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Vertraut unvertraut. Ohne Sprachkenntnisse oder Übersetzer bleiben deutsche Mittelständler hier ohne Erkenntnisgewinn.

©  Imago

Auslandsgeschäfte: Reisenden soll man nichts aufhalsen

Wer auf dem Weg ins Ausland Unterstützung sucht, findet Helfer bei den Handelskammern – sie sind nicht die Einzigen.

„Afrika ist der Kontinent der Sonne – wir haben Technologie und Know-how für Energiepartnerschaften auf Augenhöhe." Bundesentwicklungsminister Gerd Müller (CSU) hat den deutschen Mittelstand in dieser Woche ermutigt, sich stärker in Afrika zu engagieren. „Sechs von zehn Ländern in der Welt mit zweistelligen Wachstumsraten liegen in Afrika“, sagte Müller. Zwar streben deutsche Mittelständler laut einer Studie der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft BDO stärker ins Ausland als ihre Kollegen aus anderen Industrienationen. Doch im Auge haben die deutschen Chefs vor allem europäische Nachbarländer, die USA und die BRIC-Staaten – Brasilien, Russland, Indien und China.

„Reise-Helfer“ finden sie beispielsweise in den Auslandshandelskammern. Solche Töchter der Deutschen Industrie- und Handelskammer gibt es in 85 Ländern. Sie unterstützen sowohl wanderungswillige Betriebe in Deutschland als auch Firmen mit Sitz in den Gastländern.

Wer etwa in Vietnam eine Fabrik bauen will, kann sich an die Auslandshandelskammer in Ho Chi Minh City oder Hanoi wenden, die gegen Honorar Markteintrittsberatungen bieten. Kostenlose Kontakte zu in Vietnam ansässigen deutschen Unternehmen stellt die German Business Association (GBA) her: „Von deren Erfahrungen können Newcomer viel lernen und müssen das Rad nicht neu erfinden“, sagt GBA-Vorstandsvorsitzender Elmar Dutt. Die Auslandshandelskammern haben meistens auch gute Kontakte zu Immobilienmaklern, Notaren und Rechtsanwälten im Land.

Dolmetscher und Übersetzer finden

Auf Auslandsgeschäfte spezialisierte Banken gibt es in jedem Bundesland. Auch die zur KfW-Bankengruppe gehörende Deutsche Investitions- und Entwicklungsgesellschaft (DEG) in Köln hält für Auslandsvorhaben Darlehen zu marktüblichen Konditionen bereit. 2013 wurden 1,4 Milliarden Euro für 716 Projekte genehmigt. Ein Teil dieser Summe waren Fördergelder des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, die über die DEG vermittelt werden.

Über Erfolg oder Misserfolg beim Sprung ins Ausland entscheiden vor allem auch „weiche“ Faktoren. Ganz oben auf der Prioritätenliste steht die Sprache. Müssen vor Ort rekrutierte Beschäftigte zum Beispiel Deutsch lernen? Auch Dolmetscher und Übersetzer werden bei der Expansion ins Ausland gebraucht. Wer schreibt die technischen Handbücher für finnische oder ukrainische Kunden? Empfehlenswert sind Übersetzungsagenturen, die nachweislich Muttersprachler und Branchenfachleute beschäftigen.

Im Internet findet man beispielsweise Tolingo.com, eine Agentur mit weltweit 6000 geprüften Sprachfachleuten, die „schnelle und preiswerte Übersetzungen in 35 Fachkategorien und über 220 Sprachkombinationen rund um die Uhr“ offerieren, wie Gründer Hanno von der Decken sagt. Hilfreich: Texte können auf der Webseite von Tolingo zum Übersetzen hochgeladen und Wünsche zum Auftrag eingetippt werden.

Die Firma im Netz sichtbar machen

Im Internetzeitalter kommt es auch darauf an, im Netz gefunden zu werden. Das gilt auch für Auslandsengagements. „Dabei muss man allerdings kulturelle Eigenheiten beachten“, betont Mattias Protzmann, Chef von Content Fleet (Hamburg), einem Dienstleister, der auch Mittelständlern verspricht, dass ihre Zielgruppen im Web auf sie aufmerksam werden. Wie? „Durch nutzwertigen Content in Sozialen Medien und auf Onlineportalen.“

Ein Hersteller von Holzbohrern für Hobbyhandwerker beispielsweise will nach Russland expandieren. Der Content-Lieferant twittert zunächst über den Selbstbau von Terrassen oder Holzschuppen und liefert Links zu Plattformen, auf denen die Werkzeuge dafür vorgestellt werden: „Hier stoßen die potenziellen Kunden dann auf den deutschen Hersteller.“

Er weiß auch, welche Suchmaschinen deutsche Mittelständler im Ausland bearbeiten müssen: „In Russland und China spielt Google keine Rolle, dort nutzt man Yandex beziehungsweise Baidu.“ Spannende digitale Storys rund um das eigene Produkt brächten deutschen Hersteller und Händlern im Ausland mehr Aufmerksamkeit, Erkenntnisse und Umsätze „als jede klassische Werbekampagne“.

Geschäftskontakte vor Ort aufbauen

Alles in allem entscheidet – neben dem richtigen Produkt – das richtige Personal über Erfolg oder Misserfolg im Ausland. Die meisten deutschen Unternehmen setzen dabei auf einen Mix aus vor Ort rekrutierten Beschäftigten, die meist über lokale Personalvermittler oder die jeweilige Auslandshandelskammer angeworben werden, und erfahrene Mitarbeiter aus der Zentrale. Mittelständler, die in den eigenen Reihen keine Führungskraft für das geplante Auslandsengagement entbehren können, heuern gelegentlich einen Interim-Manager an.

Markus Ott unterstützt zum Beispiel seit sechs Jahren als Freiberufler mittelständische Betriebe, die im Mittleren Osten Fuß fassen wollen. Das beginnt bei der Analyse des anvisierten Marktes und der Strategie über den Markteintritt und reicht bis zur Suche einer geeigneten Geschäftsimmobilie. „Ein ganz wichtiger Mosaikstein ist der Aufbau eines Kontaktnetzwerkes, denn ohne das scheitert hier auch der cleverste Unternehmer“, sagt Ott, der zuletzt eineinhalb Jahre lang der Jenaer Medizintechnikfirma Enverdis geholfen hat, die internationale Expansion in die Golfregion auf den Weg zu bringen.

Während in den vergangenen Jahren vor allem Asien und Russland im Fokus des exportorientierten Mittelstandes standen, könnte sich der Blick künftig verstärkt auf Afrika richten. „Afrika ist schon heute ein attraktiver Markt für deutsche Unternehmen. Sie beschäftigen auf dem afrikanischen Kontinent allein 200 000 Arbeitnehmer. In Zukunft wird die Bedeutung Afrikas allerdings deutlich wachsen“, sagte Stefan Liebing, Vorsitzender des Afrika-Vereins der deutschen Wirtschaft, bei der Präsentation einer aktuellen Trendstudie zu „Afrika 2025“ in Berlin.

Er liegt damit auf einer Linie mit Bundesentwicklungsminister Gerd Müller. Bislang ist der Kontinent in der deutschen Außenhandelsbilanz mit 2,3 Prozent, davon allein 40 Prozent Südafrika, stark unterrepräsentiert. Die Angst von den 3 K – Krieg, Korruption und Krankheiten – bestimmt indes bis heute das deutsche Geschäft im Ausland.

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