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Wirtschaft: Augen zu und einkaufen

Das Konsumklima wird immer besser, weil die Verbraucher mit Wachstum rechnen – trotz Risiken

Berlin - Finanzkrise? Eurokrise? War da was? Wenn man sich die Shoppingmeilen anschaut, könnte man meinen, es sei alles in bester Ordnung. Die Kauflaune der Deutschen steigt und steigt. Die Nürnberger Gesellschaft für Konsumforschung (GfK) sagt für den Februar das beste Konsumklima seit dreieinhalb Jahren voraus. Der Index stieg um 0,2 auf 5,7 Punkte. So hoch lag er zuletzt im September 2007, bevor die Lehman-Pleite auf die Stimmung der Verbraucher drückte. Für 2011 stellten die Experten einen Anstieg des privaten Verbrauchs von mindestens einem Prozent in Aussicht.

Die gute Laune bleibt allerdings nicht ungetrübt: Zwar erwarten die Befragten, dass die Wirtschaft weiter wächst, dass die Arbeitslosenzahlen noch tiefer sinken und die Löhne steigen. Gleichzeitig aber rechnen sie mit höheren Preisen. „Die Inflation kann zum Risikofaktor für den Konsum werden“, sagte GfK-Experte Rolf Bürkl am Dienstag bei der Veröffentlichung der Zahlen. Zwar betrug die Inflationsrate im Dezember nur 1,7 Prozent. Bis zu einer Grenze von zwei Prozent spricht die Europäische Zentralbank von stabilen Preisen. Die Verbraucher aber haben einen anderen Eindruck: Berechnungen der Uni Credit Bank zufolge lag die „gefühlte Inflation“ im Dezember bei 3,25 Prozent. Der Grund: Vor allem Energie, Obst und Gemüse wurden teurer. „Das sind Artikel oder Güter, die relativ häufig gekauft werden, und allein aus dem Grund heraus bekommen dann sehr viele Verbraucher den Eindruck, alles würde teurer“, sagt Rolf Bürkl. Auch die europäische Schuldenkrise könnte sich noch negativ auf die Kauflaune auswirken – wenn sich die Lage verschärfe.

Davor warnte am Dienstag auch der Internationale Währungsfonds (IWF). Die hohen Schulden in Europa und in den USA seien die Achillesferse für die internationale Finanzstabilität und den Aufschwung der Weltwirtschaft. „Im Euro-Raum sind umfassende, schnelle und entschiedene politische Maßnahmen nötig, um Abwärtsrisiken entgegenzutreten“, heißt es in der IWF-Analyse. Der Fonds rief die europäischen Staaten zu Reparaturarbeiten an den Bankenbilanzen sowie an ihren öffentlichen Haushalten auf. Zugleich befürwortet der IWF eine Erhöhung der „effektiven Größe“ des Euro-Rettungsschirms EFSF.

Für die Weltwirtschaft insgesamt sagt der IWF in diesem Jahr eine weitere Erholung voraus, sie könne 2011 um 4,4 Prozent wachsen. Das sind 0,2 Prozentpunkte mehr als in der letzten Schätzung. Allerdings warnt der IWF vor einer „Erholung in zwei Geschwindigkeiten“: So sei in den Industrieländern lediglich ein Anstieg von 2,5 Prozent zu erwarten, für die Euro-Zone sind es sogar nur 1,5 Prozent. Zuvor hatte die Internationale Arbeitsorganisation (ILO) erklärt, ein Großteil der Menschen, die in den vergangenen Jahren arbeitslos geworden seien, stamme aus der EU und anderen Industrieländern.

In Schwellen- und Entwicklungsländern wie China und Indien wächst die Wirtschaft hingegen so schnell, dass der IWF vor Überhitzung und Inflationsdruck warnt. In China rechnet der Weltwährungsfonds mit einem Plus von 9,6 Prozent in diesem Jahr.

Für Deutschland prognostiziert der Währungsfonds ein Wachstum von 2,2 Prozent – im Vergleich zu anderen Industrieländern ist das viel. Der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) erwartet sogar mehr: Er rechnet für das Jahr 2011 mit einem Wirtschaftswachstum von 2,5 Prozent, nach einem Plus von 3,6 Prozent im vergangenen Jahr. Den Löwenanteil trage die Industrie bei, deren Auftragsbücher größtenteils gut gefüllt seien.

Auch die deutsche Bauwirtschaft hat wieder mehr zu tun. Wie das Statistische Bundesamt am Dienstag meldete, sind in den ersten elf Monaten 2010 preisbereinigt 2,1 Prozent mehr Aufträge eingegangen als im Vergleichszeitraum 2009. Wegen des starken Wintereinbruchs im Dezember rechnet der Hauptverband der Deutschen Bauindustrie für das Gesamtjahr aber weiterhin mit einem Umsatzminus von einem Prozent.

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