) schon länger Bescheid wusste und ihn informiert hat.

Offen blieb am Montag auch, seit wann Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) von den Absichten der Bahn, ihre Konzernzentrale zu verlegen, erfahren hat. Regierungssprecher Ulrich Wilhelm teilte am Montag mit, es habe am Vortag ein Telefonat mit Berlins Regierendem Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) gegeben. Ein mögliches Gespräch mit Hamburgs Bürgermeister Ole von Beust (CDU) bestätigte er dagegen auch auf Nachfrage nicht. Von Beust hatte am Freitag erklärt, Merkel sei über die Pläne informiert.

Auch die Frage, welchen Einfluss die Mitglieder des Aufsichtsrates gespielt haben, die der Bund als Bahn-Eigentümer entsandt hat, war am Montag nicht zu klären. Aus Aufsichtsratskreisen hieß es, der Umzug werde nicht als zustimmungspflichtig angesehen. Die Sprecher der Bundesministerien für Verkehr, Wirtschaft, Umwelt und Finanzen, deren Staatssekretäre Aufsichtsratsfunktionen bei der Bahn wahrnehmen, lehnten Stellungnahmen darüber ab, ob diese Mandate in jüngster Zeit überhaupt aktiv ausgeübt wurden und wie die Ministerien die Positionen in Zukunft besetzen wollen. Sowohl die Aufsichtsratsmitglieder des Finanz-, als auch des Verkehrs- und Umweltministeriums werden in Zukunft nicht mehr als Staatssekretäre der Bundesregierung tätig sein. Der Aufsichtsrat tagt am Mittwoch kommender Woche und wird sich mit dem Thema beschäftigen.

Scharfe Kritik kam von Seiten der Gewerkschaften an der Informationspolitik von Beusts. Das Thema Umzug der Konzernzentrale wurde erst von ihm öffentlich gemacht. Transnet-Chef Norbert Hansen sagte dem Tagesspiegel: „Von Beust darf sich nicht zum Sprecher des Aufsichtsrats machen.“ Er sei verärgert über von Beust. Ein GDBA-Sprecher sprach von „schlechtem Stil“. Bei der Gewerkschaft sei man darüber überascht, „dass die Diskussion öffentlich geführt wird, ohne dass die zuständigen Gremien informiert wurden“. asi/hop/mod

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