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Der Coradia iLint, der weltweit erste Wasserstofftriebzug für den Regionalverkehr, ist im Bahnhof von Basdorf zu Gast.

© Bernd Settnik/dpa

Batteriezüge: Alternative Bewegung

Welche Antriebstechnologien auf Dieselstrecken? Brennstoffzellen oder Batterien könnten Züge auf die Schiene bringen.

Deutschland redet und streitet über den Autodiesel. Derweil rußt die Eisenbahn ebenso kräftig vor sich hin. Von den gut 7000 Lokomotiven und Triebwagen der Deutschen Bahn AG fahren 2380 mit Diesel. Davon erfüllen 468 eine moderne Umweltnorm, der Rest nur eine uralte – oder gar keine Norm.

„Maßgeblich für die Einhaltung von Emissionsgrenzwerten ist der Zeitpunkt des Inverkehrbringens des jeweiligen Dieselmotors“, teilte die Bundesregierung dem FDP-Abgeordneten Torsten Herbst im Jahr 2018 auf eine Anfrage mit. Aus dieser sind auch die Zahlen. Nicht erwähnt werden die vielen, teilweise uralten Loks aus sowjetischer Produktion, die bei vielen Privatunternehmen vor Güterzüge gespannt werden. Als Abhilfe empfiehlt die Bundesregierung die Elektrifizierung von Strecken, wohl wissend, dass es damit in den vergangenen Jahren nur langsam voran ging. 40 Prozent der 34000 Kilometer Gleise haben immer noch keine Oberleitung. Zum Vergleich: Die Schweiz fährt 100 Prozent elektrisch.

Die Industrie präsentiert nun zwei Lösungen, um Dieselzüge zu ersetzen: Triebwagen mit Brennstoffzelle und mit Batteriebetrieb. Welche dieser beiden Technologien das Rennen machen wird, oder ob es beide sein werden, ist noch offen. Einen kleinen Vorsprung hat Wasserstoff: In Niedersachsen fährt seit 2018 der „Coradia iLint“ des französischen Herstellers Alstom im Fahrgastbetrieb, und zwar von Buxtehude und Bremerhaven. Eine Brennstoffzelle erzeugt Strom aus Wasserstoff. Mit einer Füllung kommt der Zug 800 Kilometer weit – das ist der Vorteil. Allerdings sind die Technik komplex und die Tankstellen teuer – ein Nachteil. Der Zug war kürzlich auf der Heidekrautbahn im Norden Berlins zu einer Probefahrt von Basdorf bis Gesundbrunnen zu Besuch. Die gerade veröffentlichte Ausschreibung des Verkehrsverbundes VBB für die Heidekrautbahn sieht Wasserstoffzüge vor.

Offen ist, wie lange die Batterien halten

Batteriezüge kommen bislang nur 40 bis 100 Kilometer weit. Ebenfalls auf der Heidekrautbahn hatte der Schweizer Hersteller Stadler im Herbst 2018 seinen batteriegetriebenen „Akku Flirt“ vorgestellt. Er holt sich den Strom aus der Oberleitung – wenn es eine gibt. Beispiel RB33, die Linie verbindet Berlin und Jüterbog. 20 Minuten dieselt derzeit der Triebwagen von Wannsee bis Seddin, hier endet die Oberleitung. Elektrisch könnte der Zug den Rest bis Jüterbog bewältigen – eine perfekte Strecke für den Batteriezug. In Deutschland gibt es viele Strecken, bei der nur ein kleinerer Teil nicht elektrifiziert ist und deshalb der Diesel auf der Gesamtstrecke zum Einsatz kommen muss. In der Regel sind die nicht elektrifizierten Abschnitte 40 bis 80 Kilometer lang, bundesweit gibt es nur zwei längere Strecken ohne Strom.

Bombardier hat einen ähnlichen Zug entwickelt, den „Talent 3“. Er soll ab Sommer von der Bahn rund um Ulm im Alltagsbetrieb getestet werden. Der Bund unterstützt diese drei Hersteller bei der Entwicklung mit mehreren Millionen Euro. Eine andere Lade-Lösung präsentierte der britische Hersteller Vivarail Mitte März 2019. Per Schnellladung kann der neue Triebwagenzug an den beiden Endstationen binnen sieben Minuten für 100 Kilometer Fahrt geladen werden. Diese Technik über Pantografen will die BVG bei einem Teil ihrer Busflotte künftig einsetzen. Offen ist allerdings, wie lange die Batterien halten. Jeder kennt den Effekt, dass die Leistung eines Akkus, zum Beispiel im Smartphone, nach einigen Jahren drastisch nachlässt. Züge haben eine kalkulierte Lebensdauer von 30 Jahren, Batterien werden das nicht schaffen. Die Wirtschaftlichkeit eines Zuges hängt maßgeblich also davon ab. Die Batterien wiegen etwa 10 Tonnen, bei rund 100 Tonnen Gesamtgewicht eines Triebzuges. Schwerer werden die Züge nicht, weil auf andere Technik verzichtet werden kann. Batteriekritiker verweisen auf die schlechte Umweltbilanz bei der Herstellung und Entsorgung. Dafür kann ein Zug effizienter mit Batterien als mit Wasserstoff betrieben werden.

Einen Vorteil haben beide Techniken gemein: Sie sind deutlich leiser als ein Diesel. Verkehrsverbünde in mehreren Bundesländern haben alternative Antriebe bei Ausschreibungen für einzelne Strecken oder Netze zwingend vorgegeben.

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