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Wirtschaft: Banken und Investoren pokern um Kirchs Medienreich

Die Rettung der verschuldeten Kirch-Gruppe wird zum Wettlauf mit der Zeit: Erhält der Konzern in den nächsten Tagen keinen Kredit, um laufende Rechnungen zu begleichen, droht dem Unternehmen die Insolvenz. "Sehr zeitnah", wenn auch nicht binnen 24 Stunden, müsse ein Überbrückungskredit bereitgestellt werden, bestätigte am Mittwoch ein Insider.

Die Rettung der verschuldeten Kirch-Gruppe wird zum Wettlauf mit der Zeit: Erhält der Konzern in den nächsten Tagen keinen Kredit, um laufende Rechnungen zu begleichen, droht dem Unternehmen die Insolvenz. "Sehr zeitnah", wenn auch nicht binnen 24 Stunden, müsse ein Überbrückungskredit bereitgestellt werden, bestätigte am Mittwoch ein Insider. Sonst drohe die Zahlungsunfähigkeit und der Verlust Tausender Stellen. Angeblich fehlen derzeit 200 bis 230 Millionen Euro, mit denen mutmaßlich bis Ende März offene Rechnungen, vor allem an US-Filmstudios, bezahlt werden müssen.

Am Mittwoch gingen die Verhandlungen zwischen den Banken und einer Investorengruppe um die Kirch-Minderheitsgesellschafter Rupert Murdoch und Silvio Berlusconi um die Lastenverteilung weiter. Nach Angaben aus Verhandlungskreisen ist bislang keiner der Beteiligten allein bereit, Kirch kurzfristig einen weiteren Kredit zu gewähren. Die Gläubigerbanken, bei denen die Gruppe schon mit mindestens 6,5 Milliarden Euro verschuldet ist, wollen nicht noch weiter ins Risiko gehen. Bleiben aber beide Seiten stur, muss Kirch doch noch Konkurs anmelden, nachdem er selbst schon zu einem Abtritt bereit war.

Eine goldene Brücke für Kirch

Kirch knüpft seinen Rückzug allerdings an Bedingungen: Er fordert dem Vernehmen nach einen Großteil der Einnahmen aus dem Verkauf der TV-Rechte für die Fußballweltmeisterschaft 2006 in Deutschland. Als Mehrheitseigentümer - Leo Kirch und sein Sohn Thomas halten 79 Prozent an der Kerngesellschaft Kirch-Media - kann der Unternehmer mit seinem letzten Pfund wuchern und die Banken dazu bewegen, ihm eine goldene Brücke für den Ausstieg zu bauen. Obwohl der Konzern hoch verschuldet und zum größten Teil an die Gläubiger verpfändet ist, kann Kirch damit drohen, seine Anteile nicht zu verkaufen. Dies würde den Einstieg neuer Investoren blockieren und angesichts der hohen laufenden Kosten und enormer Zahlungsverpflichtungen, die Kirch nicht erfüllen kann, unweigerlich zur Insolvenz führen. "Kirchs Forderungen sind Teil der Schwierigkeiten in den Verhandlungen", räumte ein Banker ein.

Leidtragende der Pleite wären neben den Mitarbeitern wohl vor allem die Banken, die auf einem Großteil ihrer Forderungen sitzen blieben. Grundsätzlich seien sich noch alle Beteiligten einig, dass eine Insolvenz die schlechteste Lösung sei, sagte ein Banker. "Klar ist aber auch, dass die Banken keine Vorleistungen mehr erbringen werden." Andere Beobachter verwiesen darauf, dass die Investoren möglicherweise auf einen Bankrott spekulieren, um so günstiger an die Filetstücke Kirchs zu kommen. Deshalb sei die Insolvenzgefahr sehr konkret. "Wenn die Kreditgespräche nicht schnell zu einer Lösung führen, geht Kirch pleite," sagte ein Insider. Eine Entscheidung sei noch nicht in Sicht. "Vor Ostern wird es nichts mehr."

Der Konzern des italienischen Ministerpräsidenten Berlusconi wies am Mittwoch Spekulationen zurück, eine Beteiligung an einer Finanzspritze für die Kirch-Gruppe sei so gut wie sicher. "Wir haben nicht die Absicht, noch mehr Geld in Kirch hineinzustecken", sagte Fedele Confalonieri, Chairman des Kirch-Gesellschafters Mediaset, in Mailand. Falls die Banken aber einen Vorschlag präsentierten, werde man sich diesen anschauen, fügte er hinzu. Banker nannten diese Aussage "Pokerspiel". Der Reingewinn der Mediaset ist durch die Abschreibungen auf seine Beteiligung an Kirch um 41 Prozent auf 248,4 Millionen Euro gefallen.

Unterdessen warnte der stellvertredende ARD-Vorsitzende Peter Voss vor "ordnungspolitischen Konsequenzen" für das duale Rundfunksystem, die sich aus einem möglichen Einstieg Berlusconis und Murdochs in das deutsche Fernsehgeschäft ergeben könnten. "Angesichts der Turbulenzen, in die das Scheitern Kirchs die kommerzielle Seite unseres Mediensystems stürzt, wird ein informativer, glaubwürdiger und komptetenter öffentlich-rechtlicher Rundfunk für die Demokratie in Deutschland umso wichtiger", sagte Voss dem Tagesspiegel.

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