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Wirtschaft: Banken spekulieren auf Übernahmen

Private Institute hoffen auf ein Aufbrechen des Sparkassenlagers – auch die Bundesbank stimmt zu

Frankfurt (Main) (ro). Die Fronten bröckeln, und selbst die Bundesbank hat mittlerweile ihre Position geändert: Es wird immer wahrscheinlicher, dass bald private Großbanken Sparkassen übernehmen dürfen. „Wir stecken mitten im Wandel, es ist so viel Bewegung wie seit langem nicht“, sagt Manfred Weber, Hauptgeschäftsführer des Bundesverbandes deutscher Banken (BdB). Dabei betrachtet nicht nur er die Privatisierung der Sparkasse Stralsund als Präzedenzfall. Auch die Bundesbank signalisiert nun, dass sie das Regionalprinzip und damit den Gebietsschutz für die Sparkassen als nicht mehr dienlich erachtet. Damit werde der Wettbewerb eingeschränkt. Und mittlerweile gibt es sogar Zwist im Sparkassenlager selbst.

KarlJoachim Dreyer, Chef der Hamburger Sparkasse, hält dem eigenen Branchenverband DSGV vor, dass er sich „viel zu lange“ für den Erhalt der öffentlich-rechtlichen Basis von Sparkassen und Landesbanken eingesetzt habe. Jetzt beginne die Phase des Umbruchs, zumal sich immer mehr Kämmerer wie jetzt in Stralsund die Frage stellten, ob sie noch eine öffentlich-rechtliche Sparkasse bräuchten. „Die Sparkassen werden sich ändern müssen, um zu überleben.“ Von einem Einstieg der Großbanken bei Sparkassen wäre der Haspa-Chef aber wenig begeistert.

Die Äußerungen von Dreyer und der Meinungsumschwung bei der Bundesbank sind Wasser auf die Mühlen der Großbanken. BdB–Mann Weber konnte am Montagabend seine Genugtuung über die Entwicklung bei seinem Auftritt vor Frankfurter Journalisten nicht verhehlen. Seit Jahren überhäufen sich Banken- und Sparkassenverband mit Vorwürfen. Zumal die Privaten in Brüssel durchgesetzt haben, dass die staatlichen Garantien für Landesbanken und Sparkassen Mitte 2005 auslaufen. DSGV-Präsident Dietmar Hoppenstedt wird nicht müde, den Großbanken vorzuhalten, sie wollten sich durch die Übernahme von Sparkassen sanieren.

„Der Markt muss entscheiden“

Die Großbanken wiederum pochen auf gleiche Rechte: Nicht nur die Landesbanken sollten private Banken übernehmen dürfen – das hatte es in Baden-Württemberg vor einigen Jahren gegeben. Auch umgekehrt müsse das möglich werden. Schon vor 2005 hofft Weber jetzt auf ein Aufbrechen des Sparkassenlagers. Über die künftige Struktur des Kreditgewerbes müsse der Markt entscheiden. „Gegen den Widerstand der Politik muss es möglich werden, dass Banken auch Sparkassen kaufen können.“ Stralsund soll das Signal geben. Commerzbank und Deutsche Bank haben bereits Interesse bekundet.

Weber erinnert an die Lage in anderen Ländern Europas, etwa in Italien, wo es im Finanzsektor längst spartenübergreifende Zusammenarbeit gebe – zum Wohl der Kunden. Den Großbanken gehe es nicht darum, nur attraktive Sparkassen in Ballungsräumen zu kaufen. Die Gefahr, dass Menschen auf dem Land von Krediten oder Girokonten abgeschnitten würden, sieht Weber nicht. In der Schweiz lägen 80 Prozent des Marktes bei zwei Banken – Probleme gebe es aber nicht.

Nicht nur für Weber, auch für die Bundesbank ist das Aufbrechen der drei Säulen unabdingbar, um die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Kreditwirtschaft zu sichern. Bislang beschränken sich die Kooperationen auf einzelne Felder: Die Großbanken lassen ihren Zahlungsverkehr künftig von der Postbank managen, bei der Abwicklung von Wertpapiergeschäften wird sektorüberschreitend zusammengearbeitet. Allerdings: Mit Fusionen im eigenen Lager tun sich die Großbanken schwer – die Zusammenlegung von Deutscher und Dresdner platzte ebenso wie die von Dresdner und Commerzbank. Dennoch halten sich in Frankfurt die Gerüchte über Verschmelzungen hartnäckig – auch, weil ein „ausländischer Eroberer“, wie Banken-Präsident Rolf Breuer sagt, eine der billig bewerteten Großbanken schlucken könnte.

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