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Endstation. Die Bahn-Tochter Berlin Linien BUs stellt Ende des Jahres den Betrieb ein.

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Update

Aus für BerlinLinienBus: Deutsche Bahn streicht Fernbus-Angebot zusammen

Endstation für viele Fernbusse der Bahn: Der Schienenkonzern zieht sich weitgehend aus dem Markt zurück - und überlässt das Geschäft dem Quasi-Monopolisten Flixbus.

Die Deutsche Bahn zieht sich weitgehend aus dem für sie verlustreichen Fernbusmarkt zurück. Die Konzerntochter BerlinLinienBus (BLB) stellt zum Jahresende fast alle ihre Strecken ein. "Ende 2016 endet der Betrieb unter der Marke BLB", teilte die Bahn am Freitag mit. Damit scheidet der einzige verbliebende größere Konkurrent von Marktführer Flixbus weitgehend aus dem Geschäft aus. Flixbus dominiert den Markt zu 90 Prozent. Bahn-Chef Rüdiger Grube hatte bereits im August angekündigt, dass die Bahn ihr Fernbusangebeot "neu bewerten" wolle. Im vergangenen Jahr reisten in Deutschland 20 Millionen Fahrgäste mit einem Fernbus.

Bundesregierung appelliert an die Bahn

Die Bahn muss aus Sicht des Bundes weiterhin attraktive Angebote für die Reisenden gewährleisten. „Es kommt jetzt darauf an, dass die Deutsche Bahn das Signal gibt, wie sie den Wettbewerb um mehr als 20 Millionen Fernbuskunden aufnimmt“, sagte ein Sprecher des Bundesverkehrsministeriums am Freitag in Berlin. Ob dies auf der Schiene oder auf der Straße geschehe, entscheide der Vorstand. Nach der Freigabe des Busmarktes 2013 sei das Angebot mit zusätzlichen Fernlinien für die Fahrgäste sprunghaft gestiegen. Gescheitert sei die Liberalisierung nicht. Angesichts des nun noch größeren Marktanteils von Branchenprimus Flixbus plane das Ministerium „keine regulatorischen Maßnahmen“, sagte der Sprecher. Es gebe weiterhin verschiedene Wettbewerber.

IC Bus soll IC- und ICE-Züge ergänzen

Nur einen kleinen Teil der 40 BerlinLinienBus-Strecken will die Bahn an den eigenen IC Bus übertragen. "Aus den bisherigen zwei Marken wird ab 2017 unter dem Markennamen IC Bus ein konsolidiertes Fernbusangebot", teilte die Bahn weiter mit. Angaben, welche Strecken gestrichen werden, machte die Bahn nicht. Das Angebot von IC Bus solle als "vollwertiger Teil der intermodalen DB-Mobilitätskette", also als Ergänzung zu den IC- und ICE-Zügen weiter ausgebaut werden. Vor allem touristische Linien und grenzüberschreitende Verbindungen sollen laut Bahn in das IC Bus-Netz aufgenommen werden, beispielsweise Berlin–Usedom, Hamburg–Bremen–Amsterdam und Berlin–Hamburg–Kopenhagen.

Bahn entscheidet sich für das "wirtschaftlich nachhaltigere" Modell

„Im Vergleich unserer bisherigen zwei Geschäftsmodelle hat sich der IC Bus durch die enge Einbindung der Fernbuslinien in das gesamte DB-Mobilitätsnetz als kundenseitig überzeugender und wirtschaftlich nachhaltiger herausgestellt", erklärte Berthold Huber, Bahn-Vorstand für Verkehr und Transport.

Erst Anfang August hatte die Deutsche Post ihren Ausflug ins heiß umkämpfte Fernbusgeschäft nach drei Jahren beendet und die Aktivitäten an den Marktführer Flixbus verkauft. Die Post hatte den Rückzug mit der mangelnden Wirtschaftlichkeit der Aktivitäten begründet. „Wir fahren mit Dumpingpreisen Minusbeträge ein“, hatte sich auch Bahn-Chef Grube bei der Halbjahresbilanz geärgert. Vom „Blödsinn“ auf dem Fernbusmarkt war die Rede. Zwei bis drei Cent nehmen die Fernbusse nach Branchenschätzungen pro Fahrgast und Fahrkilometer ein, sechs Cent wären nötig, um etwas zu verdienen. Drei Jahre nach Freigabe des Fernbusmarktes durch die Bundesregierung und einer Welle von Neugründungen wird der Markt nun von einem Anbieter beherrscht. Höhere Preise gelten als wahrscheinlich.

Kartellamt beobachtet, muss aber nicht eingreifen

Das Bundeskartellamt sieht auf dem Fernbusmarkt dennoch keinen Handlungsbedarf, weil die Unternehmen auch nach den vergangenen Zusammenschlüssen unter der notwendigen weltweiten Umsatzschwelle von 500 Millionen Euro bleiben. "Wir werden den Markt aber weiter beobachten", sagte ein Sprecher.

Der Bundesverband Deutscher Omnibusunternehmer (BDO) reagierte mit Unverständnis auf den weitgehenden Rückzug der Bahn. Dies sei eine „Fehlentscheidung“, sagte BDO-Hauptgeschäftsführerin Christiane Leonard am Freitag in Berlin. Die Deutsche Bahn, die sich gern als umfassender Mobilitätsanbieter darstelle, sende ein falsches Signal. Der faktische Marktaustritt der Bahn beim Fernbus komme zur Unzeit. Die Wachstumszahlen von BerlinLinienBus (BLB) hätten eine andere Sprache gesprochen. Erst im Frühjahr sei der Konzern mit BLB richtig durchgestartet. Viel zu spät sei die Bahn konsequent in den Markt gegangen, Wettbewerbsvorteile habe sie nie genutzt. „Es ist ganz klar davon auszugehen, dass nun andere Wettbewerber in den Markt kommen“, sagte Leonard.

Steigende Preise wahrscheinlich

Für den Marktführer Flixbus ist der Spielraum für Preiserhöhungen nach dem Rückzug der Bahn größer geworden. Nach Angaben des Reisevergleichsportals GoEuro sind die Preise schon in den vergangenen Jahren angezogen. Seit 2014 seien die Tickets im Schnitt in Deutschland um 40 Prozent teurer geworden. Auch Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) hatte bereits nach dem Aus für die Postbusse gesagt, er erwarte höhere Preise. Dies sei auch nötig, um das Geschäft nachhaltig zu betreiben.
Die Linke nannte die gesamte Liberalisierung des Fernbusmarktes einen Fehler: "Sie gehört erneut auf die Tagesordnung des Bundestages und muss dort dringend nachgebessert werden", sagte Verkehrsexperte Thomas Lutze. Busse müssten nun auch Autobahnmaut zahlen, um den Wettbewerb mit der Bahn ausgeglichener zu gestalten. mit rtr, dpa

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