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Wirtschaft: Banken und Mittelstand: "Wir müssen den Kopf hinhalten"

Die Klagen von Mittelständlern sind laut und nachdrücklich. Eines ihrer größten Probleme ist, dass die Banken mit der Kreditvergabe zurückhaltender geworden sind.

Die Klagen von Mittelständlern sind laut und nachdrücklich. Eines ihrer größten Probleme ist, dass die Banken mit der Kreditvergabe zurückhaltender geworden sind. Auch Unternehmer in Berlin-Brandenburg sind davon betroffen und berichten von Liquiditätsengpässen.

Christian Thomas, der seit knapp zehn Jahren in Teltow, südlich von Berlin, ein mittelständisches Dentallabor betreibt, stellt einen "Paradigmenwechsel bei der Kreditvergabe" fest. Seine 23 Mitarbeiter stellen Zahnersatz für mehr als 30 Zahnärzte in der Region Berlin-Potsdam her. Die Einrichtung des Labors hat ihn gut 500 000 Euro gekostet. Zudem seien seine Personalkosten sehr hoch. Thomas sagt: "Der Kostendruck ist enorm, unsere Liquidität unbefriedigend und unsere Kapitaldecke viel zu knapp."

Auch der Berliner Bauunternehmer Christian Guss sagt: "Das Verhalten der Banken hat sich eindeutig verändert." Offen bekennt der 35-Jährige: "Ich hätte Schwierigkeiten, wenn ich jetzt Kredite bräuchte." Die 25 Mitarbeiter seines Ausbildungsbetriebs bauen seit einem Vierteljahrhundert vor allem Straßen und Kanäle. Vor zwei Jahren hatte er noch 40 Beschäftigte. Guss hat das Gefühl, dass die gesamte Baubranche von den Banken in "Sippenhaft" genommen und als "Ballast" empfunden wird. Es sei schon schwer, die Firmenkreditlinie bestätigt zu bekommen, "eine Erweiterung braucht man erst gar nicht zu versuchen". Es sei geradezu paradox: Nutze er die Kreditlinie voll aus, werde daraus der Schluss gezogen, ihm stehe das Wasser bis zum Hals; beanspruche er sie dagegen nicht, unterstelle die Bank, dass er sie nicht brauche. Früher habe ein Vertrauensverhältnis zwischen Bank und Unternehmer bestanden, stellt Guss fest. "Es konnte auch mal kurzfristig die Kreditlinie überschritten werden". Seit etwa vier Jahren entschieden die Banker zunehmend nach Kennzahlen. "Und jetzt erkennen die Banken, dass auch das nichts hilft und vergeben lieber gar keine Kredite mehr. Es gibt keine Verlässlichkeit mehr."

Kollegen von ihm sei die Kreditlinie innerhalb von vier Wochen halbiert worden, berichtet Guss. Den Kreditinstituten unterstellt er "bewusstes Herunterrechnen". "Die suchen Argumente, um Ihnen zu zeigen, dass Sie schlecht dastehen. Meine Kreditzusage ist im April ausgelaufen und erst Mitte Juni will die Berliner Bank eine neue Bilanzanalyse durchführen." Ohne zweite Hausbank - bei Guss die Dresdner Bank - scheine es nicht zu gehen: "Sonst hängen Sie am Messer."

Christian Thomas bestätigt: "Der Wind ist sehr rauh geworden. Um Kredite zu bekommen zählen heute nur noch die Ertragsaussichten, Sicherheiten werden als selbstverständlich vorausgesetzt." Die ständigen staatlichen Eingriffe in die Gesundheitssysteme machten realistische Einschätzungen der Ertragsaussichten unmöglich - "die Banken verlangen aber, dass die Wirtschaftspläne eingehalten werden", sagt Thomas. Er sieht jedoch auch den "hohen Betreuungsaufwand" der Banken für den Mittelstand. Vielleicht auch, weil er für sein eigenes Unternehmen keine konkrete Bedrohung ausmacht, unterscheidet Thomas stärker: Manche Banken interessierten sich durchaus für den Mittelstand, insbesondere die Volksbank. Ungewiss sei aber, ob die Sparkassen weiterhin ihre traditionelle Rolle spielen würden.

Über seine Hausbank, die Deutsche Bank 24, könne er nichts Negatives sagen, betont Thomas. "Die bemühen sich." Auch verstehe er, dass ein Mitarbeiter nicht seine Karriere aufs Spiel setze, um unkonventionell zu helfen - "das Controlling ist unerbittlich." Negativ beurteilt er indes, dass er als Unternehmer nicht direkt an die Entscheider in den Banken herankomme: "Wir kennen den Entscheidungsweg nicht." In Zukunft müssten andere Finanzierungsarten gefunden werden, vor allem aus "privaten Mitteln".

Trotz seiner moderaten Bewertung, sagt Thomas aber: "Wenn es um Milliarden geht, scheint die Prüfung weniger streng zu sein als bei Mittelständlern, die über vergleichsweise wesentlich besser kalkulierbare Risiken verfügen. Es schmerzt uns, dass wir dann die Verluste aus anderen Bereichen ausbaden müssen."

Tino Andresen

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