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Weder Bulle, noch Bär. Mit Günther Schild wurde für Bundeswertpapiere geworben.

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Ausgestorben: Finanzminister schafft Bundesschatzbriefe ab

Die in Frankfurt angesiedelte Finanzagentur muss das Privatkundengeschäft aufgeben. Dem Finanzminister ist es zu teuer. Nicht nur für Schildkröte Günther ist es das Ende.

Frankfurt am Main - Das Aus trifft rund 330 000 Privatanleger. 8,5 Milliarden Euro haben sie mit Bundeswertpapieren derzeit auf Konten der Finanzagentur des Bundes angelegt – kostenfrei. Damit ist es 2013 vorbei. Die in Frankfurt angesiedelte Finanzagentur muss das Privatkundengeschäft aufgeben. Dem Finanzminister ist es zu teuer. Einen mittleren zweistelligen Millionenbetrag hat es zuletzt pro Jahr gekostet. Angesichts der niedrigen Zinsen kann der Bund seit einiger Zeit ohnehin kaum noch Privatanleger locken, 2012 ist angeblich kein neues Konto eröffnet worden. Die Tagesanleihe des Bundes bringt derzeit eine Rendite von 0,18 Prozent, vergleichbare Tagesgeldkonten bei Banken und Sparkassen werfen dagegen bis zu 2,5 Prozent ab.

Noch im Frühjahr hatte Carl Heinz Daube, Chef der für das Schuldenmanagement des Bundes zuständigen Finanzagentur, neue Produkte für Privatanleger angekündigt. So sollte es ein „Schatzdepot“ geben, eine Art Sparplan für Bundeswertpapiere, und eine variabel verzinsliche Anleihe des Bundes. Die Ideen verschwinden jetzt in der Schublade. Ebenso wie Günther Schild, die knuffige Schildkröte, mit der die Agentur seit 2008 um die Gunst von Privatanlegern wirbt. Der Erfolg hielt sich in Grenzen. Aktuell liegen weniger als ein Prozent der Bundes-Schulden von 1,1 Billionen Euro in den Händen von Kleinanlegern. Mehr als 99 Prozent der Verbindlichkeiten halten Großinvestoren wie Versicherungen, Banken, Fonds oder Pensionskassen aus aller Welt.

Im Detail wird die Finanzagentur den Vertrieb von Bundeswertpapieren – Bundesanleihen, Bundesobligationen, Bundesschatzbriefe und Tagesanleihe – an Privatanleger zum Jahresende 2012 einstellen. Schon ab 22. August können keine neu aufgelegten Bundeswertpapiere mehr auf ein Schuldbuchkonto der Finanzagentur übertragen, neue Konten ab Anfang 2013 nicht mehr eröffnet werden. Bundesschatzbriefe und Finanzierungsschätze des Bundes wird es dann gar nicht mehr geben, wie Jörg Müller, Sprecher der Finanzagentur betont. Wie der Vertrieb der Tagesanleihe und von Bundesobligationen künftig vom Bund organisiert wird, ist noch nicht klar. Dies gilt auch für bestehende Schuldbuchkonten. Sie werden nach Angaben von Müller aber in jedem Fall analog der Laufzeit der dort gelagerten Wertpapiere weitergeführt. Im Extremfall könnten dies 30 Jahre sein, wenn auf dem Konto Anleihen mit entsprechender Laufzeit liegen.

Offen ist nach Angaben der Finanzagentur auch, wie die rund 100 der insgesamt 300 Mitarbeiter beschäftigt werden, die sich derzeit in Frankfurt um die Privatkunden kümmern. Darunter sind auch etliche Beamte. Arbeit genug wird die Agentur weiter haben. 2012 wird sie Bundeswertpapiere im Volumen von 255 Milliarden Euro an den Kapitalmärkten emittieren, um auslaufende Anleihen des Bundes abzulösen oder neue aufzulegen und so für den Bund Schulden zu machen.

Die Wirtschaftlichkeit seines Privatkundengeschäftes hat der Bund schon länger im Auge. 2006 wurde die in Bad Homburg angesiedelte Bundesschuldenverwaltung aufgelöst und der Finanzagentur angegliedert. Mit der Auflegung der Tagesanleihe 2008 startete die Agentur eine Produktoffensive, die zunächst auch wegen der attraktiven Zinsen bei Privatanlegern gut ankam. Das ist vorbei. Bundesanleihen können Anleger ab 2013 weiter kaufen. Dann aber nur gegen Gebühren über Banken und Sparkassen. Rolf Obertreis

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