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Glänzende Aussichten, nicht nur auf diesem Basar in Teheran. Die Türken freuen sich derzeit über enorme Goldlieferungen in den Iran. Dadurch sieht die Außenhandelsbilanz der Türkei besser aus, und die Kuriere machen prächtige Geschäfte.

© REUTERS

Barren an Bord: Warum sich Iran mit türkischem Gold eindeckt

Der Iran importiert für viele Milliarden Dollar Edelmetall aus der Türkei – über den Umweg Dubai und am liebsten per Flugzeug. Kuriere transportieren das Metall im Handgepäck.

Das Regime in Teheran deckt sich offenbar mit großen Mengen Gold ein, um die UN-Sanktionen beim internationalen Zahlungsverkehr zu unterlaufen. Geliefert wird das Edelmetall aus der Türkei – auf Umwegen. Wenn die Fluggäste am Istanbuler Atatürk-Flughafen gegen Mitternacht zum Flug TK 762 nach Dubai einsteigen, ist die Businessclass meist gut besetzt. Manche der Herren tragen schwer an ihrem Handgepäck. Aber nicht immer verbergen sich Laptops in den Koffern. Häufig sind es Goldbarren. Nach offiziellen Angaben der türkischen Statistikbehörde exportierte die Türkei im August 2012 Gold im Wert von 1,9 Milliarden Dollar in die Vereinigten Arabischen Emirate. Das entspricht rund 35 Tonnen. Der Großteil davon im Handgepäck von Passagieren nach Dubai.

Die Metropole am Golf ist nur eine Zwischenstation. Bestimmt ist das Gold für Abnehmer im Iran. Wohlhabende Iraner versuchen offenbar, sich mit Anlagen in Gold vor der ständig steigenden Inflation zu schützen. Seit Jahresbeginn hat der Rial im Vergleich zu anderen Währungen zwei Drittel seines Werts verloren – eine Folge der UN-Sanktionen. Der Wertverfall könnte dazu führen, dass die Regierung schon bald den freien Devisenhandel unterbindet. Gold verspricht Schutz für das Vermögen.

Aber es gibt Anzeichen dafür, dass auch staatliche Stellen der islamischen Republik in großem Stil Gold kaufen, um die Sanktionen beim internationalen Zahlungsverkehr mit dem Edelmetall als Ersatzwährung zu unterlaufen. Bis vor wenigen Monaten gingen die Goldlieferungen aus der Türkei direkt in den Iran, auf dem Land- und Luftweg. Gold im Wert von 4,4 Milliarden Dollar war es im ersten Halbjahr 2012, der größte Teil davon in Barren. Im Juli erreichten sie sogar 1,83 Milliarden Dollar. Dann schien der Handel plötzlich zusammenzubrechen: Im August beliefen sich die türkischen Goldexporte in den Iran nur noch auf 180 Millionen Dollar. Zugleich schnellten die Goldexporte aus der Türkei in die Vereinigten Arabischen Emirate von sieben Millionen im Juli auf 1,9 Milliarden Dollar im August. Experten sind sich einig: Der Goldstrom von der Türkei in den Iran fließt weiter – nur eben über die Emirate.

Die geänderte Handelsroute ist möglicherweise eine Reaktion darauf, dass im Frühjahr immer mehr Medien über die florierenden Goldimporte des Iran berichteten. Vielleicht wollen sich die iranischen Abnehmer auch gegen befürchtete türkische Handelsbeschränkungen absichern; der Bürgerkrieg in Syrien belastet die Beziehungen zwischen Ankara und Teheran: Während der Iran Baschar al-Assad stützt, arbeitet die türkische Regierung auf seinen Sturz hin.

Dass der Handel jetzt über die Emirate läuft, kommt der Türkei gelegen. Sie muss sich damit nicht gegenüber ihren westlichen Verbündeten für direkte Goldexporte in den Iran rechtfertigen. In Wirklichkeit sind die Lieferungen nach Dubai wohl Teil eines Dreiecksgeschäfts: Die Türkei importiert aus dem Iran Gas und Öl, darf dafür aber wegen der UN-Sanktionen nicht in Dollar oder Euro bezahlen. Stattdessen bezahlt sie in türkischer Lira. Mit dem türkischen Geld kann der Iran allerdings wenig anfangen, zumal der internationale Zahlungsverkehr der islamischen Republik wegen der UN-Sanktionen weitgehend zum Erliegen gekommen ist. Für die Lira-Milliarden kauft der Iran türkisches Gold, so eine naheliegende Vermutung.

Die steigende Goldnachfrage aus dem Iran ist in mehrfacher Hinsicht ein Segen für die Türkei. Die türkischen Goldexporte haben sich in den ersten acht Monaten 2012 mehr als vervierfacht. Das kurbelt die Goldproduktion in Kleinasien weiter an. Die Fördermenge hat sich ohnehin seit 2005 vervierfacht. Dank der Goldexporte hat sich auch das chronische Defizit in der Außenhandelsbilanz deutlich verringert: Der Fehlbetrag ging im August um 30 Prozent zurück. Und auch die Kuriere, die das Gold in ihrem Handgepäck ins Flugzeug schleppen, verdienen gut an dem Exportboom. Die wertvollen Barren als Luftfracht aufzugeben wäre zu riskant, die Versicherungsprämien zu kostspielig. Die Arbeit der Kuriere ist völlig legal, so lange sie das ausgeführte Gold beim Zoll am Flughafen unter Angabe ihrer Personaldaten und Steuernummer deklarieren. Bis zu 50 Kilo darf jeder Passagier aus Istanbul im Reisegepäck mitnehmen. 50 Kilo Gold haben einen Wert von mehr als 2,1 Millionen Euro.

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