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Wirtschaft: Bahn peilt trotz Streik Rekordgewinn an

Arbeitskampf kostet rund 150 Millionen Euro

Berlin - Die Deutsche Bahn steuert trotz der Streiks der vergangenen Monate auf einen Rekordgewinn zu. Das Betriebsergebnis nach Zinsen wird nach Planung des Staatskonzerns in diesem Jahr auf rund 1,6 Milliarden Euro wachsen, wie der Tagesspiegel am Mittwoch aus Aufsichtsratskreisen erfuhr. Das wären 400 Millionen mehr als im vergangenen Jahr, „Die DB wird kapitalmarktfähig“, erklärte Aufsichtsratschef Werner Müller nach der Sitzung des Gremiums.

Die guten Zahlen gehen zurück auf den wirtschaftlichen Aufschwung. „Dämpfend wirken sich allerdings die Streiks der Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer aus“, wie der Aufsichtsrat mitteilte. Offiziell beziffert wurde der Schaden nicht. Die streikbedingten Kosten liegen bislang bei 150 Millionen Euro „über den Daumen gepeilt“, hieß es in Aufsichtsratskreisen. Dies betreffe vor allem den Güter- und den Fernverkehr. Ein Bahn-Sprecher sagte dazu, abschließende Berechnungen lägen noch nicht vor. Die folgenreichsten Lokführer-Streiks fanden allerdings seit Anfang Oktober statt, also im vierten Quartal.

Eine Niederlage musste die Bahn-Gütersparte Railion derweil im Wettbewerb mit der privaten Konkurrenz hinnehmen. Der Stahlhersteller Salzgitter vergab einen Auftrag zum Transport von mehr als 100 000 Tonnen Stahl pro Jahr an den Anbieter Veolia Cargo, erfuhr diese Zeitung. Ein Unternehmenssprecher von Salzgitter bestätigte, dass es um ein Neugeschäft ab Januar bei der Tochterfirma Flachstahl gehe. Mit den Lokführer-Streiks hänge die Entscheidung für Veolia aber nicht zusammen. Salzgitter hatte im Zuge des Ausstands Mitte Oktober von verzögerten Rohstofflieferungen berichtet. „Railion bleibt aber unser Partner“, unterstrich der Salzgitter-Sprecher.

Trotz des Streiks stieg der Umsatz der Bahn in den ersten neun Monaten dieses Jahres um 5,3 Prozent auf 23,1 Milliarden Euro. Man habe „den wirtschaftlichen Aufwärtstrend fortgesetzt“, lobte sich der Konzern. Die wichtigste Säule, das Ressort Transport und Logistik, nahm sieben Prozent mehr Geld ein und kam auf 13,1 Milliarden Euro Umsatz. Dagegen gelang im Personenverkehr nur ein Zuwachs von zwei Prozent auf 8,8 Milliarden Euro.

Der Konzern plant für die kommenden Jahre weitere Gewinnsteigerungen. Bis 2012 soll das Betriebsergebnis nach Zinsen auf fast drei Milliarden Euro zunehmen, geht aus der neuen Planung hervor, die der Aufsichtsrat zur Kenntnis nahm. Die bisherige Kalkulation lag um rund eine Viertelmilliarde niedriger. Für die „Finanzierung des weiteren Wachstums“ sei aber privates Kapital nötig. Darauf bereite sich die Bahn vor, hieß es. Die Regierung will allerdings erst im Januar oder im Februar rüber die Details entscheiden.

Zuletzt war die Privatisierung am Protest der SPD fast gescheitert. Derzeit prüft die Regierung ein neues Modell, bei dem die Bahn Minderheitsanteile an ihren Transportsparten verkaufen kann. Unklar ist, ob ein Teilverkauf noch in dieser Wahlperiode möglich ist. Die Union hatte zuletzt zur Bedingung gemacht, dass die so genannte Leistungs- und Finanzierungsvereinbarung zwischen Bund und Bahn zunächst ein Jahr lang erprobt wird. Sie regelt die dauerhaften Zuschüsse des Bundes für die Infrastruktur. Die Politik will aber verhindern, dass die Privatisierung Thema der Bundestagswahl im Herbst 2009 wird. Carsten Brönstrup

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