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Wirtschaft: Banken in Seenot

Deutschlands Geldhäuser verstecken Milliarden an Schiffskrediten in undurchsichtigen Gesellschaften.

Düsseldorf - Für Geschäftsführer Jan Duken ist das Deutsche Frachtschiff-Kontor so etwas wie ein Wohltätigkeitsverein der Reeder. Das von den Hamburger Schiffseignern Rickmers, Laeisz und Schuldt gegründete Kontor kauft Containerfrachter auf, die Banken und Anleger finanziert haben, die aber wegen Überkapazitäten auf den Weltmeeren derzeit niemand braucht. Für Branchenkenner ist das Kontor dagegen vor allem eins: eine Bad Bank der Seefahrt, die allein einem Ziel dient: die Bilanzen der Geldinstitute von faulen Schiffskrediten zu entlasten.

„Das Kontor verwandelt beim Schiffskauf die faulen Kredite der Banken in scheinbar solide“, erklärt ein Insider. Dass eine solche Bad Bank heute notwendig ist, hat mit dem Boom der Schiffsfinanzierung in den Zeiten vor der Finanzkrise zu tun. Kleinanleger wurden mit hohen Renditeversprechen und Steuervorteilen in Schiffsfonds gelockt, die oft nur den Bau eines einzigen Frachters finanzierten. Banken steuerten bis zu 70 Prozent Fremdkapital bei.

44,6 Prozent der Schiffskredite weltweit haben deutsche Banken vergeben, ergab jüngst die Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage der SPD- Fraktion. Marktführer HSH Nordbank hat noch entsprechende Darlehen im Volumen von 26 Milliarden Euro in seinen Büchern, bei der Commerzbank sind es knapp 19 Milliarden Euro. Das Problem: Im Zuge der Finanz- und Wirtschaftskrise nach dem Kollaps der US-Investmentbank Lehman Brothers im September 2008 haben sich die Frachtraten mehr als halbiert. Die Einnahmen der Fonds reichten nicht mehr aus, um Zins und Tilgung zu bedienen, die Bankkredite wurden notleidend.

Die Folge sind hohe Abschreibungen. Die HSH Nordbank muss zum zweiten Mal auf Garantien der Eigner Schleswig- Holstein und Hamburg zurückgreifen, um die Kernkapitalquote von neun Prozent einhalten zu können. Und die Commerzbank hat 33 Prozent der Schiffskredite im Volumen von 4,5 Milliarden Euro abgeschrieben, die vom Ausfall bedroht sind. Im Vergleich etwa zur britischen Bank Lloyd’s, die Schiffskredite teils mit 50 Prozent Abschlag verkaufte, sind die Deutschen noch zurückhaltend: „Eine Welle von Wertberichtigungen in den Kreditportfolios ist bislang ausgeblieben“, sagt ein Frankfurter Analyst.

Das liegt auch am Deutschen Frachtschiff-Kontor und anderen Auffanggesellschaften. Der HSH bleibt so vorerst die Zwangsversteigerung des Frachters erspart, die den wahren Wertverlust und damit den Abschreibungsbedarf offenbaren würde. Zudem besteht die Hoffnung, dass das Kontor den Frachter doch noch wirtschaftlich betreiben und – anders als der Fonds – fällige Zins- und Tilgungszahlungen leisten kann. Aus faulen würden so werthaltige Kredite. Allerdings nur, solange die Reeder nicht selbst in Seenot geraten. Die Regierung rechnet in ihrer Antwort auf die Kleine Anfrage deshalb mit weiterem Abschreibungsbedarf der Banken. Christoph Schlautmann (HB)

Christoph Schlautmann (HB)

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