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Wirtschaft: Aussteiger 2001 - Einsteiger 2002

AUSSTEIGER 2001Magere Ausbeute: Das Börsenjahr 2001 hat nur wenige Unternehmen an den Kapitalmarkt gelockt. Während 2000 noch 139 und im Jahr davor 153 Börsenneulinge um die Gunst der Anleger buhlten, gingen 2001 nur 21 Firmen an den Markt.

AUSSTEIGER 2001

Magere Ausbeute: Das Börsenjahr 2001 hat nur wenige Unternehmen an den Kapitalmarkt gelockt. Während 2000 noch 139 und im Jahr davor 153 Börsenneulinge um die Gunst der Anleger buhlten, gingen 2001 nur 21 Firmen an den Markt. Die Bilanz fällt auch bei der Kursentwicklung negativ aus. Nur die Aktie des Frankfurter Flughafens Fraport verbuchte nach der Premiere einen Gewinn.

Dresdner Bank: Ein Blue Chip geht

Genau bis zum 23. Juli des vergangenen Jahres war die Aktie der Dresdner Bank ein so genannter Blue Chip im Deutschen Aktienindex und eines der am meisten gehandelten Papiere. Heute wechseln börsentäglich nur noch wenige Dresdner-Aktien im Amtlichen Handel der Frankfurter Börse den Besitzer. Die Titel des Bankkonzerns gehören zu mehr als 95 Prozent der Allianz, die die Dresdner Bank in ihren Konzern integrieren will. Motto: "Ein starker Finanzdienstleister für alle Kunden." Bereits Anfang April 2001 beschlossen die Führungsgremien der Allianz, die bis dahin rund 20 Prozent an der Dresdner Bank hielt, den Aktionären der Bank ein Übernahmeangebot zu machen, und die freien Aktionäre stimmten angesichts des Preises von 53,13 Euro (der damalige Kurs lag knapp über 42 Euro) Prozent mit großer Mehrheit zu. Bereits am 16. Juli konnte die Allianz von einem überwältigenden Erfolg berichten, rund 92 Prozent der Dresdner Bank-Aktionäre hatten ihre Aktien an den Versicherungskonzern verkauft. Die Deutsche Börse reagierte, und beschloss Ende Juni das Papier im Juli aus dem Dax zu nehmen. Der so genannte Free Float (Streubesitz) war nicht mehr hoch genug. Ob die Übernahme der Dresdner durch Allianz allerdings auch wirtschaftlich ein überwältigender Erfolg wird, bleibt abzuwarten. Mancher Beobachter sah dies nur als Notlösung, nachdem die geplante Fusion mit der Deutschen Bank im Jahr 2000 im letzten Moment gescheitert war. Wie alle deutsche Großbanken leidet die Dresdner Bank unter einem schlechten Kosten-Ertragsverhältnis, der starken Konkurrenz im Kreditgeschäft und zu vielen Filialen. Marktkenner erwarten nun, dass die Allianz zumindest das Investmentbanking der Dresdner abgibt. dr

Nordsee: Die Börse beißt nicht an

Fischbrötchen lassen sich prima verkaufen - die Aktien von Fischbrötchen-Verkäufern dagegen nicht. Diese Erfahrung musste im Juni 2001 die Schnellimbiss-Kette Nordsee AG machen. Trotz einer verlängerten Zeichnungsfrist und einem Preisnachlass fanden die Aktien kein Interesse bei den Anlegern. Die Konsortialbank UBS Warburg zog die Konsequenz und sagte den Börsengang ab. Als Grund nannten die Banker den sich "rapide verschlechternden Markt für Neuemissionen". Nordsee hatte Pech beim Timing: Unternehmen, die zwei Monate früher an die Börse gegangen waren, hatten noch von der kurzen April-Rallye profitiert. Die 1896 gegründete Imbiss-Kette, die mehr als 400 Geschäfte in Deutschland, Österreich und der Schweiz betreibt und pro Jahr mehr als 20 Millionen Kunden bewirtet, geriet dagegen in den Abwärtssog der Kurse. Die Absage fand bei Aktionärsschützern dennoch viel Zustimmung. Nach dem Börsen-Hype hatten die letzten Neuemissionen unter ihrem Ausgabepreis notiert und den Aktionären Vermögensverluste beschert. mot

Gigabell: Ein "Nullwert"

Anleger gewöhnen sich an schlechte Nachrichten schnell. Das Sterben von Internetfirmen und der Abschied solcher Werte vom Neuen Markt schockt inzwischen keinen mehr. Aber es ist gerade einmal rund zehn Monate her, da verbannte die Deutsche Börse das erste Unternehmen von ihrem Markt für Wachstumswerte. Das Opfer dieser Entscheidung war das Telekommunikationsunternehmen Gigabell.

Grund für den Rauswurf war, dass die Firma für das dritte Quartal 2000 auch nach mehrmaliger Aufforderung keinen Geschäftsbericht vorlegte. Gigabell musste bereits im Herbst 2000 Insolvenz anmelden. Seitdem ging es nur noch um die Abwicklung des Unternehmens, dessen Papiere selbst vom Insolvenzverwalter Dirk Pfeil als "Nullwert" bezeichnet wurden. Über den Gigabell-Gründer Daniel David sagte Pfeil, einen solchen Unternehmer habe er noch nicht erlebt, und meinte das nicht als Kompliment. Einen Quartalsbericht wollte Pfeil nicht mehr vorlegen, weil das nur Geld koste.

In der Spitze waren Gigabell-Aktien 130 Euro wert, David war dadurch zwischenzeitlich sogar zum Milliardär avanciert. Heute sind die Papiere vom Kurszettel verschwunden, Gigabell selber wurde zerlegt. Das unrühmliche Ende des Unternehmens bedeutete für die am Neuen Markt notierten Werte insgesamt einen starken Glaubwürdigkeitsverlust. Die Gigabell-Aktie führte nur noch ein Dasein als extrem schwankendes Zockerpapier. Eine Reihe von Übernahmeversuchen scheiterten. Unter anderem versuchte eine kleine Importfirma für MP 3-Geräte aus Duisburg, die Microboss AG, per Aktientausch die Kontrolle zu übernehmen. Ernsthafte Verhandlungen wurden jedoch nicht geführt. hop

Teldafax: Kein Anschluss mehr

Als Teldafax im vergangenen Mai die Leitungen durch die Deutsche Telekom gekappt wurden, war klar: Der liberalisierte Telefonmarkt hatte begonnen, seine eigenen Kinder zu fressen. Die Preise für Inlandsgespräche waren innerhalb kurzer Zeit stark gefallen. Das überraschte selbst die privaten Gesellschaften, die den Preiswettbewerb selber anheizten. Manche Unternehmen wie Teldafax versuchten, sich von der Konkurrenz abzusetzen - zum Beispiel durch sekundengenaue Abrechnung. Gewinne brachte das allerdings nicht. So war bei Teldafax im Grunde bereits im Jahr 2000 abzusehen, dass das Unternehmen aus Marburg ohne ein größeres Wunder nicht überleben konnte. Die Margen waren so stark geschrumpft, dass Teldafax nur noch das Geld seiner Aktionäre verbrannte. Gleichzeitig investierte das Unternehmen in ein eigenes - und kostspieliges - Internet-Leitungsnetz, um von den Mietleitungen von großen Festnetzgesellschaften wie der Telekom unabhängiger zu werden. Auch ein Übernahmeversuch durch die US-Telefongesellschaft World Access brachte keine Rettung. Schließlich schuldete Teldafax der Deutschen Telekom und anderen einige hundert Millionen Mark. Verzweifelte Versuche, den Telefonbetrieb per Gerichtsbeschluss aufrecht zu halten, konnten das Ende nur aufschieben. Im Mai war endgültig Schluss, die Insolvenz unvermeidlich. Der Vorstand löste sich auf. Wenige Wochen später galt das gleiche auch für die Teldafax-Aktien. Die Gesellschaft war einer der Hoffnungsträger am Neuen Markt. In der Spitze waren die Papiere 62 Euro wert. Zum 31. August folgte der Ausschluss vom Wachstumssegment wegen fehlender Geschäftsberichte. hop

EINSTEIGER 2002

Vorsichtiger Optimismus: Das kommende Jahr wird nach Meinung von Experten ein besseres Börsenklima für Neuemissionen schaffen. Läuft das große IPO (Initial Public Offering) von T-Mobile und die neue Platzierung von Post-Aktien wie geplant, rechnen die Investmentbanker mit Nachahmern. Insgesamt werden 40 bis 50 Börsengänge erwartet.

T-Mobile: Neuer Anlauf

Schon mehrmals hatte Ron Sommer es sich anders überlegt. Im zweiten Quartal 2002 soll es nun endlich soweit sein: Die Mobilfunktochter der Deutschen Telekom geht an die Börse. Dabei will die Telekom rund zehn Milliarden Euro erlösen - eine willkommene Geldspritze für das hochverschuldete Unternehmen. Finanzchef Karl-Gerhard Eick hofft sogar, dadurch wieder einen deutlich positiven Jahresüberschuss auszuweisen. Im Jahr 2001 wird die Telekom erstmals seit dem Börsengang rote Zahlen schreiben. Die Chancen für einen erfolgreichen Start an der Börse von T-Mobile stehen indes gut. Die Sparte weist zurzeit den höchsten Umsatzzuwachs im Konzern aus - in den ersten neun Monaten von sieben auf rund zehn Milliarden Euro. Der Umsatzanteil von derzeit 23 Prozent soll in den nächsten drei Jahren auf über 30 Prozent ansteigen. Mit einem Überschuss rechnet Sommer allerdings erst 2004. Im Mobilfunkmarkt hat sich die Telekomtochter in diesem Jahr deutlich besser positioniert und den Konkurrenten Vodafone (D2-Netz) abgehängt. Damit hat sich T-Mobil nach Ansicht von Branchenkennern auch eine gute Ausgangsposition geschaffen, um Dienste wie GPRS und UMTS besser zu vermarkten. Die Ertragskraft hat sich verbessert, seit Subventionen für Händler und Kunden eingeschränkt wurden. Negativ schlagen die hohen Investitionen für den Aufbau des UMTS-Netzes zu Buche. Die Auslandstöchter Voicestream und One 2 One müssen ebenfalls noch auf Profitabilität getrimmt werden. Bis 2004, so die ehrgeizigen Pläne, sollen 60 Millionen Kunden gewonnen werden. Die Vorbereitungen für den Börsengang laufen: Als Konsortialführer werden vermutlich die Deutsche Bank, Goldman Sachs und die Dresdner Bank beauftragt. sus

Deutsche Post: Mehr Aktie Gelb

Zuversichtlich sind die Börsianer, wenn es um eine neue Platzierung von Aktien der Deutschen Post geht. Vorausgesetzt, die Börsen erholten sich weiter und die Emission gelinge, würde davon eine Signalwirkung ausgehen, hofft man bei der DZ-Bank. Wichtigste Voraussetzung: Der Kurs der Aktie muss wieder über den Ausgabekurs von 21 Euro beim Börsengang im November 2000 steigen. Was sollte man sonst den Aktionären der ersten Stunde sagen? Seit dem Börsengang kannte der Kurs der Aktie Gelb leider nur den Weg nach unten. Der Post haftet immer noch das schlechte Image vom unbeweglichen Staatskonzern an. Bisher hält der Bund noch 69 Prozent der Anteile. Im Sommer 2001 hat die Bundesregierung aber den Weg für eine weitere Privatisierung frei gemacht. Der Staat darf demnach seinen Anteil unter die bisher geforderten 50 Prozent plus einen Anteil senken. Die Gewinne aus dem Briefgeschäft verhelfen der Post immer noch zu einem Löwenanteil ihres Gewinnes, auch wenn Logistik und Expressdienst aufgeholt haben. Analysten gehen davon aus, dass sich die Expansion in diese Bereiche aber erst in ein bis zwei Jahren auszahlen wird. Die Bundesregierung könnte sich angesichts drohender Haushaltslöcher doch für den Verkauf von weiteren Anteilen entscheiden. sus

Kirch-Media: Schulden aufs Parkett

Der Zeitplan steht, die Vorbereitungen laufen - allein die Nachrichtenlage spricht noch gegen einen erfolgreichen Börsengang der Kirch-Media AG im Jahr 2002. In den vergangenen Monaten war mehr über drohende feindliche Übernahmen, auslaufende Milliarden-Kredite und die Verluste des Bezahl-Fernsehens Premiere World zu hören als vom bevorstehenden Gang aufs Parkett. Doch Leo Kirch und sein designierter Nachfolger Dieter Hahn bleiben dabei: Das bei Kirch-Media konzentrierte Kerngeschäft der mit 12 Milliarden Mark verschuldeten Kirch-Gruppe - Produktion, Rechtehandel und werbefinanziertes Fernsehen - soll im Juni mit der im M-Dax notierten Pro Sieben Sat 1 Media AG verschmolzen werden.

Derzeit bewerten zwei Wirtschaftsprüfungsgesellschaften die Unternehmen, das Umtauschverhältnis und Details des Börsengangs sollen im März bekannt gegeben werden. Lehman Brothers, JP Morgan, Credit Suisse First Boston und die Deutsche Bank begleiten das Unternehmen an die Börse. Ein riskantes Manöver, glaubt man Branchenkennern. Denn Kirch-Media ist mit 4,3 Milliarden Mark verschuldet und leidet unter der Werbeflaute im frei finanzierten Fernsehen, das zuletzt 67 Prozent zum Umsatz, aber nur 46 Prozent zum Gewinn von Kirch-Media beitrug. Der Vorsteuergewinn der Sendergruppe (Sat 1, Kabel 1, N24 DSF) brach seit Anfang des vergangenen Jahres um 50 Prozent ein - und ein Ende der Werbekrise ist auch 2002 nicht in Sicht. Verglichen mit dem Schuldenberg von Premiere World von deutlich mehr als einer Milliarde Mark läuft das Geschäft im Free-TV aber vergleichsweise gut. Experten befürchten, dass Pro Sieben Sat 1 deshalb als Subventionsgeber für Premiere herhalten könnte. mot

Regenbogen: Camping für Anleger

Auf dem Campingplatz vom Aktienerfolg träumen, so hatten sich die Manager der Regenbogen AG ihren Börsengang wohl ursprünglich vorgestellt. Doch die Zeichnung der Aktien wollte nicht so recht in Gang kommen, und so wurde die Erstplatzierung der Papiere des Campingplatz-Betreibers im Oktober auf Ende Januar 2002 verschoben. Dann allerdings werden die 1,056 Millionen Aktien aus einer Kapitalerhöhung am Start-up-Market der Hamburgischen Wertpapierbörse notiert. Das hat das Management bis zuletzt versichert. Regenbogen betreibt große Campingplätze mit mindestens 650 Stellplätzen vornehmlich an der Ostseeküste von Mecklenburg-Vorpommern und hat sich einem hohen Qualitätsstandard und umweltfreundlichem Tourismus verschrieben. Zu den vier Anlagen in Prerow, Born, Boltenhagen und Nonnewitz auf Rügen kamen im Dezember noch zwei Plätze in Göhren auf Rügen und der Insel Kienwerder hinzu. Damit habe man die Expansionsziele für 2002 schon erreicht, teilte Regenbogen mit. Im Jahr 2001 erwartet das Unternehmen einen Umsatz von rund 10 Millionen Euro (plus 6,5 Prozent) bei einem leicht rückläufigen Jahresüberschuss. Bis 2004 will das Unternehmen Erlöse von 28 Millionen Euro und einen Überschuss von 5,1 Millionen Euro erwirtschaften. Der Emissionspreis von 5,90 Euro je Aktie wird als zu hoch angesehen und lasse wenig Spielraum nach oben, hieß es in den wenigen Analysen, die zum Börsengang publiziert wurden. Außerdem zähle Campingurlaub wohl kaum zu den Wachstumsbranchen. Die Regenbogen-Manager sehen das anders: Das Unternehmen werde vom Trend zum Urlaub in Deutschland profitieren. sus

dr

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