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Wirtschaft: Beifall für Tarifkompromiss bei Volkswagen

Arbeitsplätze sicher bis 2011, keine Lohnerhöhung bis Anfang 2007/VW sieht Sparziel von einer Milliarde Euro erreicht

Berlin - Nach dem Tarifkompromiss bei Volkswagen sehen sich beide Seiten als Gewinner. VW-Personalchef Josef-Fidelis Senn sagte am Mittwoch „unser Konzept konnte in den wesentlichen Punkten umgesetzt werden“. IG-Metall-Verhandlungsführer Hartmut Meine sagte, „erstmals werden mit einem Tarifvertrag 103000 Arbeitsplätze für die Zukunft abgesichert“. Nach rund 27-stündigen Verhandlungen hatten sich die Tarifparteien am Mittwochmittag auf einen Kompromiss verständigt.

Danach gibt es in den sechs westdeutschen Werken mit insgesamt 103000 Beschäftigten bis 2011 keine betriebsbedingten Kündigungen. Dafür gibt es keine Tariferhöhung in den kommenden 28 Monaten; da der neue Haustarif rückwirkend zum 1.Oktober in Kraft gesetzt wird, bekommen die Beschäftigten also frühestens im Februar 2007 eine Lohnerhöhung. Allerdings gibt es im kommenden März für jeden VW-Mitarbeiter eine Einmalzahlung von 1000 Euro.

VW will bis 2011 die Arbeitskosten in den westdeutschen Fabriken um zwei Milliarden Euro oder 30 Prozent reduzieren. „Unser heutiges Ergebnis ist ein wesentlicher Schritt in diese Richtung“, sagte Senn. Seinen Angaben zufolge spart VW auf Grund des neuen Haustarifs ab 2006 jährlich eine Milliarde Euro. In der Tarifrunde 2007 müsste demnach eine weitere Milliarde gespart werden. IG-Metall-Verhandlungsführer Meine bewertete das Ergebnis als „fairen Ausgleich“. Widersprüchlich äußerten sich beide Seiten über die Höhe der künftigen Entgelte für neu eingestellte Mitarbeiter. „Das neue System liegt auf dem Niveau des Metall-Flächentarifs“, erklärte Senn. Dagegen sagte Meine, die Einkommen würden „oberhalb des Flächentarifs liegen“. Der Flächentarif liegt etwa ein Fünftel unter dem Niveau des VW-Haustarifs.

Sowohl IG-Metall-Chef Jürgen Peters als auch Arbeitgeberpräsident Dieter Hundt begrüßten den Tarifkompromiss. Peters bezeichnete es aber als „Wermutstropfen“, „dass Neueinstellungen zu anderen Konditionen als den jetzt bestehenden erfolgen“. Hundt zufolge zeigt das Tarifpaket, „wie es gelingen kann, durch deutliche Reduzierung der Arbeitskosten in Deutschland Arbeitsplätze zu halten und neue Beschäftigung zu sichern“. Er stellte vor allem die „28-monatige Nullrunde, die Absenkung der Tarife bei Neueinstellungen und die mögliche Verlängerung der Arbeitszeit ohne Zuschläge“ heraus. Peters meinte dagegen, mit der Einmalzahlung von 1000 Euro habe die IG Metall eine Nullrunde verhindert. Erleichtert äußerte sich der Präsident des Verbandes der Automobilindustrie (VDA): „Uns fällt ein tonnenschwerer Stein vom Herzen“, sagte Bernd Gottschalk in Frankfurt. Er sprach von einem „positiven Zukunftssignal“.

VW war ursprünglich mit einem sieben Punkte umfassenden Sparprogramm in die Verhandlungen gegangen. In den meisten Punkten gab es einen Kompromiss. Abwehren konnte die IG Metall das „Co-Investment für Beschäftigung“. Das sollte bei anstehenden Investitionsentscheidungen den jeweiligen Standorten ermöglichen, zum Beispiel mit einer Verlängerung der Arbeitszeit die Chancen auf den Zuschlag zu erhöhen. Auch ohne dieses Instrument erreichte die IG Metall, dass im Stammwerk Wolfsburg von 2007 an der neue kleine Geländewagen auf Golf-Basis gebaut wird. Bis zuletzt umstritten war die Übernahme von Ausgebildeten. VW wollte die Übernahmepflicht abschaffen, die Ausbildungsvergütung senken und im Gegenzug mehr Ausbildungsplätze schaffen. Am Ende blieb es dann bei einer Übernahmeverpflichtung von 85 Prozent und 185 zusätzlichen Ausbildungsplätzen. Die Börse reagierte negativ auf das Ergebnis, die VW-Aktie verlor rund drei Prozent.

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