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Wirtschaft: Bahnfahren wird wieder teurer

Preise im Fernverkehr steigen ab dem 1. April / Verkehrsverbände: Die Fahrgäste werden verschreckt

Berlin (brö/hop). Zugfahren mit der Deutschen Bahn wird teurer. Ab dem 1. April werden die Preise für Fahrscheine im Fernverkehr um durchschnittlich 3,4 Prozent angehoben, erklärte das Unternehmen am Mittwochabend. „Das sind Preiserhöhungen, wie sie in anderen Branchen jeden Tag passieren“, rechtfertigte Friedel Rausch, Personenverkehrsvorstand des Konzerns, die Veränderungen. Zudem gelte die Erhöhung nicht für kurze und sehr lange Strecken. Verbände protestierten dennoch gegen das Vorhaben. Teilweise äußerten sie aber auch Verständnis.

Bis zu Entfernungen von 100 Kilometern soll sich an den Preisen nichts ändern, bis zu 200 Kilometern werden die Tickets sogar um 1,6 Prozent billiger. Distanzen bis zu 400 Kilometern verteuern sich dagegen um 2,1 bis 4,4 Prozent. Die stärksten Aufschläge gibt es auf Verbindungen zwischen 400 und 700 Kilometern – hier verlangt die Bahn durchschnittlich 5,8 Prozent mehr. Bei sehr langen Strecken soll es dann wieder Vergünstigungen geben: Für Fahrten über 700 Kilometern innerhalb Deutschlands wird ein Maximalpreis von 111 Euro für die einfache Fahrt eingeführt. Zusätzlich ist dieser Tarif mit Rabatten, etwa durch die Bahncard, kombinierbar. Und Platzreservierungen sind ab April kostenlos, sofern sie am Automaten oder per Internet vorgenommen werden. Am Schalter verteuern sie sich von 2,60 auf drei Euro.

Höchstpreis gegen Billigflieger

Mit dem Maximalpreis wolle man den Billigfliegern Paroli bieten, die der Bahn in den letzten beiden Jahren starke Konkurrenz machen, sagte Rausch. Auf den kurzen Strecken sei wiederum das Auto der wichtigste Wettbewerber. Die Preiserhöhungen seien nötig, weil die Kraftstoffpreise allein seit Jahresanfang um rund 30 Prozent gestiegen seien. Außerdem bewege sich die Bahn im Schnitt auch nach den Erhöhungen noch auf dem Preisniveau von 1994. Grund: Mit dem Umbau des Preissystems Ende 2002 hatte die Bahn im Fernverkehr ihre Normalpreise um zwölf Prozent abgesenkt.

Von den Veränderungen verspricht sich die Bahn jährliche Mehreinnahmen in zweistelliger Millionenhöhe. Im ersten Halbjahr 2003 hatte die Fernzugsparte nach der Preissystem-Umstellung einen Umsatzrückgang von 13 Prozent verzeichnet. Im Gesamtjahr sehe es etwas besser aus, deutete Rausch an.

Außerdem steht die Bahn mit ihren höheren Preisen nicht allein. Connex, ihr größter privater Konkurrent, hatte die Tarife im vergangenen Dezember angehoben. Dafür wird keine Reservierungsgebühr mehr verlangt. Weitere Preiserhöhungen in diesem Jahr seien „unwahrscheinlich, aber nicht kategorisch auszuschließen“, sagte ein Connex-Sprecher dem Tagesspiegel.

Von Verkehrs- und Umweltverbänden kam herbe Kritik an der Bahn-Entscheidung. Der Verkehrsclub Deutschland (VCD) nannte die Preiserhöhung als „falsches Signal“. VCD-Bundesgeschäftsführer René Waßmer kritisierte, die Bahn sei gerade erst dabei gewesen, nach der fehlgeschlagenen Preisreform zum Beginn des vergangenen Jahres wieder mehr Fahrgäste anzuziehen. „Mit den Preiserhöhungen zum ersten April verunsichert das Unternehmen nun seine Kunden erneut und gefährdet diese positive Entwicklung.“

Ähnlich äußerte sich die Gewerkschaft Transnet. Vorstandsmitglied Karl-Heinz Zimmermann forderte, statt die Preise zu erhöhen, müsse die Bahn im Fernverkehr einen besseren Service bieten. Der verkehrspolitische Sprecher der Union im Bundestag, Dirk Fischer, sagte dem Tagesspiegel: „Nach den rückläufigen Passagierzahlen im Jahr 2003 ist eine so massive Preiserhöhung kontraproduktiv.“ Er habe den Eindruck, die Passagiere müssten „die Opfer bringen für Mehdorns fehlgeschlagene Reform des Preissystems“.

Höhere Preise waren absehbar

Allerdings kommt die Preiserhöhung nicht überraschend. Karl-Peter Naumann, der Bundesvorsitzende des Fahrgastverbandes Pro Bahn, sprach von einer „relativ normalen Preissteigerung, die zu erwarten war“. Positiv sei, dass ein Höchstpreis eingeführt werde. Bloß sei es fraglich, ob die insgesamt starke Preiserhöhung, die alle paar Jahre vorgenommen werde, „taktisch klug“ sei. Besser wäre es, die Preise regelmäßig in kleinen Schritten anzuheben. Der Verkehrsreferent des Umweltverbandes Bund, Tilmann Heuser, sagte, die Preiserhöhung sei „kommunikativ ein falsches Signal“. Sie sei aber „aus betriebswirtschaftlicher Sicht zu erwarten“ gewesen. Durch die Wiedereinführung der Bahncard 50, mit der die Fahrkartenpreise um die Hälfte gedrückt werden können, seien schließlich die bisherigen Einnahmeprognosen überholt.

Verständnis für die Erhöhung äußerte auch der verkehrspolitische Sprecher der Grünen im Bundestag, Albert Schmidt. Durch die Kombination der wieder eingeführten Bahncard 50 und der vorherigen Preissenkung auf längeren Strecken sei die Bahn „in den letzten Monaten so billig wie noch nie“ gewesen. Auf einigen Strecken seien die Preise heute sogar niedriger als noch vor zehn Jahren. Jetzt müsse aber abgewartet werden, ob die Kunden die erhöhten Preise annehmen.

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