zum Hauptinhalt

Ausbildung: Platz für Erfolg

Türkische Chefs bilden immer noch deutlich weniger aus als deutsche – das soll sich bald ändern. Die meisten Unternehmer wissen bisher nichts von Mitteln zur Förderung von Ausbildungsplätzen.

Vom Hilfsarbeiter zum Meister und mittelständischen Firmenchef: Seinen Weg verdankt der Neuköllner Fensterbauunternehmer Kaya Tiglioglu dem eigenen Einsatz. Allerdings nicht ausschließlich. „Das deutsche Ausbildungssystem ist hervorragend im Vergleich etwa zum türkischen oder dem in den USA“, sagt Tiglioglu. Vor 38 Jahren kam er nach Berlin, machte in einem Kreuzberger Hinterhofbetrieb seinen Gesellen und bildete sich später in der Abendschule weiter. Heute beschäftigt er 55 Mitarbeiter in seinem Unternehmen. „Ausbildung spielt bei uns eine wichtige Rolle“, sagt Tiglioglu. Hunderte junge Menschen habe er in all den Jahren ausgebildet. Momentan hat er zwei Lehrlinge.

Doch längst nicht alle türkischen Geschäftsinhaber in Deutschland verhalten sich ähnlich. „Die steigende Bedeutung dieser Unternehmen spiegelt sich in der Ausbildungsbeteiligung noch nicht wieder“, urteilen die Autoren einer aktuellen Studie für das Bundeswirtschaftsministerium. Etwa 15 Prozent der Betriebe, deren Inhaber einen türkischen Hintergrund haben, bilden aus. Das hat das Mannheimer Institut für Mittelstandsforschung errechnet. Bei deutschen Unternehmen sind es 26,5 Prozent. Insgesamt etwa 7500 Ausbildungsplätze bieten türkische Unternehmen der Untersuchung zufolge an.

„In den türkischen Betrieben ist noch ein großes Potenzial vorhanden“, sagt Cengiz Yildirim vom Essener Zentrum für Türkeistudien (ZFT). Viele Firmenchefs seien immer noch nicht ausreichend über die Modalitäten einer dualen Ausbildung informiert und wüssten viel zu wenig über staatliche Fördermöglichkeiten. Daher wendet sich das Zentrum derzeit in einem Projekt an Unternehmer, um die Ausbildungsbereitschaft zu erhöhen. In Berlin sind auf diesem Weg zuletzt 160 Ausbildungsplätze entstanden. „Wir vermitteln, dass die Firmen nur mit selbst ausgebildeten Mitarbeitern erfolgreich sind“, erklärt Yildirim.

Diese Erfahrung hat auch Fensterbauer Tiglioglu gemacht. Doch sei es schwieriger geworden, motivierte junge Leute zu finden. Außerdem belohne der Staat ihn stärker, wenn er einen Langzeitarbeitslosen anstelle eines Azubis einstelle.

Wie das ZFT wendet sich auch das Bildungswerk Kreuzberg in Berlin mit einem Ausbildungsprojekt an Unternehmer mit Migrationshintergrund. Oft steckt hinter solchen Projekten die Hoffnung, türkischen Jugendlichen eine Perspektive zu bieten. „Dieser Aspekt ist den meisten Firmen nicht wichtig“, sagt Yildirim. „Aber als hoch angesehene Mitglieder der türkischen Community haben die Selbstständigen eine Vorbildfunktion.“ Je besser die Qualifikation, desto besser die Integration in die deutsche Gesellschaft. Immerhin 19 Prozent der Migranten-Unternehmer wollen gezielt jungen Landsleuten eine Chance im Ausbildungsmarkt geben (siehe Grafik).

Die Mehrheit möchte sich das aber nicht vorschreiben lassen. Tiglioglu etwa beschäftigt mehr als 90 Prozent Deutsche in seinem Betrieb. Auch zieht es nicht mehr so viele türkische Jugendliche in die klassisch von ihren Landsleuten dominierten Branchen – ein Drittel der Betriebe in türkischer Hand sind im Handel zu finden. 

Nils-Viktor Sorge

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false