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Wirtschaft: Bei Codon ermittelt der Staatsanwalt

Strafanzeige gegen Vorstand des Biotechnologieunternehmens vom ehemaligen Aufsichtsrat

Berlin (dr). Die Zukunft des BerlinBrandenburger Biotechnologieunternehmens Codon bleibt offen. Die Aktionäre müssen immer noch auf die Vorlage von Geschäftszahlen für das Jahr 2002 und die Einberufung einer Hauptversammlung warten.

Zwar kündigte das einzige noch verbliebene Vorstandsmitglied Olivera Josimovic- Alasevic noch vor Wochenfrist im Tagesspiegel an, die Codon AG werde „in Kürze“ einen Geschäftsbericht für das Jahr 2002 vorlegen, auch die Hauptversammlung werde noch im September stattfinden. Inzwischen ist der Termin aber offenbar verschoben worden. Der Geschäftsbericht solle „sehr bald“ vorliegen, so Josimovic-Alasevic. Alle Unterlagen lägen bei den Wirtschaftsprüfern, die Aktionärsversammlung werde voraussichtlich in der zweiten Oktoberwoche stattfinden. Die Codon AG ist im so genannten Tissue Engeneering tätig. Aus körpereigenen Zellen eines Patienten werden zum Beispiel Bandscheibenzellen gezüchtet und dem Patienten wieder eingesetzt.

Bei Codon streitet man seit längerem über die Strategie und mögliche Partner. Der Riss geht durch Vorstand und Aufsichtsrat, mehrere Beteiligte haben das Unternehmen inzwischen verlassen. So der ehemalige Vorstandskollege von Josimovic-Alasevic, Karl-Gerd Fritsch, der am vergangenen Montag fristlos gekündigt hat. Fritsch konnte sich mit seinen Vorstellungen nicht durchsetzen. Er favorisierte einen Schweizer Finanzinvestor und wurde dabei von dem Aufsichtsratsmitglied Edgar Most, Mitglied der Geschäftsleitung der Deutschen Bank in Berlin, unterstützt. Most hat inzwischen sein Aufsichtsratsmandat niedergelegt. Er begründete sein Ausscheiden in einem Brief, der dem Tagesspiegel vorliegt, mit den Worten: „Alle Bemühungen meinerseits, die Codon AG durch neue personelle und inhaltliche Strukturen (Holding) unter Einbeziehung von zusätzlichem Kapital zu stabilisieren, wurden im Vorstand von Frau Dr. Alasevic und dem Mitglied des Aufsichtsrates, Herrn Dr. Alexander, blockiert.“

Josimovic-Alasevic spricht hingegen mit so genannten strategischen Partnern aus den USA. Diese sollen Marketing und Vertrieb der Produkte von Codon übernehmen. „Codon behält die Produktion und damit auch die Technologie und die Expertise für die klinische Forschung“, bekräftigte Josimovic-Alasevic in dieser Woche erneut. „Wir verkaufen ihnen die Technologie nicht.“

Einen Ausverkauf der Technologie aber befürchtet Fritsch. In diesem Frühjahr reiste er zusammen mit Melene Bahner in die USA. Bahner war seit Herbst 2001 zunächst als Mediatorin, später als Organisationsberaterin für Codon tätig. Frisch wollte nach eigener Aussage unter anderem prüfen, ob die notwendigen Verträge über die Geheimhaltung unterzeichnet worden seien. In diesen Verträgen habe er Formfehler festgestellt, auch seien keine Vertragsstrafen vereinbart gewesen.

Bahner legt Wert darauf, dass sie als Organisationsberaterin und nur in dieser Eigenschaft zur Vorbereitung der Gespräche im Auftrag von Codon in die USA gereist sei. Der Aufsichtsrat habe denn auch die Ergebnisse der Reise „mit großem Interesse zur Kenntnis genommen“. Bahner legt zudem Wert darauf, dass sie den Beteiligten an den Vorgängen bei Codon niemals eine kriminelle Strategie unterstellt habe.

Fritsch fürchtet, dass die Amerikaner vor allem an der Technologie von Codon interessiert sind, und schließt auch Geheimnisverrat nicht aus. Er will die Geheimhaltungsverträge im Original sehen. Doch dies verweigert laut seiner Aussage Josimovic-Alasevic bis heute. Fritsch hat die Konsequenz gezogen und bei der Staatsanwaltschaft in Potsdam Strafanzeige gestellt. Der Vorwurf lautet Urkundenunterdrückung. Die Staatsanwaltschaft bestätigt: „Wir ermitteln.“

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