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Wirtschaft: Bahn lässt sich Tempo bezahlen

Bahn fahren im Fernverkehr wird auf einigen Strecken ab dem 15. Dezember wahrscheinlich teurer.

Bahn fahren im Fernverkehr wird auf einigen Strecken ab dem 15. Dezember wahrscheinlich teurer. Wo die Züge der Deutschen Bahn AG deutlich schneller als Auto oder Flugzeug unterwegs sind, will das Unternehmen die Preise anheben, kündigte Hans-Gustav Koch, Marketing-Vorstand im Bereich Personenverkehr, in Berlin an. "Die Preise bilden sich am Markt", sagte er. Bahn-Vorstandschef Hartmut Mehdorn teilte mit, die Bahn wolle bis 2005 "nachhaltig profitabel" werden und eine Kapitalrendite von zehn bis elf Prozent erreichen.

Die neuen Tarife will die Bahn im Dezember einführen. Als Vorläufer des neuen Preissystems nannte Marketing-Chef Koch die Tarife für die Neubaustrecke Frankfurt (Main)-Köln. Sie geht zum 1. August zunächst im Pendelverkehr in Betrieb und soll gegenüber der bisherigen Verbindung einen Zeitgewinn von knapp einer Stunde bringen.

Eine Reise von Frankfurt nach Köln in der Zweiten Klasse soll dann 53,60 Euro inklusive Reservierung kosten. Bisher sind 41,60 Euro dafür fällig - das ist eine Erhöhung um fast 29 Prozent. Diese Preise sollten "in etwa" auch nach der Umstellung auf das neue System gelten. DB-Vorstand Koch begründete den Aufschlag mit einer höheren Reisequalität. Die Züge - auf der neuen Strecke entlang der Autobahn 3 können ausschließlich ICEs der dritten Generation eingesetzt werden - sollen 300 km/h schnell fahren. Das bringe der Bahn gegenüber den Wettbewerbern Auto und Flugzeug einen deutlichen Zeitgewinn, erklärte Koch. Die höhere Nachfrage erlaube es, auch höhere Fahrpreise zu verlangen. Allein 2003 hofft die Bahn auf 27 Prozent mehr Fahrgäste auf dieser Strecke.

Trotz Aufschlag weniger Komfort

Allerdings müssen die Bahn-Kunden trotz der höheren Tarife mit Einbußen beim Komfort rechnen. So beschneidet die Bahn die Beinfreiheit der Fahrgäste. In der Zweiten Klasse werde der Abstand zum Vordersitz um etwa fünf Zentimeter reduziert, um die Kapazität der Waggons zu erhöhen. Zudem wird es in den ICE-3-Zügen keinen Speisewagen nach herkömmlichem Muster mehr geben. Sie rechneten sich nicht mehr und seien unzeitgemäß, da sie nur von jedem zwanzigsten Fahrgast genutzt würden, sagte Koch. Im Zug gebe es aber "auf jeden Fall etwas zu essen". Alternativ können Bahnkunden auch auf der alten, 45 Kilometer längeren Strecke mit herkömmlichen Zügen fahren - bis Dezember zu den alten Preisen.

Nach der Einführung des neuen Preissystems gelten die Preiserhöhungen auch für Bahnfahrer, die eine weitere Reise unternehmen und dabei die Strecke Frankfurt-Köln passieren. "40 Prozent aller Fernverbindungen laufen über die neue Trasse", sagte Koch. Jedoch werde der Preis relativ sinken, je länger die Strecke sei.

Die neuen Preise für Frankfurt-Köln sind nach seinen Worten auch eine Richtschnur für andere Verbindungen. Strecken, auf denen die Bahn ähnlich schnell fahre und wo Markt und Nachfrage vergleichbar seien, würden auch ähnlich viel kosten, sagte er. Demnach sind auch für die Strecke Hannover-Berlin höhere Preise denkbar. Die genauen Preise für alle 22 Millionen Verbindungen in Deutschland ermittelt die Bahn noch und will sie Anfang Oktober bekannt geben. Bekannt ist bislang, dass Bahnfahrer umso höhere Rabatte bekommen, je früher sie ein Ticket buchen. Familien sollen preiswerter fahren, der Rabatt mit der Bahncard geht von 50 auf 25 Prozent zurück. Bahn-Personenverkehrs-Vorstand Christoph Franz hatte im Tagesspiegel erklärt, "unter dem Strich wird Bahn fahren billiger".

Zur Zukunft der preiswerten Interregio-Züge sagte sein Kollege Koch, diese würden mit jedem Fahrplanwechsel weiter reduziert. "Unrentable Strecken müssen wir streichen", befand er. Denkbar sei aber, dass auch 2005 noch Interregios führen.

Neue Investitionen geplant

Mit den neuen Preisen soll die Bahn auch profitabler werden. Bahnchef Mehdorn strebt ab 2005 eine Kapitalrendite von zehn bis elf Prozent an; damit wolle die Bahn auch börsenfähig werden. "Die Nachfrage nach Mobilität ist vorhanden und wächst, wir müssen sie nur erreichen", erklärte er. Der Umsatz der Bahn solle bis 2005 jedes Jahr um zwei bis drei Prozent zunehmen. Trotz der angestrebten Gewinne werde es jedoch bis auf weiteres keine Dividende an den Eigentümer Bund geben. "Wir brauchen jede Mark für neue Investitionen", sagte er.

Um mehr Geld in die Schiene und in die Modernisierung von Fuhrpark und Bahnhöfen stecken zu können, will die Bahn ihre Verschuldung erhöhen - von nun sechs auf bis zu knapp zehn Milliarden Euro. Außerdem soll das Unternehmen schlanker werden. Die Bahn werde "Ballast abwerfen" und Unternehmensteile, die nicht zum Kerngeschäft zählten, verkaufen, sagte Mehdorn.

brö

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