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Automobilindustrie: Nichts mehr wert

In den USA werden kaum noch Autos geleast. Chrysler stellte Ende Juli sämtliche Leasingangebote ein, Ford und General Motors fahren ihre Angebote drastisch zurück. Die Wiederverkaufswerte stürzen ab.

Viele Jahre lang war das Leasing für die amerikanischen Autobauer ein prima Geschäft. Relativ günstige Raten verlockten die Käufer dazu, sich Wagen zuzulegen, die sie sich normalerweise nicht hätten leisten können. Je größer das Auto, zu dem die Verbraucher griffen, desto größer fiel der Profit der Hersteller aus. Und alle zwei oder drei Jahre durften die Kunden sich ein neues Auto aussuchen, das hielt die Produktion in Gang. Seit der Benzinpreis in den USA auf mehr als vier Dollar die Gallone hochschnellte, brachen jedoch die Gebrauchtwagenpreise für Spritschlucker zusammen. Das brachte wiederum den Leasingabteilungen in den vergangenen Monaten Verluste in Milliardenhöhe. Nun fliehen sie aus dem Markt – und verschärfen so die Absatzkrise der US-Autoindustrie.

Chrysler stellte Ende Juli sämtliche Leasingangebote ein, Ford und General Motors fahren ihre Angebote drastisch zurück. Chrysler gibt nicht an, wie viel der Konzern durch die Leasingverträge verlor. Branchenexperten sprechen jedoch von Beträgen im Milliarden-Bereich. Ford gab vergangene Woche bekannt, dass man 2,1 Milliarden Dollar aufgrund der Verluste im Leasingmarkt abschreiben müsse. Die GMAC, die das Leasinggeschäft für General Motors betreibt, schätzt ihre Verluste auf 700 Millionen Dollar. Auch BMW ist betroffen und gibt an, man werde in den USA 373 Millionen Dollar wegen fauler Kundenkredite oder der gesunkenen Wiederverkaufswerte verlieren.

Rund 20 Prozent aller Neufahrzeuge in den USA werden geleast, 55 Prozent durch Kredite finanziert und für 25 Prozent zahlen die neuen Besitzer bar. Die Banken, angeschlagen von der Immobilienkrise, ziehen sich mittlerweile aus dem Autogeschäft zurück. Wells Fargo informierte die Händler, dass keine Leasingverträge mehr abgeschlossen werden. Chase Auto Finance, eine Tochter der J.P. Morgan Chase, hat die Finanzierung von Chrysler, Dodge und Jeep-Modellen eingestellt. Diejenigen, die noch Leasingverträge vergeben, haben die Konditionen verschärft und sind seit Mai im Schnitt um drei Prozent teurer geworden.

Das trifft insbesondere das Segment der Luxus-Autos, deren Anteil am Leasingmarkt überproportional hoch ist. Bei BWM in den USA liegt er bei 60 Prozent. Die geringsten Sorgen haben jene Autobauer, deren relativ kleine Autos nach den gestiegenen Benzinpreisen unterdurchschnittlich an Wert verlieren. Toyota sagt, man habe bislang keine Probleme mit Leasingverträge. Auch Honda und Nissan wollen an ihren Angeboten in Amerika nichts ändern. Ihre sparsamen Autos gehören auch zu den wertbeständigsten in den USA.

Einige Verbraucherschützer sehen die Krise derweil als Chance. „Wenn die Autohersteller ihre Leasingpraktiken aus eigenem finanziellen Interesse prüfen, ist das eine gute Gelegenheit für die Verbraucher, ihre Verträge ebenfalls neu zu überdenken“, sagt Jean Ann Fox, Direktorin der Consumer Federation of America. Ihr Verband hält Leasing in den meisten Fällen für den falschen Weg. Ihre Faustformel lautet: Wenn die monatlichen Kreditraten für den Käufer unerschwinglich sind, ist der Wagen, den er im Auge hat, zu groß. Doch so viel Vernunft war auf dem US-Automarkt eher die Ausnahme. Matthias B. Krause

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