zum Hauptinhalt

Wirtschaft: Automobilindustrie: Die Branche ist für Überraschungen anfällig

In der Automobilindustrie ist plötzlich wieder von der Lagerhaltung die Rede. Bei General Motors zum Beispiel: Der Konzern würde 100 Tage brauchen, um alle Fahrzeuge zu verkaufen, die sich auf den Parkplätzen rund um die GM-Produktionsstandorte stauen.

In der Automobilindustrie ist plötzlich wieder von der Lagerhaltung die Rede. Bei General Motors zum Beispiel: Der Konzern würde 100 Tage brauchen, um alle Fahrzeuge zu verkaufen, die sich auf den Parkplätzen rund um die GM-Produktionsstandorte stauen. Der Industriestandard liegt bei 60 Tagen. GM muss also kürzer treten und 14 seiner 29 amerikanischen Werke schließen. Die Nachfrage gibt nicht mehr her. Nicht nur die leidtragenden Mitarbeiter fragen sich: Hätten sich GM und andere Autokonzerne, die mit ihren Kunden und Lieferanten inzwischen elektronisch verbunden sind, nicht frühzeitiger auf diesen Engpass einstellen können?

Möglicherweise liegt gerade in der Beschleunigung, die das E-Business verursacht hat, das Problem - nicht nur für die Autobauer. "Es geht heute alles immer schneller", sagt Karsten Junius, Volkswirt bei der DGZ-Deka-Bank. "Wer im Internet über Nacht eine Bestellung aufgeben kann, kann auch über Nacht seinen Auftrag wieder stornieren." Die elektonische Revolution hat die Produktivität der Unternehmen erhöht und - vor allem in den USA - einen beispiellosen Aufschwung am Leben erhalten. Aber: Das Risiko von Überraschungen ist gestiegen - und die Automobilbranche erweist sich hier als besonders anfällig. Die Industrie hat in den 90er Jahren ihre Produktionsabläufe radikal umgebaut. Erst die "lean production", dann die "just-in-time"-Fertigung stellten das System auf den Kopf. Produktionsteile werden heute nicht mehr auf Vorrat gestapelt, sondern oft nur wenige Stunden vor ihrer Montage "fertigungssynchron" angeliefert. Die Zeit, die für die Herstellung eines Autos gebraucht wird, hat sich so dramatisch verkürzt. Zudem ist die Kapitalbindung durch Lagervorräte um mehr als die Hälfte gesunken. Aber das Modell hat einen entscheidenden Nachteil: Die Abhängigkeit von Lieferanten, Rohstoffen, Transport- und Vertriebswegen ist gestiegen. Fällt ein Teil der Kette aus, kollabiert das gesamte System. Das Internet führt die Schwäche der vorratslosen Beschaffung und Auslieferung vor Augen: GM, Chrysler und andere werden plötzlich zur Vollbremsung gezwungen.

mot

Zur Startseite