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Wirtschaft: Bayer: Konzernchef Schneider wirbt um Vertrauen

Der Pharmakonzern Bayer hat sich am Montag mit ganzseitigen Anzeigen in überregionalen Zeitungen an die Öffentlichkeit gewandt. Bayer-Chef Manfred Schneider verteidigte in dem "Offenen Brief" seine Informationspolitik bei der Rückrufaktion des Medikaments Lipobay und warb bei den Anlegern um Vertrauen.

Der Pharmakonzern Bayer hat sich am Montag mit ganzseitigen Anzeigen in überregionalen Zeitungen an die Öffentlichkeit gewandt. Bayer-Chef Manfred Schneider verteidigte in dem "Offenen Brief" seine Informationspolitik bei der Rückrufaktion des Medikaments Lipobay und warb bei den Anlegern um Vertrauen. "Der Rückzug des Medikaments hat unser Unternehmen erschüttert - nicht aber in seinen Grundfesten", schreibt der Bayer-Chef. "Wir wollen das verloren gegangene Vertrauen möglichst schnell zurückgewinnen."

Bayer hatte das Cholesterin senkende Medikament Lipobay/Baycol nach Meldungen über Todesfälle vor zwei Wochen weltweit vom Markt genommen. Bisher sind dem Unternehmen nach eigenen Angaben 52 Todefälle bekannt. Mit den Anzeigen reagiert Bayer auf den Vorwurf, die Öffentlichkeit und die Behörden nicht rechtzeitig über die Gefahren der Arznei informiert zu haben. "Dagegen wehren wir uns", heißt es in der Anzeige. Der Konzern habe die Weltöffentlichkeit unverzüglich informiert.

Immer häufiger versuchen Unternehmen mit aufwändigen Anzeigenkampagnen, ihre Sicht der Dinge in die Öffentlichkeit zu transportieren. Erst in der vergangenen Woche hatte die Telekom nach dem Kurssturz der T-Aktie versucht, die Anleger in einem Offenen Brief zu beruhigen. Darin zählt Telekom-Chef Ron Sommer die Vorzüge seines Unternehmens auf. Die schwache Kursentwicklung stehe "in krassem Widerspruch" zur guten Positionierung des Unternehmens. Ob informierende Anzeigen dieser Art allerdings die gewünschte Wirkung in der Öffentlichkeit erzielen, ist unter Kommunikationsexperten umstritten.

"Der Offene Brief von Bayer ist eine typische Rechtfertigungsanzeige, die kein Mensch liest", sagt Michael Hundt, Geschäftsführer der Werbeagentur Grey. Die gewünschte Botschaft, eine sachliche Information, komme beim Publikum nicht an. "Ein offener Brief in dieser Form gibt das Signal, dass man nicht mehr Herr der Lage ist." Mit dem Thema setze sich die Mehrheit der Bevölkerung nicht rational, sondern emotional auseinander. "Immerhin sind 52 Menschen gestorben", betont Hundt. Die Anzeigen verstärken nach Ansicht des Werbeexperten eher den Eindruck, bei Bayer sei etwas faul.

Weniger kritisch gegenüber informierenden Anzeigen ist Dirk Evenson, Geschäftsführer der Werbeagentur Scholz & Friends Berlin. "Bayer hat die im Raum stehenden Fragen beantwortet. Und es gab offene Fragen." Das Unternehmen habe in dieser schwierigen Situation keine andere Wahl gehabt, als in die Offensive zu gehen. "Das ist besser, als das Problem tot zu schweigen."

Die als Infomercials bezeichneten Anzeigen werden nach Angaben von PR-Experten von den Unternehmen genutzt, um Informationen ungefiltert darzustellen. "Die Firmen wollen der in den Medien herrschenden Meinung etwas entgegensetzen", erläutert Jörg Ihlau, Geschäftsführer der PR-Agentur Kohtes Klewes. "Das Unternehmen demonstriert damit in einer Krisensituation seinen Partnern, Mitarbeitern und Aktionären, dass es sich um das Problem kümmert und die Sorgen der Anleger ernst nimmt."

Infomercials als Mittel der Krisen-PR nutzte zum Beispiel Shell während der Auseinandersetzung um die Entsorgung der Bohrinsel Brent Spar. Der Autohersteller Daimler-Chrysler versuchte das Elchtest-Debakel der A-Klasse mit erklärenden Anzeigen zu entschärfen. Als besonders pietätvoll gilt die Anzeige der Deutschen Bahn nach dem Zugunglück von Eschede. Der Text bestand lediglich aus vier Sätzen, in denen die Geschäftsleitung den Angehörigen ihr Mitgefühl aussprach und den Helfern dankte.

msh

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