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Schönes Beamtenleben? Eher nicht für Justizvollzugsbeamte, die als Berufsanfänger in Berlin 1680 Euro im Monat bekommen. In keinem anderen Bundesland werden Beamte so schlecht bezahlt wie in Berlin.

© picture alliance / ZB

Beamtenbesoldung: Jedes Land macht, was es will

Eine Folge der Föderalismusreform: Jedes Bundesland bezahlt seine Beamte mehr oder weniger nach Kassenlage. In Berlin gibt es im Schnitt 20 Prozent weniger Geld als in Bayern.

Berlin - Arbeit im Gefängnis ist nie ein Vergnügen, aber in Berlin noch viel weniger als in Bayern. Das hängt mit der Besoldung der Justizvollstreckungssekretäre zusammen. In Berlin und in Bayern bekommen diese Beamten A6, doch in Berlin macht die Besoldungsgruppe A6 für Berufsanfänger 1680 Euro aus und in Bayern 1905 Euro. Nimmt man alle Beamtenberufe zusammen, dann „klafft zwischen Berlin und Bayern eine Besoldungslücke von fast 20 Prozent“, hat Klaus Dauderstädt, der Vorsitzende des Beamtenbundes dbb ausgerechnet. „Jedes Land macht bei der Besoldung inzwischen, was es will, und die Einheitlichkeit der Bezahlung geht vollends verloren“, klagt Dauderstädt. Ein Studienrat in Brandenburg (A13) steigt bei 3190 Euro ein, in Bayern dagegen beginnt das Berufsleben des Lehrers bei 3574 Euro. Bei solchen Unterschieden „liegen die Abwerbe-Effekte auf der Hand“, sagte Dauderstädt dem Tagesspiegel.

Die Politik hat es so gewollt. Mit der Förderalismusreform 2006 wurde die Beamtenbesoldung wieder in die Hoheit der einzelnen Bundesländer verlagert. Ein Kursschwenk zurück in die Vergangenheit: In den westdeutschen Wirtschaftswunderjahren ließen sich die Bundesländer immer mehr auf einen Besoldungswettlauf um die Beamten ein. Zu Lasten der armen Länder, die sich schließlich hilfesuchend und mit Erfolg an den Bund wandten: 1971 wurde der Besoldungsföderalismus gestoppt und die Beamten anschließend weitgehend einheitlich bezahlt. Das ist Geschichte. In der Gegenwart macht jedes Land tatsächlich, was es will, wie in diesen Wochen bei der Übertragung des Tarifabschlusses für die Länderangestellten auf die Beamten zu beobachten ist.

Das reiche Bayern übernimmt die Tariferhöhung eins zu eins und zahlt rückwirkend zum 1. Januar seinen Beamten 2,65 Prozent und zum 1. Januar 2014 weitere 2,95 Prozent mehr. Am knauserigsten ist Rheinland-Pfalz, wo die Beamten jedes Jahr (bis 2016) nur ein Prozent mehr Geld bekommen. Das Land Berlin gibt seinen 73 400 Beamten 2,5 Prozent zum 1. August 2014 und ein Jahr später nochmal 2,5 Prozent mehr. Wobei Berlin ein Sonderfall ist und in diesem August noch weitere zwei Prozent drauflegt, um den Einkommensrückstand aufzuholen, der sich wegen der jahrelangen Sparbemühungen außerhalb der Tarifgemeinschaft der Länder ergeben hatte.

Bei Beamtenbund und den Gewerkschaften der Lehrer und Polizisten ärgert man sich vor allem über die Willkür, mit der die Dienstherren die Besoldung erhöhen – oder eben nicht. Bei den Tarifangestellten, die streiken dürfen, verständigten sich die Länder im Frühjahr auf eine Erhöhung um 5,6 Prozent in zwei Stufen. Bei den Beamten, die nicht streiken dürfen, gebe es dagegen eine Erhöhung nach Kassenlage, empören sich die Gewerkschaften. „Die armen Länder werden nicht nur bei der Nachwuchsgewinnung den Kürzeren ziehen und mittelfristig geschwächt“, meint dbb-Chef Dauderstädt. „Ein schlecht bezahlter öffentlicher Dienst verliert über kurz oder lang seine Qualität und Leistungsfähigkeit.“

Es geht insgesamt um die Bezahlung von 1,3 Millionen Beamten, wovon mit 265 000 die meisten in Nordrhein-Westfalen tätig sind. Dort spielte sich in der vergangenen Woche aus Sicht der Gewerkschaften das jüngste Ärgernis ab. Die rot- grüne Regierung beschloss ein Gesetz mit einer Staffelung: Auf die unteren Besoldungsgruppen bis A10 wird der Tarifabschluss voll übertragen, A11 und A12 bekommen 2013 und 2014 jeweils ein Prozent und ab A13 gibt es nichts. Polizeihauptkommissar, Feuerwehrbrandmeister oder Lehrer müssen also zwei Jahre mit Nullrunden leben. Das Land spart dadurch 700 Millionen Euro. Finanzminister Norbert Walter-Borjans betonte im Düsseldorfer Landtag die „Vorgaben des Grundgesetzes zur amtsangemessenen Alimentation der Beamten“. Die Schuldenbremse mit der Vorgabe, „2020 zu einem Haushaltsausgleich ohne neue Kredite“ kommen zu müssen, lasse dem Land aber keine andere Wahl. Wenn er sich da nicht täuscht: Verfassungsrechtler haben Zweifel am Vorgehen der Landesregierung, und die Düsseldorfer Opposition hat bereits den Gang nach Karlsruhe angekündigt. Die Beamten dürften nicht zur Haushaltssanierung herangezogen werden, lautet die Argumentation, und der Dienstherr verletze das Alimentationsprinzip und seine Fürsorgepflicht.

Neben Bayern sind es Baden-Württemberg, Hamburg und Niedersachsen, die den Großteil des Tarifabschlusses auf ihre Beamten übertragen. Offenkundig spielt es also keine Rolle für die Besoldungshöhe, ob eine schwarze, rote oder grüne Regierung an der Spitze des Landes steht. Es geht schlicht ums Geld. „Das ist unfair gegenüber Menschen, die aufgrund ihres besonderen Dienst- und Treueverhältnisses besonders loyal zum Staat stehen“, ärgert sich Beamtenbund- Chef Dauderstädt. Das Qualitätsniveau im öffentlichen Dienst sei so nicht zu halten, und auch das Prinzip der „ Einheitlichkeit der Lebensverhältnisse gerät gefährlich ins Wanken“. Spätestens, wenn es wieder zu nennenswerten Beamtenbewegungen von den armen in die reichen Länder komme, werde deutlich sein, dass „die Föderalismusreform gescheitert ist“, meint Dauderstädt.

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