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Alles, außer kleine Geländewagen. Daimler-Chef Dieter Zetsche führt seit 2006 den Pkw- und Lkw-Konzern. Finanzchef Bodo Uebber sieht noch Lücken. „Zum Teil fehlen uns die Produkte: Zum Beispiel den BMW X1 haben wir nicht im Portfolio“, sagte er.

© dapd

Autoindustrie: Chaostage bei Daimler

E-Mail-Panne, Gewinnwarnung, Sparprogramm: Der Stuttgarter Autokonzern fährt den Wettbewerbern BMW und Audi bei Absatz und Rendite hinterher - und gerät dabei ins Schlingern.

Berlin - Mit der verunglückten Präsentation einer enttäuschenden Quartalsbilanz hat der Daimler-Konzern für Unruhe bei Aktionären und Mitarbeitern gesorgt. Bereits am Mittwochabend hatte der Autobauer irrtümlich eine Gewinnwarnung und die Ankündigung eines milliardenschweren Sparprogramms veröffentlicht. Nach der E-Mail-Panne, die dem New Yorker Büro des deutschen Konzerns unterlief, versuchte am Donnerstag Finanzvorstand Bodo Uebber, die Gemüter mit Erläuterungen zum Zwischenbericht zu beruhigen. Vergeblich: Die Daimler-Aktie rutschte ab und verlor als schlechtester Dax-Wert zeitweise mehr als drei Prozent.

Was Analysten seit Monaten erwarten, tritt nun ein: Daimler muss die Kosten massiv senken, weil Mercedes seine Autos im Vergleich zu Audi oder BMW zu teuer produziert und vermarktet. Um profitabler zu werden, sollen bis Ende 2014 zwei Milliarden Euro – die Hälfte davon bereits im kommenden Jahr – gespart werden. Das Programm trägt den Namen „Fit for Leadership“. Bodo Uebber sagte: „Alle Ausgaben kommen auf den Prüfstand – mit einem Kriterium: Was unsere Wettbewerbsfähigkeit stärkt, wird gemacht.“

Daimler-Chef Dieter Zetsche will Mercedes spätestens bis 2020 wieder zur Nummer eins der Premiummarken machen. Derzeit liegen die Stuttgarter aber beim Absatz und vor allem bei der Rendite im Pkw-Geschäft (7,8 Prozent) noch hinter BMW (11,6 Prozent) und Audi (11,5 Prozent). Obwohl Mercedes den höchsten Umsatz pro Auto erwirtschaftet, verdient der Hersteller weniger als seine Wettbewerber. Daimler wollte ab 2013 im gesamten Autogeschäft (Mercedes, Smart, AMG) eine operative Rendite von neun Prozent erreichen. Die Kernsparte Mercedes-Benz sollte im Schnitt zehn Prozent operative Rendite erwirtschaften, die zweitgrößte Sparte, das Lkw-Geschäft, acht Prozent. Diese Ziele kassierte Zetsche nun, sie würden „zu einem späteren Zeitpunkt“ erreicht. „Wir können die Markteinflüsse nicht ignorieren und an Zielen festhalten, die nicht realistisch sind“, sagte Finanzchef Uebber am Donnerstag.

Autoanalyst Frank Schwope von der NordLB hält auch die nun verschobenen Ziele für zu ambitioniert. „Das Festhalten am Langfristziel ohne konkrete Datumsnennung ist überflüssig“, schrieb der Experte in einem Kommentar. „Diese wiederholt vermeldeten und nun ins Ungewisse verschobenen Ziel-Umsatzrenditen des Vorstandes halten wir angesichts branchenüblicher, wiederkehrender Krisen und Unternehmensschwächen dauerhaft für absolut nicht erreichbar.“ Daimler selbst traut sich auch das bislang gesetzte Gewinnziel für das laufende Jahr nicht mehr zu: Statt mit 8,8 Milliarden Euro wie im Vorjahr rechnet der Konzern nur noch mit einem Ergebnis vor Steuern und Zinsen von 8,0 Milliarden Euro.

Da für die meisten Beschäftigten an den deutschen Standorten (knapp 167 000) eine Beschäftigungsgarantie bis 2016 gilt, hat Daimler wenig Chancen, bei den Personalkosten in der Stammbelegschaft zu sparen. Uebber kündigte an, dass manche frei werdenden Stellen womöglich nicht neu besetzt werden oder Mitarbeiter über Altersteilzeitregelungen den Konzern verlassen. Vor allem die mehr als 4000 Leiharbeiter dürften vom neuen Sparkurs betroffen sein.

Effizienter werden muss Daimler auch auf dem wichtigen chinesischen Markt. Hier lässt vor allem die Profitabilität der Händler zu wünschen übrig. Allein in deren Training und einen verbesserten Markenauftritt will Daimler im laufenden vierten Quartal 850 Millionen Euro investieren. Insgesamt profitierte das Pkw-Geschäft aber von der starken Nachfrage der Chinesen nach deutschen Luxusautos.

Von Juli bis September verkaufte Daimler weltweit 345 400 Pkw – ein Rekordwert. Insgesamt setzte das Unternehmen weltweit 528 600 Pkw und Nutzfahrzeuge ab (plus ein Prozent). Der Umsatz stieg um acht Prozent auf 28,6 Milliarden Euro. Der operative Gewinn fiel von 2,1 auf 1,9 Milliarden Euro, der Nettogewinn sank von knapp 1,4 auf 1,2 Milliarden Euro. mit rtr, dpa

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