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Bankenregeln: Was sich mit "Basel III" ändert

Zwei Jahre nach Beginn der Krise haben sich die Notenbanker und Bankenaufseher aus 27 Ländern über schärfere Regeln für die Finanzinstitute geeinigt. Was soll sich mit „Basel III“ ändern und reicht das aus?

Bei den Verhandlungen in Basel ging es darum, die Sicherheitsvorschriften für Banken zu verschärfen. Die Institute sollen ihre Risiken künftig mit mehr eigenen Mitteln absichern, damit sie besser gegen Krisen gewappnet sind – und der Steuerzahler nicht einspringen muss.

Was ist Basel III?

Das Regelwerk legt die Kapitalreserven fest, die Banken vorhalten müssen, wenn sie Kredite vergeben. Nach dem bisherigen Regelwerk, genannt Basel II, muss die Kernkapitalquote vier Prozent betragen. Kernkapital ist Geld, das die Bank aufbrauchen kann, wenn sie in Schwierigkeiten ist, zum Beispiel, weil viele Kredite nicht zurückgezahlt werden. Die Kapitalquote beschreibt das Verhältnis zwischen eigenem Kapital und den Risiken, die eine Bank in ihren Büchern hält. Das sind zum Beispiel die Kredite, die sie ausgegeben hat. Liegt die Quote bei acht Prozent, darf eine Bank 12,5 mal so viel Geld verleihen, wie sie besitzt.

Nach dem Beschluss vom Sonntag steigt die Kernkapitalquote von vier auf sechs Prozent. Dazu kommt ein sogenannter „Kapitalpuffer“ in Höhe von 2,5 Prozent. Er soll verhindern, dass Kapital in Krisen zu schnell aufgezehrt wird. Die Bank kann ihn zwar unterschreiten, darf dann aber keine Dividende mehr an ihre Aktionäre auszahlen. Der Puffer erhöht damit praktisch die Kernkapitalquote. Abhängig von der jeweiligen wirtschaftlichen Lage sollen die einzelnen Länder einen weiteren Puffer von bis zu 2,5 Prozent einfordern dürfen. Banken, die das gesamte Bankensystem gefährden könnten, sollen künftig noch höhere Quoten erfüllen als andere. Verschärft wird nicht nur die Höhe der Kernkapitalquote, sondern auch ihre Zusammensetzung. Künftig soll der überwiegende Teil des Kernkapitals aus „hartem Kernkapital“ bestehen. Das sind Stammaktien und die von der Bank zurückgelegten Gewinne. Ihr Anteil steigt von zwei auf 4,5 Prozent.

Diese Kapitalformen sind deshalb „hart“, weil die Kapitalgeber ihr Geld nicht einfach aus der Bank herausnehmen können. Anders ist das bei anderen Kapitalformen, zum Beispiel bei stillen Einlagen, ein Instrument, das es nur in Deutschland gibt. Sparkassen, Genossenschaftsbanken oder auch manche Landesbanken sind keine Aktiengesellschaften und haben darum keine Möglichkeit, Aktien auszugeben. Aber auch andere Banken nutzen die stillen Einlagen gerne, weil sie für das Kapital weniger zahlen müssen als bei Stammaktien. Die neuen Regeln sollen von 2013 an schrittweise eingeführt werden. Für Banken, die keine Aktiengesellschaften sind, soll es eine zehnjährige Übergangsfrist geben, in der ihre Kapitalformen weiter anerkannt werden. Stille Einlagen, die Landesbanken und die Commerzbank vom Staat erhalten haben, sollen bis 2018 Bestandsschutz genießen. Bundesbankpräsident Axel Weber sagte am Sonntagabend: „Die graduelle Übergangsphase wird es allen Banken ermöglichen, die steigenden Mindestkapital- und Liquiditätserfordernisse zu erfüllen.“

Diskutiert worden war auch über die Einführung einer Verschuldungsobergrenze, die Leverage Ratio. Banken handeln nicht nur mit eigenem Geld, sondern leihen sich zusätzlich welches aus. Wenn die Geschäfte gut laufen, erhöht das die Rendite. Andersherum steigt das Verlustrisiko. Eine Leverage Ratio legt fest, wie viel Geld eine Bank sich ausleihen darf, im Verhältnis zu ihrem eigenen Kapital. Vor allem die Deutschen hatten dieses Instrument abgelehnt. Ob die Aufseher sich in diesem Punkt einigen konnten, war am Sonntagabend noch nicht bekannt.

Warum ist das alles notwendig?

Der Internationale Währungsfonds hat drei Punkte ausgemacht, an denen das Finanzsystem besonders verletzlich ist. Zum einen ist das die Eigenkapitalausstattung, die bei vielen Instituten zu niedrig war, wie die letzte Finanzkrise gezeigt hat. Zum anderen ist es die hohe Verschuldung vieler Banken, die sie im Fall von Verlusten sehr schnell in die Schieflage bringen kann. Weil die Banken sich vor allem auch untereinander Geld leihen, führt eine hohe Verschuldung auch dazu, dass ein Institut das andere mitreißt, wenn es pleite geht und seine Schulden nicht zurückzahlt.

Was hat Basel III für Folgen?

Die deutschen Banken, die bislang viele stille Einlagen zu ihrem Kernkapital zählen, müssen jetzt entweder neues Kapital aufnehmen oder Gewinne zurücklegen – oder ihre Kreditvergabe einschränken. Nach Berechnungen des privaten Bankenverbandes hat die Branche einen Kapitalbedarf von mehr als 100 Milliarden Euro. Banken und Sparkassen hatten im Vorfeld mehrfach gewarnt, dass die Institute ihre Kreditvergabe stark einschränken müssten. Zudem könnten die Banken die Zinsen für Kredite erhöhen oder andere Produkte verteuern. Die Experten vom Baseler Ausschuss hingegen haben ausgerechnet, dass die verschärften Vorschriften das Wirtschaftswachstum höchstens um 0,2 Prozent dämpfen werden.

Wie groß sind die Chancen, dass diese Empfehlungen auch umgesetzt werden?

Formal werden die Staats- und Regierungschefs auf dem G-20-Gipfel in Seoul im November über die neuen Regeln entscheiden. Gültig sind sie damit noch nicht. Dafür müssen die Länder Basel III erst in ein Gesetz umwandeln. Die Deutschen befürchten, dass die USA sich damit Zeit lassen könnten – schließlich haben sie das bestehende Regelwerk, Basel II, bis heute nicht eingeführt.

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