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Mit Pause. Karrieremessen sind eine gute Gelegenheit, Informationen auszutauschen und mit Firmen in Kontakt zu kommen. Foto: ddp

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Ausbildung: Auf Partnersuche

Haben sich Jugendliche endlich für einen Beruf entschieden, geht es darum, einen passenden Ausbildungsbetrieb zu finden. Wie das geht, erklären Experten

Es hat einige Zeit gedauert, bis Jessica Klee sich klar wurde, wohin es beruflich gehen soll. Zunächst reizte sie die Medizin, doch sie interessierte sich dafür zu wenig für Chemie, erzählt die 19-Jährige. Da sie sich lieber mit politischer Weltkunde, Soziologie und Psychologie beschäftigt, kam sie auf Wirtschaft und Personalmanagement. „Das passt zu meinen Interessen und eröffnet viele Möglichkeiten“, sagt die Schülerin. Um Theorie und Praxis zu verbinden, entschied sie sich für ein duales Studium in diesem Bereich, also eine Hochschule zu besuchen und sich parallel in einem Betrieb ausbilden zu lassen. Dann kam der nächste Schritt: die Suche nach einem geeigneten Ausbildungsbetrieb.

Erst kommt die Entscheidung für einen Beruf, dann die konkrete Planung – und damit viele Fragen: Ist eine rein schulische Ausbildung genauso gut wie eine betriebliche? Welche Firmen bieten Ausbildungen an? Wie läuft die Bewerbung ab?

Während die Lage auf dem Ausbildungsmarkt vor einigen Jahren noch recht angespannt war, können Jugendliche die Sache heute immerhin etwas entspannter angehen. Denn: Nachwuchs ist in vielen Branchen gefragt. Allein die Ausbildungsplatzbörse der Industrie- und Handelskammer (IHK) Berlin listet zur Zeit 1500 freie Plätze in 100 Berufen auf. Nachfrage gebe es vor allem im Dienstleistungssektor, im Handel und Tourismus wie in Gesundheits- und Pflegeberufen, sagt der Sprecher der Berliner Arbeitsagentur, Olaf Möller. Laut IHK sind auch Konstruktionsmechaniker, Elektroniker und Fachkräfte in der chemischen Industrie gesucht.

Wer sich für sehr gefragte Ausbildungen etwa in Medienberufen interessiert, Koch, medizinischer Fachangestellter, Bürokaufmann oder Kfz-Mechatroniker werden will, sollte Alternativen einplanen. Es gibt viele neue, diesen Berufen verwandte Ausbildungen, die aber oft unbekannt sind. „Wer darauf ausweicht, hat viel bessere Chancen“, sagt Möller.

AUSBILDER FINDEN

Grundsätzlich sind bei der Suche nach einem Ausbildungsbetrieb die Arbeitsagenturen behilflich. Bei Bedarf begleiten sie Jugendliche bis zur Einstellung, erklärt Möller. Die Berater geben Tipps zur Arbeitgeberwahl und zur Recherche. Ansprechpartner sind auch die IHK und die Handwerkskammer. Jessica Klee hat sich von einem privaten Coach unterstützen lassen. Das kostet, bietet in der Regel aber auch eine intensivere Betreuung.

Eine gute Gelegenheit, um Unternehmen kennen zu lernen, bieten Karriere- und Ausbildungsmessen. Außerdem stellen die IHK und die Handwerkskammer Berlin im Rahmen des Projekts „Passgenaue Vermittlung“ einen persönlichen Kontakt zwischen kleinen und mittelständischen Unternehmen und Ausbildungsplatzsuchenden her.

Bei der Wahl des künftigen Arbeitgebers sei zu berücksichtigen, wie man sich dort entwickeln kann. „Je größer das Unternehmen, desto mehr Weiterbildungsmöglichkeiten und je renommierter der Meister, desto besser die Karrierechancen“, sagt der Karriereberater Gerhard Winkler aus Berlin. So haben auch Azubis bei großen Firmen gute Aufstiegschancen. Bei dem Elektrokonzern Siemens etwa können gelernte Mechatroniker nach vier Jahren Praxis neben dem Job ihren Bachelorabschluss machen und anschließend berufsbegleitend noch ihren Master draufsetzen. Auch bei dem Pharmakonzern Berlin-Chemie haben Azubis mit sehr guten Noten in den Naturwissenschaften gute Chancen, im Unternehmen beruflich weiterzukommen.

Grundsätzlich rät Winkler, Unternehmen der engeren Wahl vor der Bewerbung durch ein Praktikum, einen Ferienjob oder einen Schnuppertag kennen zu lernen. „So finden die jungen Leute heraus, ob sie wirklich dort arbeiten wollen“, erklärt er. Außerdem erleichtert ein daraufhin ausgestelltes Arbeitszeugnis und ein Ansprechpartner den Einstieg.

Ob eine rein schulische oder eine betriebliche Ausbildung die richtige ist, hängt von bestimmten Faktoren ab. „Eine betriebliche Ausbildung ist in der Regel intensiver“, sagt Berater Winkler.

DIE BEWERBUNG

Ist das Wunsch-Unternehmen gefunden, gilt es sich über das Bewerbungsverfahren schlau zu machen. Welche Unterlagen müssen eingereicht werden? Bis wann muss man sich bewerben (siehe Kasten)? Was kommt danach?

Bei Siemens zum Beispiel folgt nach einer Onlinebewerbung ein Online-Vortest. Wer in der ersten Runde erfolgreich war, wird zu einem schriftlichen Test und einem Gespräch und je nach Berufsbild auch zu einem Assessment Center eingeladen. Geprüft werden technisches Verständnis, logisch strukturiertes Denken, Textverständnis und Teamfähigkeit. Auch bei Berlin-Chemie und der Deutschen Bahn gehören neben den Bewerbungsunterlagen ein Gespräch und ein berufsspezifischer Eignungstest dazu.

Viele Informationen hat Jessica Klee im Internet recherchiert, direkt auf den Seiten der Firmen, die sie interessant fand. Sie wusste schnell, dass sie bei einem großen Betrieb arbeiten will, wegen der Entwicklungsmöglichkeiten. Das hat die Suche vereinfacht. Die Bewerbungen hat sie dann mit ihrem Coach vorbereitet. Zwanzig hat sie insgesamt verschickt.

Bei der Bewerbung gehe es darum, zunächst schriftlich und dann im Gespräch die Personaler davon zu überzeugen, dass sie den richtigen Kandidaten vor sich haben, so Winkler. Neben Fähigkeiten, Talenten, Reife und Zuverlässigkeit honorieren Arbeitgeber zudem außerschulische Leistungen: wenn sich jemand im Verein engagiert oder eine Jugendgruppe leitet.

Um sich für das Vorstellungsgespräch fit zu machen, rät er: „Studieren Sie den eigenen Lebenslauf und leiten Sie daraus so viele Fragen wie möglich ab.“ Darauf gilt es plausible Antworten zu finden.

Inzwischen hat Jessica Klee erste Eignungstests und Assessmentcenter absolviert. Bei acht Firmen ist sie noch im Rennen – und hat damit gute Chancen, im Herbst ihre Ausbildung zu beginnen.

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