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Wirtschaft: Auskuriert

Um Husten und Schnupfen abzuwehren, bieten Apotheken viele teure Arzneien an – die Wirkung wird bestritten

Ob Japaner wohl seltener erkältet sind als wir? Die Vermutung liegt nahe, denn in Sachen Vorbeugung sind die höflichen Menschen aus Fernost vorbildlich: Sie geben sich nie die Hand, zur Begrüßung muss bekanntlich eine knappe Verbeugung reichen. Das finden nicht nur Europäer, sondern auch anrückende Krankheitserreger wenig einladend. Denn die meisten Erkältungsviren werden über die Hände übertragen. Darum raten Experten, in Zeiten des Schnupfens nicht nur oft die Hände zu waschen, sondern auch das Händeschütteln zu vermeiden.

So weit, so unstrittig. Schwierig wird es erst bei der Frage, wie man das Immunsystem am besten fit macht gegen die drohende Krankheit. Apotheken bieten eine breite Palette von Tropfen und Tabletten, Säften und Gels an, um die Krankheit fern zu halten. Auf den Schreibtischen der Berliner Büros konkurrieren derzeit vor allem zwei Mittel um den Titel des Abwehr-Meisters: die pflanzliche Arznei Echinacin aus rotem Sonnenhut (50 ml Tropfen in der Apotheke für 8,07 Euro) und das homöopatische Mittel Meditonsin (70 Gramm Flasche für knapp sieben Euro). Sie sollen das Immunsystem anregen. Die Berliner Apothekerin Elisabeth Niemczewski empfiehlt außerdem Toxi-Loges (50 Tabletten für 6,32 Euro), ein homöopathisches Mittel, das ähnlich eingenommen wird wie Echinacin: „Wenn’s losgeht, dann hoch dosieren.“

Aber lohnt es wirklich, so viel Geld zu investieren, um sich gegen die Erkältung zu wappnen? „Ob das wirkt oder nicht, ist eine Frage des Glaubens“, sagt ein Apotheker aus Tiergarten. Und tröstet: „Wenn es funktioniert, kann man sich alle weiteren Mittel sparen.“ Ach, wüsste man’s doch vorher.

Natürlich hat die Pharmaindustrie auch für den Fall, dass sich die Krankheitserreger doch im Körper einnisten, viele Mittel parat. Bei ersten Anzeichen wie Halskratzen empfiehlt Apothekerin Niemczewski zunächst eine klassische Kombination aus Aspirin+C und einem Erkältungsbad mit Eukalyptusöl, Fichtennadelöl und/oder Menthol. Da gibt es zum Beispiel Klosterfrau Erkältung Medizinal Bad (100 ml für zirka 6,25 Euro) oder Tetesept Bademedizin Erkältungs-Intensivbad (125 ml zirka 7,84 Euro). In heißem Badewasser gelöst, verdunsten die ätherischen Öle rasch und erleichtern das Atmen. „Und danach nur noch ins Bett legen und schwitzen“, sagt Niemczewski.

Und wenn es trotzdem weitergeht? „Ich frage immer, was am schlimmsten ist – Husten, Schnupfen oder Halsweh“, sagt die Apothekerin. Am Beginn einer Erkältung steht meistens ein trockener Reizhusten. In den Regalen der Apotheken gibt es dagegen Hustensaft wie Silomat (100 ml/ 4,64 Euro) oder Stas-Hustenstiller, die den Hustenreflex beeinflussen. Die Wirksamkeit dieser Mittel sei gut belegt, schreibt die Stiftung Warentest im aktuellen „Handbuch Selbstmedikation“.

Diverse Präparate gibt es auch für Husten der Stufe zwei. Sie sollen das Abhusten des Schleims auf dem Höhepunkt der Erkältung erleichtern. Eines der meistverkauften ist Mucosolvan (100 ml Saft/ 4,67 Euro). „Dass der Husten damit tatsächlich schneller abklingt als ohne diese Medikamente, ist aber nicht bewiesen“, sagt Annette Bopp, eine der Autoren des Handbuchs Selbstmedikation.

Gegen Schnupfen empfehlen die Apotheker am liebsten Nasenspray oder -gel, zum Beispiel Otriven (10 ml Spray/ 3,76 Euro) oder Vibrocil Nasenspray. „Man sollte sich aber nicht einbilden, dass der Schnupfen davon weggeht“, sagt Bopp, „Sie können höchstens die Symptome lindern. Aber leider auch die Nasenschleimhaut austrocknen. Dagegen hilft dann zum Beispiel Emser Salz.“

Von teuren all-inclusive-Lösungen à laWick Medinait, die gegen verschiedene Erkältungssymptome helfen sollen, halten Experten nichts. „Grauenhaft“, nennt Warentesterin Bopp den Wirkstoffcocktail, der vor allem schläfrig macht. Sie hält ohnehin Hausmittel für die beste Antwort auf eine Erkältung. Wie sagt doch das Sprichwort: Mit Medikamenten dauert eine Erkältung sieben Tage, ohne eine Woche.

Maren Peters

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