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Autoindustrie: Brüssel stellt Opel-Rettung infrage

Die EU-Kommission hat offenbar Vorbehalte gegen die Staatshilfe für den Autobauer. Auch die Verhandlungen zwischen der Opel-Mutter GM und dem Investor Magna stocken

Auf Opel kommen offenbar neue Schwierigkeiten zu: Laut einem Bericht der Financial Times Deutschland (FTD) betrachtet die EU die staatlichen Hilfen zur Rettung des Rüsselsheimer Autobauers mit großer Skepsis. Demnach haben die Brüsseler Wettbewerbshüter Zweifel, ob Berlin die strengen Regeln für erlaubte Staatshilfen einhält.

Nach Angaben der EU liege das aber nicht an Misstrauen gegenüber der Bundesregierung, sondern es fehlten lediglich noch einige Informationen von den deutschen Behörden. "Ich würde da nicht herauslesen, dass es Krach oder Probleme geben wird", sagte ein Sprecher von Wettbewerbskommissarin Neelie Kroes und widersprach damit Mutmaßungen der Zeitung. Das Bundeswirtschaftsministerium wiederum wollte sich dazu gar nicht äußern. Dies sei Sache der Kommission, hieß es.

Nach FTD-Informationen hat Kroes kein Problem mit dem von der Regierung zugesagten, staatlich verbürgten Brückenkredit über 1,5 Milliarden Euro. Damit kann Opel sein Geschäft bis zur angestrebten Übernahme durch einen Investor weiterführen. "Gesprächsbedarf" gebe es laut FTD aber bei den zugesagten drei Milliarden Euro zusätzlicher Bürgschaften, die den Einstieg eines Investors absichern sollen.

Die Staatshilfe soll aus dem von der EU bereits insgesamt genehmigten Deutschlandfonds (Wirtschaftsfonds Deutschland) für Not leidende Unternehmen kommen. Nach Informationen der Nachrichtenagentur Reuters besteht die EU-Kommission aber auf einer Einzelfallprüfung. Die Kommission sei angesichts der Überkapazitäten auf dem Automarkt außerdem "unwillig", die Milliardenbürgschaft zu genehmigen. "Wir prüfen noch", sagte Kommissionssprecher Jonathan Todd. Es handele sich aber um eine "Routine-Angelegenheit".

Vor einem Monat vereinbarten Bund und Länder mit Vertretern der US-Regierung und General Motors (GM) zur Rettung von Opel den Einstieg des österreichischen Zulieferers Magna zusammen mit der russischen Sberbank. Der Bund und die vier Bundesländer mit Opel-Standorten geben eine staatliche Garantie für einen Überbrückungskredit von 1,5 Milliarden Euro. Insgesamt übernimmt der Bund Bürgschaften für Kredite von bis zu 4,5 Milliarden Euro.

Die EU-Vorgaben dafür sind streng. Erfüllen Bundesregierung und Investor diese Bedingungen nicht, greift die normale EU-Kontrolle bei staatlichen Rettungshilfen: Opel drohen dann harte Auflagen, das Unternehmen müsste Kapazitäten abbauen und Werke schließen. Frankreichs Wirtschaftsministerin Christine Lagarde hat bereits ein entsprechend hartes Vorgehen der EU gefordert.

Auch die Verhandlungen zwischen General Motors und Magna über einen Teilverkauf des Europageschäfts, zu dem Opel gehört, verlaufen offenbar zäh. Bei zentralen Themen sei keine Einigung in Sicht, verlaute es aus dem Umfeld der Konzerne. So gebe es Streit unter anderem über das Russlandgeschäft der Marke Chevrolet und Werke im Osten. Beides wolle GM nicht abgeben. GM-Manager seien ihrerseits an einer Rückkaufoption für Opel interessiert. Das wiederum lehne Magna ab. Auch gegenseitige Zahlungen für Technik, Patente und Entwicklung sind nach Informationen der Zeitung ungeklärt.

Magnas Position wird zusehends geschwächt. Nach einem Bericht der britischen Financial Times (FT) verhandelt GM auch mit Alternativ-Bietern, allen voran dem Finanzinvestor RHJ International. Demnach könne der Detroiter Konzern noch in dieser Woche mit der europäischen Tochter des US-Finanzinvestors Ripplewood eine unverbindliche Absichtserklärung unterzeichnen. Darin habe RHJ International den "politischen Empfindlichkeiten" in Deutschland angesichts eines massiven Stellenabbaus mehr Beachtung geschenkt. Die Schließung des Opel-Werks in Bochum sei vom Tisch, schreibt die FT.

Im Gegensatz zum vierten Opel-Interessenten, dem italienischen Autobauer Fiat, wird offenbar auch der chinesische Autobauer Beijing Automotive Industry Corp. (BAIC) bald ein überarbeitetes Angebot einreichen. Allerdings seien die Gespräche mit den Chinesen generell noch nicht sehr weit gediehen – schon allein, weil BAIC später als die Rivalen in den Bieterkampf um Opel eingestiegen war. GM nehme die überarbeiteten Angebote sehr ernst, um so seine Verhandlungsposition gegenüber Magna zu stärken.

Sollten die Verhandlungen zwischen Magna und Opel tatsächlich scheitern, droht der deutschen Politik eine herber Image-Verlust – und der Steuerzahler könnte auf den Kosten sitzen bleiben. Dazu wird es laut Magna-Chef Siegfried Wolf aber nicht kommen. Er sei "guter Hoffnung", bei Opel zum Zuge zu kommen. Er machte aber auch deutlich, dass seine Kompromissbereitschaft Grenzen hat. "Wir wissen ziemlich genau, was wir zusagen können und was nicht." Magna dürften keine Hürden auferlegt werden, die nicht umsetzbar seien. Wolf drängt zudem auf eine schnelle Einigung: "Wir wollen am 15. Juli zum Abschluss kommen." An jedem Tag ohne Entscheidung werde nur unnötig "Geld verbrannt".

ZEIT ONLINE, dpa, Reuters

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