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Es hakt. Es fehlen Lehrlinge, sagt die Wirtschaft. Stimmt nicht, erklären die Gewerkschaften. Foto: p-a/ZB

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Ausbildung: Streit umd die Ausbildung

.Firmen jammern über zu wenig Bewerber, die Gewerkschaften sehen das anders. Beide sind uneins über die Zukunft der Ausbildung.

Berlin - Den Unternehmen gehen die Azubis aus. Allein im Handwerk seien 10 000 Lehrstellen noch unbesetzt, klagen die Betriebe. Stimmt nicht, kontern die Gewerkschaften. 1,5 Millionen Menschen zwischen 20 und 29 Jahren seien derzeit noch ohne abgeschlossene Ausbildung. Und mitnichten gebe es zu wenige Bewerber – allein im vergangenen Jahr habe es eine Lücke von 60000 Ausbildungsplätzen gegeben. Jeder dritte Jugendliche müsse sich mit Überbrückungsjobs oder Praktika über Wasser halten, statt eine reguläre Lehrstelle zu bekommen, urteilt der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB).

Um die Lage der Azubis zu verbessern, haben Wirtschaft und Regierung 2004 den Ausbildungspakt erfunden. Er soll dafür sorgen, dass jeder Jugendliche eine Perspektive bekommt, auch wenn seine Suche nach einer Lehrstelle ohne Erfolg bleibt. Union und FDP wollen für die Neuauflage des Pakts nun die Gewerkschaften ins Boot holen – so steht es im Koalitionsvertrag. Und das, obwohl der DGB an den Jubelmeldungen der Wirtschaft über Erfolge bei der Ausbildung bislang stets etwas auszusetzen hatte.

Seit Monaten streiten die Arbeitgeber und der DGB denn auch darüber, was in der Neuauflage des Pakts stehen soll. Wirtschaft und Regierung geht es darum, den Fachkräftemangel zu bekämpfen und Jugendliche besser auf eine Lehre vorzubereiten. Vor allem Benachteiligte wollen die Partner fördern. Die Gewerkschaften streben darüber hinaus an, dass sich die Arbeitgeber auf konkrete Zielgrößen für den Lehrstellenmarkt einlassen. Bislang wird nicht einmal die Hälfte der Bewerber, die sich bei den Arbeitsagenturen gemeldet haben, vermittelt – künftig sollen es nach DGB-Vorstellungen knapp zwei Drittel sein. Die Arbeitgeber halten davon nichts. „Die Forderung nach einer solchen Garantie ist angesichts der drastisch sinkenden Schulabgängerzahlen und des drohenden Fachkräftemangels schwer nachvollziehbar“, sagt etwa Holger Schwannecke, Generalsekretär des Handwerksverbands ZDH. Eine solche Zusage könne man in den Betrieben nicht durchsetzen. Seinerseits verlangt die Wirtschaft, dass der DGB bisherige Erfolge des Pakts anerkennt. Dies wiederum erzürnt die Gewerkschaften. Es sei „unbegreiflich“, dass die Verbände zahlreiche Punkte schon vor Beginn echter Gespräche als nicht verhandelbar erklärten, heißt es dort.

Wegen der Differenzen haben die Verbände bislang ohne den DGB mit der Regierung über neuen Pakt verhandelt. Ohnehin dürfen die Gewerkschaften nur mitmachen, wenn alle Beteiligten zustimmen – so sind die Regeln. „Wir haben den Eindruck, dass die Arbeitgeber uns gar nicht am Tisch haben wollen“, moniert ein Gewerkschafter. Dabei sei man offen für eine Teilnahme.

Nach dem Treffen mit DGB-Chef Michael Sommer vergangene Woche hatte Kanzlerin Angela Merkel (CDU) zwar noch erklärt, man sei beim Pakt auf einem guten Weg. Tatsächlich ist die Lage aber so verfahren, dass Wirtschaftsminister Rainer Brüderle (FDP) beide Seiten nun zu einem Friedensgipfel bittet. Er ruft dazu auf, dort die „zum Teil sehr grundlegenden unterschiedlichen Positionierungen“ zu „überwinden“, wie es in einem Brief an alle Beteiligten heißt, der dieser Zeitung vorliegt. Gemeinsam wolle man „die Möglichkeiten konstruktiver Zusammenarbeit ausloten“. Die Zeit drängt – die Unterzeichnung des neuen Pakts ist für Ende Oktober vorgesehen.

Die Initiative Brüderles zeigt nun offenbar Wirkung. Es gehe ihm nicht um die Frage, ob die Gewerkschaften mitmachen dürfen oder nicht, sagte Hans Heinrich Driftmann, Präsident des Deutschen Industrie- und Handelskammertages (DIHK). Es gehe allein darum, zugunsten der Jugendlichen und der Unternehmen wieder einen funktionsfähigen Ausbildungspakt zustande zu bringen.

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