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Wirtschaft: B2B: Marktplätze im Netz: Für jede Nachfrage ein elektronisches Angebot

Im vergangenen Jahr haben Marktplätze für Firmen im Internet einen wahren Gründungsboom erlebt. Es verging kaum eine Woche, in der nicht eine neue Online-Plattform für das Geschäft zwischen Unternehmen (B2B) angekündigt wurde.

Im vergangenen Jahr haben Marktplätze für Firmen im Internet einen wahren Gründungsboom erlebt. Es verging kaum eine Woche, in der nicht eine neue Online-Plattform für das Geschäft zwischen Unternehmen (B2B) angekündigt wurde. Das Berliner Marktforschungsinstitut Berlecon Research hat weltweit mehr als 1400 B2B-Marktplätze ermittelt, allein 235 davon in Deutschland. Berlecon erwartet hierzulande im Jahr 2004 auf diesen elektronischen Handelsplätzen ein Transaktionsvolumen zwischen 115 Milliarden und 231 Milliarden Mark. Doch seit die Euphorie für die Internetwirtschaft verflogen ist, droht vielen Start-ups das Geld auszugehen. Zudem ist ist der Wettbewerb durch die Vielzahl der Marktplätze härter geworden.

Die Konsolidierung hat zwar bereits begonnen - ein Beispiel ist der geplante Zusammenschluss von Chemplorer und CC-Market - doch noch nimmt die Zahl der Marktplätze weiter zu. "Die Wachstumsgeschwindigkeit lässt jedoch nach", sagt Bernd Rübenstrunk, Projektmanager bei der Unternehmensberatung Roland Berger. Er geht davon aus, dass es bis zum Jahr 2002 weltweit bis zu 3000 Marktplätze geben wird. Doch ausreichend Geschäft werde es nur für etwa 700 Marktplätze weltweit geben. Rübenstrunk erwartet, dass der Einbruch im Jahr 2003 kommen wird. Es ist ein internationales Geschäft. "Viele deutsche Plattformen werden in europäischen Marktplätzen aufgehen."

"Langfristig wird es pro Marktsegment durchschnittlich Platz für nur etwa vier B2B-Plattformen geben", sagt Georg Ruppert von der Unternehmensberatung Mummert und Partner. Ruppert erwartet die große Pleitewelle jedoch erst im Jahr 2005. Dass zur Zeit immer noch mehr neue Marktplätze entstehen als bestehende verschwinden erklärt er damit, dass "nach den Start-ups jetzt die großen Konzerne auf den Zug aufspringen, weil sie sich eine Effizienzsteigerung in der Produktbeschaffung versprechen".

Im Jahr 2000 erwirtschafteten die Handelsplätze 95 Prozent ihrer Einnahmen über Transaktionsgebühren, sagt Rübenstrunk. "Aber je mehr Marktplätze es gibt, desto geringer fallen die Provisionen aus." Daher hat ein Umdenken in der Branche begonnen und neue Geschäftsmodelle sind entstanden. "Die Idee ist, dass auf den Marktplätzen nicht nur gehandelt wird, sondern dass alle Bedürfnisse der Branche befriedigt werden."

Ein erfolgreicher Marktplatz muss den gesamten Einkaufsprozess abbilden können: von der Informationsbeschaffung über die Anbahnung und Vereinbarung bis zur Abwicklung, was auch die Organisation der Logistik, der Rechnungsstellung und Bezahlung umfasst. "Wir haben festgestellt, dass die Plattformen meist gute Informationen bieten, bei der Abwicklung gibt es jedoch noch einen großen Nachholbedarf. Die findet meist außerhalb des Marktplatzes statt", sagt Ruppert. Erst, wenn die Marktplätze vollständig in die Warenwirtschaftssysteme, also in die internen Unternehmensnetze integriert seien, kann das maximale Einsparpotenzial der elektronischen Abwicklung erreicht werden. Dafür sind jedoch enorme Investitionen auch auf Seiten der Nutzer nötig, die gerade kleine und mittlere Firmen noch scheuen.

Marktkenntnis und Branchenerfahrung sind die wichtigsten Erfolgsfaktoren für einen Online-Marktplatz, sagt Thorsten Wichmann, Gründer von Berlecon Research. "Das ist der Fehler, den viele Start-ups am Anfang gemacht haben. Sie hatten kein sinnvolles Konzept, weil sie nicht wussten, wie der Markt tickt." Viele dieser Start-ups wurden mit Risikokapital finanziert und stehen in der momentanen Marktlage unter dem Zwang, schneller als ursprünglich geplant profitabel zu werden.

Zwei Trends hat Wichmann ausgemacht: Die Marktplatzbetreiber vermarkten ihre Technologie an andere Unternehmen. So können sie neben den transaktionsabhängigen Provisionen, Mitgliedsbeiträgen oder Online-Werbung auch Lizenzgebühren für ihre Software kassieren. Zum anderen gehen die Marktplätze strategische Allianzen ein oder holen sich Firmen der Old Economy gleich mit ins Boot, um deren bereits bestehenden Vertrieb für sich zu nutzen. Denn die Marketingkosten, um potenzielle Kunden zu gewinnen, seien enorm hoch, gerade bei Marktplätzen, die sich an kleine und mittlere Unternehmen wendeten.

Wichmann ist überzeugt: "Die Marktplätze können nur mit den Unternehmen der Old Economy überleben, nicht gegen sie." Die Idee hinter den Marktplätzen sei immer gewesen, dass sie den etablierten Firmen bei der Abwicklung ihrer Prozesse helfe. Umgekehrt brauchen die Marktplätze den Rückhalt aus der führenden Industrie, die den Plattformen erst ein hohes Transaktionsvolumen sichert. Die Marktplätze müssen die Großen der Branchen an sich binden, sagt Rübenstrunk von Roland Berger. "Wenn die Old Economy die Elemente der New Economy übernimmt, ist sie schlagkräftiger als die New Economy allein."

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