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Wirtschaft: Bahn-Gesetz spaltet die Koalition

Heftiger Widerstand in der Unions-Fraktion / SPD-Abgeordnete verlangen Prüfung der Volksaktie

Berlin - Bei den Plänen der Regierung zur Privatisierung der Deutschen Bahn haben viele Abgeordnete der Union ihrer Fraktionsführung am Dienstag die Gefolgschaft verweigert. 29 Parlamentarier lehnten den Antrag ab, den Gesetzentwurf der Regierung als Fraktionsantrag in den Bundestag einzubringen, fünf enthielten sich. Die übrigen Abgeordneten stimmten allerdings gleichzeitig einem Forderungskatalog für Änderungen am Gesetz zu, wodurch sich die Privatisierung der Bahn bis mindestens Ende 2008 verzögern würde. Weniger kontrovers verlief die Fraktionssitzung bei der SPD. Dort gab es nur wenige Enthaltungen.

Die Regierung hat ein ungewöhnliches Verfahren gewählt, um die parlamentarischen Beratungen zu beginnen. Eigentlich liegt der Gesetzentwurf bereits als Kabinettsbeschluss vor. Der Text aus dem Haus von Verkehrsminister Wolfgang Tiefensee (SPD) sieht vor, dass die Bahn auf mindestens 18 Jahre die wirtschaftlichen Rechte am Schienennetz bekommt, der Bund die juristischen. Vom Ministerium favorisiert wird die Beteiligung von strategischen Investoren. Ohne Weiteres könnte wie geplant für den kommenden Freitag die 1. Lesung des Gesetzes im Bundestag angesetzt werden. Dass das Gesetz nun auch – parallel – von beiden Regierungsfraktionen eingebracht wird, ist laut Parlamentariern unnötig. So müssten sich Union und SPD auf Änderungen einigen, sonst blockieren sie sich. Übrig bliebe der kleinste gemeinsame Nenner, nämlich der eingebrachte Gesetzentwurf.

Wie der Tagesspiegel aus Teilnehmerkreisen erfuhrt, ist deshalb bei der Fraktionssitzung der Union wiederholt gefragt worden, ob die Abstimmung über das Gesetz nur rein formal sei oder auch inhaltlich. Denn gegen die bisherigen Privatisierungspläne gibt es unter den Abgeordneten erhebliche Vorbehalte. Mit Nein stimmten nach Tagesspiegel-Informationen auch Klaus Lippold, der Vorsitzende des Verkehrsausschusses, die Verkehrsexpertin Renate Blank und der Finanzfachmann Norbert Königshofen. Teilweise seien sehr emotionale Reden gehalten worden, hieß es im Anschluss.

Dabei hatte die Fraktionsführung die Abstimmung über das Gesetz mit einem Änderungskatalog verbunden. „Wir müssen die Bahn an die Kandare nehmen“, hatte CSU-Landesgruppenchef Peter Ramsauer mit Blick auf die Forderungen gesagt. Fraktionsvize und Verkehrsexperte Hans-Peter Friedrich sagte dem Tagesspiegel: „Das sind alles Punkte, die eigentlich selbstverständlich sind.“ Er gehe davon aus, dass sich die Sozialdemokraten einer vernünftigen Reform nicht verschließen werden. Ein Scheitern des Projekts sei aber „nie auszuschließen“.

Konkret fordert die Union unter anderem starke Rechte für den Staat bei der Bedarfsplanung beim Schienennetz gegenüber der Bahn. Vor der Verabschiedung des Gesetzes soll außerdem die Leistungs- und Finanzierungsvereinbarung zwischen Bund und Bahn vorliegen, in der geregelt ist, was der Konzern beim Netz für die Milliarden öffentlicher Gelder, die weiter für Investitionen fließen werden, leisten muss. Diese Vereinbarung soll laut Union mindestens ein Jahr erprobt werden. Damit wäre der von der Bahn avisierte Termin für die Beteiligung privater Investoren – das zweite Quartal 2008 – nicht mehr zu halten. Die heutige Qualität der Infrastruktur müsse erhalten bleiben, verlangt die Union.

Den SPD-Abgeordneten versprach Fraktionschef Peter Struck, die aktuelle Abstimmung sei keine Vorentscheidung für die Ausgestaltung des Gesetzes. Die Volksaktie werde ergebnisoffen geprüft. Erst vor Kurzem hatte sich Struck über das Modell noch sehr ablehnend geäußert. Der SPD-Abgeordnete Peter Friedrich sagte dem Tagesspiegel nach der Sitzung: „Die Fraktion sagt Ja zu einer Eisenbahnreform, die das öffentliche Eigentum schützt.“ Die endgültige Linie werde auf dem Parteitag Ende Oktober festgelegt.

Bei vielen Sozialdemokraten gibt es Sorgen, dass der Staat nach einer Privatisierung faktisch den Einfluss auf das Schienennetz verlieren und die Bahn verstärkt Strecken stilllegen würde. Eine Reihe von Landesverbänden will deshalb tief greifende Änderungen am Gesetz beantragen, teilweise wird eine Privatisierung kategorisch abgelehnt.

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