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Wirtschaft: Bei Schering ist wieder alles offen

Darmstädter Merck-Konzern stockt Anteile an Schering auf zehn Prozent auf – und gefährdet damit die Übernahmepläne von Bayer

Berlin - Im milliardenschweren Übernahmepoker um den Berliner Pharmakonzern Schering durch Bayer wird es wenige Tage vor dem Ende der Übernahmefrist noch einmal spannend. Der Darmstädter Konkurrent Merck, der zuvor von Bayer ausgebootet worden war, hat nach einer Mitteilung an die US-Börsenaufsicht SEC seinen Schering-Anteil in der vergangenen Woche von knapp fünf auf 10,1 Prozent aufgestockt. Über die Frage, was Merck jetzt vorhat, konnten Investoren am Freitag nur spekulieren. Auch Bayer zeigte sich überrascht. „Das Verhalten von Merck wirkt wie der Versuch einer Blockadepolitik, um die Übernahme der Aktien durch Bayer zu erschweren“, kommentierte der Konzern, der am Freitag ankündigte, selbst Schering-Aktien an der Börse kaufen zu wollen. Ein Merck-Sprecher wollte sich zu den Plänen des Unternehmens nicht äußern.

Damit steht vor der sicher geglaubten Übernahme von Schering durch Bayer wieder ein Fragezeichen. „Die Gefahr ist groß, dass die ganze Sache floppt“, hieß es in Finanzkreisen. Einzelne Analysten rieten Schering-Aktionären bereits davon ab, ihre Anteile an Bayer zu veräußern. Von der erhofften Dreiviertelmehrheit, die Bayer bis zum Ende der verlängerten Annahmefrist am kommenden Mittwoch erzielen will, ist der Konzern noch weit entfernt. Bis Donnerstag waren Bayer erst 40 Prozent der Schering-Anteile angedient worden. Die Übernahme von mindestens 75 Prozent des Grundkapitals hatte Bayer zur Voraussetzung für die Übernahme gemacht.

Trotz der unerwarteten Attacke von Merck will Bayer an seinem Ziel festhalten. „Wir sind weiter fest zu einer Übernahme entschlossen“, sagte Bayer-Vorstandschef Werner Wenning am Freitag. Die Bayer-Aktie war zum Börsenschluss mit einem Minus von 1,46 Prozent dennoch größter Verlierer im Dax. Schering-Aktien legten dagegen leicht zu.

Der Betriebsrat von Schering äußerte sich besorgt über die Entwicklung. Das Unternehmen selbst wollte keinen Kommentar abgeben.

Was Merck mit der Aufstockung seiner Schering-Anteile bezweckt, war gestern Gegenstand heftiger Spekulationen. Als eine Variante wird gehandelt, dass Merck einen höheren Preis herausschlagen will als die gebotenen 86 Euro. Wenn mehr als 75 Prozent der Schering-Aktionäre das Bayer-Angebot annehmen, könnte Merck sich den Verkauf seines Schering-Pakets von Bayer teuer bezahlen lassen – und ansonsten die Zwangsabfindung der restlichen Aktionäre und den Rückzug von der Börse blockieren.

Merck könnte die Übernahme auch ganz vereiteln. Sollte Bayer die Dreiviertelmehrheit nicht erreichen und die Übernahme damit scheitern, dürfte Bayer ein Jahr lang kein neues Angebot vorlegen. Das sieht das Wertpapier-Übernahmegesetz vor. Eine Ausnahme ist nur dann zulässig, wenn Schering und die Finanzaufsicht Bafin zustimmen.

Das könnte Voraussetzung für die dritte Variante sein: „Merck könnte erneut zum Angriff blasen – und ein neues Angebot für Schering vorlegen“, sagte Norbert Bart von der DZ Bank. Sollte Merck mehr als 30 Prozent der Aktien erhalten, müssen die Darmstädter laut Gesetz sogar ein Pflichtangebot abgeben.

Beim Kauf von Schering-Aktien an der Börse ist Merck derzeit im Vorteil: Weil das Papier über 86 Euro kostet, darf Bayer nicht kaufen – eine Folge der verlängerten Übernahmefrist, die Bayer Änderungen der eigenen Offerte von 86 Euro untersagt. Im elektronischen Handel wurden gestern 33,6 Millionen Schering-Aktien umgesetzt – ein Rekordvolumen.

Maren Peters

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