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Wirtschaft: Bahn-Chef droht mit Stellenabbau

Hartmut Mehdorn lädt die Gewerkschaften im Tarifstreit zu neuen Gesprächen ein – und warnt davor, den Konzern zu beschädigen

Berlin - Bahn-Chef Hartmut Mehdorn hat die Gewerkschaften vor hohen Schäden für das Unternehmen und vor dem Verlust von Arbeitsplätzen durch den Tarifstreit gewarnt. Pro Tag erleide der Konzern durch die Streiks Verluste „in zweistelliger Millionenhöhe“, sagte er am Dienstag in Berlin. Die Forderungen der Gewerkschaften bezeichnete er als „irrwitzig und nie zu erfüllen“. Zugleich lud er die Arbeitnehmervertreter zu neuen Gesprächen ein.

Die Bahn wolle „schnell wieder in den geregelten Verkehr zurückkommen“ und die Streiks beenden, sagte Mehdorn. Ein neues Angebot versprach er nicht, sagte aber: „Wer verhandelt, sucht Kompromisse.“ Mit Transnet und GDBA verhandelt Bahn bei einem Spitzengespräch am heutigen Mittwoch, mit der Lokführergewerkschaft GDL am Donnerstag. „Wir sind zu Gesprächen bereit, die dazu dienen, eine weitere Eskalation des Tarifkonflikts zu vermeiden“, sagte der Transnet-Vorsitzende Norbert Hansen. Der Bahn-Vorstand habe die Warnungen offensichtlich verstanden, sagte GDBA- Chef Klaus-Dieter Hommel.

Transnet und GDBA kündigten aber weitere Maßnahmen für Mittwoch an. Der Schwerpunkt werde in Hessen liegen, aber auch die Regionen Stralsund, Halle/Saale, Hannover, Braunschweig und Nürnberg werde es treffen. Die GDL erklärte, bis zum Gespräch mit der Bahnführung wolle man nichts unternehmen. Am Dienstag hatte sie für bundesweiten Stillstand im Bahnverkehr gesorgt. Im weiteren Tagesverlauf traten Werkstattkräfte, Servicepersonal, Fahrkartenverkäufer und Zugbegleiter in den Ausstand, wodurch es erneut Verspätungen gab. Die Bahn erklärte, in den großen Hauptbahnhöfen bewege sich nichts mehr.

Mehdorn warf den Gewerkschaften Aggressivität vor. Der Bahn entgehe eine Menge Geld, anders als die Industrie könne sie Aufträge nicht nacharbeiten. Offenbar solle der Konzern vorsätzlich geschädigt werden. In einer solch frühen Phase der Verhandlungen seien die Warnstreiks „völlig unverständlich und inakzeptabel“. Als einziges Großunternehmen biete die Bahn eine Beschäftigungsgarantie. Mehdorn räumte zwar ein, die Angestellten seien „keine Hochverdiener“. Im Vergleich zu anderen Branchen sehe er sie aber „nicht benachteiligt“.

Transnet und GDBA fordern sieben Prozent mehr Lohn, die Lokführer bis zu 31 Prozent und einen eigenen Tarifvertrag. Die Bahn bietet bislang zwei Prozent sowie eine Einmalzahlung. Einen gesonderten Tarifvertrag für die Lokführer lehnt sie ab. Mehdorn: „Wir werden eine Spaltung der Mitarbeiter nicht akzeptieren.“ Derzeit verdient etwa ein Lokführer nach Gewerkschaftsangaben 1970 bis 2142 Euro im Monat. Die GDL verlangt ein Einstiegsgehalt von 2500 Euro, das stufenweisen auf bis zu 3000 Euro ansteigen soll. Nach Angaben der Bahn liegt der durchschnittliche Nettoverdienst eines Lokführers bei 2100 Euro im Monat.

Die Bahn verwies zudem auf den Wettbewerb um Verbindungen im Nahverkehr, den die Länder ausschreiben. Schon heute liege das Tarifniveau bei dem Konzern bis zu 25 Prozent über dem der Konkurrenten. In diesem Jahr würden neue Aufträge ausgeschrieben, die bis zu 1500 Beschäftigte beträfen. Deren Stellen hingen davon ab, ob man ein wettbewerbsfähiges Angebot platzieren könne.

Vom Konflikt profitiert haben Mitfahrzentralen. „Die Telefone standen nicht mehr still, die Leute haben direkt von den Bahnhöfen bei uns angerufen“, sagte Martin Buske, Chef des Portals mitfahrzentrale.de. Die Seite habe schon am Montag 15 000 Besucher verzeichnet, das seien 50 Prozent mehr als üblich. Vor allem Pendler hätten Fahrgemeinschaften gebildet. Mitfahrzentrale.de ist mit 700 000 registrierten Nutzern nach eigenen Angaben die größte Mitfahrzentrale Europas. Auch die Berliner Citynetz-Mitfahrzentrale meldete einen Ansturm. „Hier ist die Hölle los“, sagte Geschäftsführer Hans Ludwig Klaus. Allerdings habe es nicht genügend Fahrangebote gegeben. „Auch bundesweit ist die Nachfrage erheblich höher als an normalen Tagen.“

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