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Wirtschaft: Banken wollen sich an Kirch beteiligen

Die Gläubiger-Banken der Kirch-Gruppe arbeiten hinter den Kulissen offenbar an einer Auffanglösung für das überschuldete Medien-Imperium. Nach Informationen des "Handelsblatts" erwägen die Banken, einen Teil ihrer Darlehen in Eigenkapital umzuwandeln.

Die Gläubiger-Banken der Kirch-Gruppe arbeiten hinter den Kulissen offenbar an einer Auffanglösung für das überschuldete Medien-Imperium. Nach Informationen des "Handelsblatts" erwägen die Banken, einen Teil ihrer Darlehen in Eigenkapital umzuwandeln. Dadurch wären die Gläubiger beteiligt und könnten auf die Unternehmenspolitik direkten Einfluss nehmen, heißt es in Frankfurter Bankenkreisen. Bei ihrem Rettungsversuch planen die Banken offenbar ohne Leo Kirch. Der Filmrechte-Händler soll von der Spitze seines eigenen Unternehmens vertrieben werden, heißt es in Frankfurt. Damit Kirch das Gesicht wahren könne, dürfte der Abgang unter Hinweis auf seine angeschlagene Gesundheit erfolgen.

Unterdessen verfolgt der australische Medienunternehmer Rupert Murdoch den Versuch von Bundeskanzler Gerhard Schröder, sich bei der Rettung der Kirch-Gruppe einzumischen, um eine nationale deutsche Lösung zu Stande zu bringen. Man sei gespannt, was die Wettbewerbsbehörden in Brüssel dazu sagen werden, hieß es am Wochenende in London. Gleichzeitig erhöhte Murdoch den Druck auf seinen bisherigen Partner in München massiv. Der britische Pay-TV-Sender BSkyB, über den Murdoch 22 Prozent an Kirchs deutschem Pendant Premiere hält, blies erstmals offen zum Rückzug aus dem defizitären Engagement. "Wir haben endgültig das Ende der Fahnenstange erreicht", hieß es in London. Murdoch hat das Recht, seine Anteile an Premiere am 1. Oktober für etwa 1,6 Milliarden Euro an Kirch zu verkaufen.

BSkyB-Chef Tony Ball sagte dem "Handelsblatt", dass sein Unternehmen auf keinen Fall Premiere übernehmen wolle. Dies galt bislang als eine Lösung für eine im Herbst fällige Milliarden-Forderung von Murdoch an Kirch. In ungewöhnlich scharfer Form warf der BSkyB-Chef den Kirch-Managern Versagen bei Premiere vor. Ball machte auch deutlich, dass BSkyB die zum 1. Oktober fällige Option zum Verkauf des Premiere-Anteils ausüben wird - "unter bestimmten Umständen auch früher". Es gebe keine Verhandlungen über eine Verlängerung oder Neugestaltung der Option. Die Briten, so Ball, seien auch nicht an Kirchs Sportrechten interessiert.

BSkyB hat daher die Beteiligung im Wert von 985 Millionen Pfund (1,6 Milliarden Euro) bereits im laufenden Geschäftsjahr abgeschrieben. Dadurch stieg der Vorsteuerverlust von BSkyB im ersten Halbjahr um gut 20 Prozent auf 1,25 Milliarden Pfund.

Der Geschäftsführer der Kirch-Gruppe, Dieter Hahn, räumte am Wochenende ein, dass sein Unternehmen ein "strukturelles Problem" mit der Option Rupert Murdochs zum Verkauf seiner Anteile von 22 Prozent an Premiere habe. Die Forderung bedrohe die Kapitalstruktur der Unternehmensgruppe: "Perspektivisch können wir im Laufe des Jahres Liquiditätsprobleme bekommen", sagte Hahn der "Welt am Sonntag". Angesichts leerer Kassen will die Kirch-Gruppe im Kerngeschäft, dem Filmrechte-Handel, sparen. Wie der in der Kirch Media AG für Einkauf, Verkauf und Produktion zuständige Fred Kogel dem "Handelsblatt" sagte, will Kirch künftig weniger Filme beschaffen.

Welche Ziele Murdoch künftig in Deutschland beim Pay-TV verfolgt, ließ Ball offen. "Wir glauben, dass die Chancen am deutschen Markt sehr groß sind", betonte er. Mit Premiere aber habe der Einstieg nicht funktioniert. "Ich meine, dass unsere Aussage heute klar macht, dass diese Partnerschaft beendet ist", sagte der BSkyB-Chef.

Angesichts der Misere der Kirch-Gruppe ist der nordrhein-westälische Ministerpräsident Wolfgang Clement (SPD) beunruhigt über die finanzielle Situation der Fußball-Vereine. "Bundeskanzler Schröder und ich sind besorgt, wie sich die Finanzkrise der Kirch-Gruppe auf die Bundesliga auswirkt", sagte Clement nach einem Treffen mit Sportfunktionären. Bei der Begegnung sei indes deutlich geworden, dass die Kirch-Gruppe ihren Verpflichtungen bisher nachgekommen sei. Clement sagte der "BamS", er hoffe, dass "die Liga-Manager mit ihrer optimistischen Einschätzung recht behalten und die Politik nicht eingreifen muss." Ohne die Überweisungen Kirchs kämen "etwa die Hälfte aller Bundesligaclubs in ernste wirtschaftliche Schwierigkeiten".

Der Chef der Bundesliga, Werner Hackmann, betonte nach dem Treffen jedoch, er sehe keinen Handlungsbedarf. Kirch sei seinen Verpflichtungen stets nachgekommen. Die Kirch-Gruppe hatte dem Deutschen Fußball-Bund im Mai 2000 drei Milliarden Mark versprochen und sich damit für vier Jahre die Fernseh-Rechte an der Bundesliga gekauft. Eine Rate über 100 Millionen Euro wird an diesem Freitag fällig.

and, ink, jojo, HB

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