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Wellershoff

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Bankenkrise: "Auswirkungen auf Deutschland sind unwahrscheinlich"

UBS-Chefökonom Klaus Wellershoff über die Fehler der Banken, den starken Euro und die Folgen für die Konjunktur.

Herr Wellershoff, die Finanzkrise verschärft sich. Wie stark schlägt sie auf die Konjunkturentwicklung durch?

Eigentlich ist es andersrum: Die US-Konjunktur belastet ja die Finanzinstitute, und zwar über den Umweg des Immobilienmarktes. Wenn man genau hinschaut, belastet sie nicht alle Finanzinstitute, sondern nur eine Handvoll großer Investmentbanken. Nur Firmen, die in der Verbriefung von Krediten tätig sind, sind richtig in Schieflage geraten, den 8500 anderen Banken geht es relativ gut.

Also haben die Banken gar keine Fehler gemacht?

Doch. Die Banken haben sogar sehr schlimme Fehler gemacht. Sie haben Systeme aufgebaut, die dazu verleitet haben, immer höhere Risiken anzusammeln.

Wie lange wird sich die Krise noch hinziehen?

Wir werden für das laufende erste Quartal noch deutliche Abschreibungen sehen. Die betroffenen Wertpapiere, die mit Krediten besichert sind, haben seit Ende 2007 noch einmal drastisch an Wert verloren.

Wie stark wird die Krise auf die Realwirtschaft durchschlagen?

In den USA wird das Wachstum im ersten Quartal 2008 mit großer Wahrscheinlichkeit negativ sein. Und auch danach wird die amerikanische Volkswirtschaft nicht durchstarten. So eine Immobilienkrise belastet. Bis sich der Konsum dort wieder erholt, wird es noch Jahre dauern.

Wird Europa unter der Krise leiden?

Von den europäischen Banken, die treibend sind in der Kreditvergabe, sind bisher sehr wenige getroffen. In Deutschland zum Beispiel ist das Sparkassensystem kaum berührt, auch die großen Privatbanken nicht. Direkte Auswirkungen sind eher unwahrscheinlich.

Für die Banken wird es aber immer teurer, sich Geld zu leihen, weil sie sich gegenseitig nicht mehr trauen. Schlägt das nicht irgendwann auch auf die Kreditvergabe an Unternehmen und Verbraucher durch?

Tatsächlich hat der Appetit von Finanzinstituten, Kredite zu vergeben, weltweit abgenommen. Das fokussiert sich aber nicht auf Unternehmen und – abgesehen von den USA – auch nicht auf private Haushalte, sondern ganz stark auf andere Finanzmarktteilnehmer. Das trifft auch einige Hedgefonds oder Private-Equity-Unternehmen – Heuschrecken, wie das bei Ihnen in Deutschland heißt. Für normale Unternehmen sind Kredite aber seit Beginn der Krise im vergangenen Sommer sogar billiger geworden. Über diesen positiven Effekt wird viel zu wenig geredet.

Wird die deutsche Wirtschaft also auch 2008 kräftig wachsen?

Wir rechnen mit einem Wachstum unter zwei Prozent, aber deutlich über einem Prozent. Vor allem der private Konsum, der sich zuletzt immer unterdurchschnittlich entwickelt hat, wird erstmals wieder normal zulegen. Wir erwarten, dass die Einkommen in den kommenden Jahren wieder deutlich steigen werden.

Wie stark belastet der starke Euro die europäische und deutsche Wirtschaft?

Wenn der Euro/Dollar-Wechselkurs bei 1,50 und darüber liegt und der Euro auch zum japanischen Yen und zum chinesischen Yuan auf Rekordständen angekommen ist, dann hat das natürlich erhebliche Auswirkungen auf Exportfirmen. Es gibt derzeit historische Währungsungleichgewichte. Und die sind für die Weltwirtschaft ein weitaus größeres Thema als die US-Immobilienkrise.

Warum?

In den vergangenen Jahren haben viele Schwellenländer, wie China, ihre Währungen künstlich niedrig gehalten, um billig exportieren zu können. Davon haben alle profitiert. Diese Politik geht aber nur gut, solange es keine Inflation gibt. Und genau das ändert sich jetzt. In China etwa ist die Inflationsrate von zwei auf sieben Prozent gestiegen. Deshalb müssen diese Länder ihre Währungen jetzt aufwerten. Und dann haben wir ein Problem.

Welches?

Mit den Gütern aus den Schwellenländern importieren wir auch die Inflation. Und das heißt, dass wir trotz der wirtschaftlichen Probleme steigende Zinsen erwarten müssen. Wir kommen in eine Phase, in der die Weltwirtschaft ganz anders laufen wird. Da kommt eine schwierige Entwicklung auf uns zu.

Fallende Unternehmensgewinne, steigende Zinsen. Also schlechte Voraussetzungen für die Aktienmärkte?

Vor allem die Nachrichtenlage sieht ungünstig aus. Es wird mehr schlechte als gute Nachrichten geben. Fundamental betrachtet sind die Unternehmensgewinne so hoch, dass, selbst wenn sie 25 bis 30 Prozent zurückgehen, die Renditen immer noch historisch hoch sind. Das wird aber wahrscheinlich nicht helfen, auch die Aktienkurse hoch zu halten.

Das Gespräch führte Stefan Kaiser.

Klaus Wellershoff ist Chefökonom der größten Schweizer Bank UBS. Die Bank gehört zu den Instituten, die von der US-Hypothekenkrise mit am stärksten betroffen sind.

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