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Automarkt: Ehrlich fährt am längsten

Verbraucher wollen zeigen, dass sie grüne Autos fahren. Deutsche Marken haben ein Imageproblem.

München - Der neue Großaktionär aus Abu Dhabi will Daimler in Sachen Umwelttechnik in Schwung bringen. Das kann der Stuttgarter Autokonzern gut gebrauchen. Denn technologisch hat der Konkurrent BMW aus München die Nase vorn. Im Urteil der Kunden sehen beide schlecht aus: Toyota hat alle anderen mit seinen Hybrid- und Elektroautos abgehängt. Dies belegt eine Umfrage der Unternehmensberatung Roland Berger. Die Japaner seien es, die sich am meisten um umweltfreundliche Antriebe bemühten, sagen 55 Prozent aller Kunden in Deutschland, Frankreich und Großbritannien. Deutsche Marken sind abgeschlagen.

Doch die Premiumhersteller halten dagegen. „Bei der Senkung von CO2-Emissionen sind wir Vorreiter in der gesamten Automobilindustrie“, sagt BMW-Chef Norbert Reithofer. Seit 1995 habe BMW den Flottenverbrauch der eigenen Marke um 27 Prozent gesenkt, stärker als jeder andere Hersteller. Die grüne Spitzenstellung der Münchner belegt eine Statistik des Kraftfahrtbundesamtes (KBA). Die 2008 in Deutschland zugelassenen BMW-Autos kommen im Schnitt auf einen Wert von 160 Gramm Kohlendioxid pro Kilometer. Audi schafft 176 Gramm, Mercedes 189 Gramm. Die große Differenz liege auch daran, dass die Mercedes-Flotte im Gegensatz zu BMW Transporter im Angebot habe, sagt eine Sprecherin in Stuttgart. Rechne man dies heraus, bleibe BMW in der CO2-Bilanz aber immer noch besser, räumt der Konkurrent ein.

Für die Toyota-Luxusmarke Lexus weist das KBA für Deutschland einen CO2-Wert von 207 Gramm aus, für die Marke Toyota 153 Gramm. Sogar der Massenhersteller VW mit seinen im Vergleich zu BMW kleineren Modellen liegt mit 166 Gramm hinter den Münchnern. Beim Kunden kommt das nur bedingt an. Ein Viertel weniger Autos haben die Münchner 2009 bislang verkauft. Von der Abwrackprämie profitieren sie kaum.

Markterfolg hängt nicht an der Technologie, sondern vor allem auch an der Vermarktung, lautet das kritische Fazit bei Roland Berger. Werbung und Design sei im Wettlauf um grüne Technologie entscheidend, betont Autoexperte Ralf Landmann. 60 Prozent aller Kunden forderten, dass ein verbrauchsarmes Fahrzeug auch als solches erkennbar sei. Der Nachbar soll sehen, wer umweltfreundlich fährt, sagt der Berger-Experte. Das biete Toyota mit seinen Hybridmodellen, während sich sparsame deutsche Autos oft mit einem kleinen Schriftzug begnügten. BMW hat seine Spritspartechnik zumindest unter den Begriff „Efficient Dynamics“ gestellt. Bei Mercedes heißt sie „Blue Efficiency“. Audi begnügt sich mit der allgemeinen Werbeaussage „Fortschritt durch Technik“. BMW-Chef Reithofer räumt Schwächen beim Marketing ein. „Wir müssen die Werbetrommel rühren.“

In der zweiten Jahreshälfte geht BMW mit der 7er-Reihe und dem Geländewagen X6 als Hybrid-Modelle in Serie. Der Schadstoffausstoß soll um ein Fünftel sinken. Hier hat Daimler, BMWs Kooperationspartner beim Thema Hybrid, allerdings die Nase vorn. Schon im Juni startet die S-Klasse als Hybrid. Ein Wettrennen liefern sich BMW und Mercedes auch in der Frage, wer als Erster ein reines Elektroauto in Großserie anbietet. Beide peilen das Jahr 2012 an. Audi dürfte erst zwei Jahre später auf den Elektromarkt kommen. Mit 500 Elektro-Minis hat BMW derzeit in den USA die weltweit größte Testflotte mit Batterieantrieb im Einsatz. 100 weitere Mini E fahren bald durch Berlin und München. Daimler will die eigene Elektro-Smart-Testflotte 2009 von 100 auf 1000 Fahrzeuge aufstocken. „Blue Zero“ heißt das Stuttgarter Konzept für die automobile Zukunft. In drei Jahren soll es eine Familie von Smart- und Mercedes-Autos mit reinem und gemischtem Batterieantrieb oder Brennstoffzelle in Großserie geben, die bis zu 600 Kilometer Reichweite erlauben. In den nächsten drei Jahren will Daimler in Hamburg zudem in Kooperation mit Shell, Total und Vattenfall drei Dutzend Pkw und Busse mit Brennstoffzellenantrieb testen. Das Äquivalent zu Daimlers „Blue Zero“ bei BMW nennt sich „Project i“. Ende 2011 soll ein „Megacity-Vehicle“ mit Elektroantrieb vorgestellt werden und 2012 auf den Markt kommen. Fünf Modellvarianten seien geplant, heißt es. Doch die japanische Konkurrenz schläft nicht. Honda hat schon für dieses Jahr das weltweit billigste Hybridauto angekündigt. Der neue „Insight“ soll weniger als 20 000 Euro kosten. Das schafft kein deutscher Hersteller.

Thomas Magenheim-Hörmann

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