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Wirtschaft: Benzinpreise: Rechtzeitig zum Ferienbeginn fallen die Spritpreise

Beim Autofahren hört der Spaß ja bekanntlich auf. Wenn die Benzinpreise zur Urlaubszeit wie jedes Jahr ansteigen, vermutet der aufgebrachte Autobesitzer dahinter meist eines: Abzocke und Preisabsprachen zwischen den Ölmultis.

Beim Autofahren hört der Spaß ja bekanntlich auf. Wenn die Benzinpreise zur Urlaubszeit wie jedes Jahr ansteigen, vermutet der aufgebrachte Autobesitzer dahinter meist eines: Abzocke und Preisabsprachen zwischen den Ölmultis. Zuletzt protestierten die Automobilclubs vor den Pfingstferien gegen die Preispolitik der Ölkonzerne. Während die Benzinlieferanten ihre Handelspreise nach unten korrigierten, würden zur gleichen Zeit Endverbraucher an den Zapfsäulen mit überhöhten Abgabepreisen geschröpft: "Damit wird einmal mehr klar, dass es auf dem Benzinmarkt nicht mit rechten Dingen zugeht", argumentierte der Auto Club Europa (ACE) und rief zum Boykott von Markentankstellen auf.

Wahr ist, dass die Kraftstoffpreise an Ostern und Pfingsten ihren bisherigen Höhepunkt fanden. Der bundesweite Durchschnittspreis für einen Liter Superbenzin lag damals bei 2,19 beziehungsweise 2,17 Mark. Wahr ist aber auch, dass die Spritpreise seit knapp zwei Monaten wieder im Fallen sind. Den Liter Superbenzin gibt es derzeit für durchschnittlich 1,98 Mark. Zum Ferienbeginn gibt es jetzt also keinen Grund, eine Sommerpreistaktik der Ölmultis zu beklagen. Grafik: Benzinpreise der EU Doch wie kommt es zu solchen Preisschwankungen? Heino Elfert, Ölexperte und Herausgeber des Energie Informationsdienstes (EID), begründet den Preishochstand im Frühling durch die große Nachfrage in den USA. "Die Amerikaner haben sich in Rotterdam so stark eingedeckt, dass sie heute die höchsten Lagerbestände an Benzin seit zehn Jahren haben." Grund: Die USA verzeichneten auch wegen ihrer hauseigenen Energiekrise einen Engpass bei Benzin. Steigt die Nachfrage, steigt auch der Preis. Das hatte nicht nur Auswirkungen auf deutsche, sondern auch auf europäische Tankstellen.

Generell ist Deutschland in Sachen Benzinpreis das günstigste Land in der EU. "Das konnte man schon im ganzen letzten Jahr beobachten", sagt Ölexperte Elfert. Basis für diesen Vergleich sind die Benzinpreise ohne Steuern. Doch auch der Vergleich der Tankstellenpreise also inklusive der landesüblichen Steuern in den EU-Staaten zeigt: Deutschland liegt im Mittelfeld. Großbritannien, Holland, Frankreich, Italien, Dänemark liegen zum Teil deutlich darüber.

Verantwortlich für den relativ günstigen Benzinpreis ist vor allem eines: Der harte Wettbewerb im Tankstellengeschäft. Er führte in den vergangenen Jahrzehnten zu einer stetigen Ausdünnung des Tankstellennetzes. 1970 existierten über 45 000 Tankstellen in den alten Bundesländern, heute sind es deutschlandweit gerade noch 16 000. Gleichzeitig hat sich die Zahl unterschiedlicher Anbieter verringert. Und die Konzentration geht weiter.

Jüngstes Beispiel ist das Joint-venture zwischen Shell und Dea, die 25 Prozent des deutschen Tankstellenmarktes abdecken. Dazu kommt jetzt noch die beabsichtigte Übernahme von Aral durch BP; weitere 25 Prozent fallen ihnen zu. Um Kosten zu sparen, werden weitere Zapfsäulen stillgelegt. Nach einer Modellrechnung des Mineralölwirtschaftsverbandes (MWV) müssten aus wirtschaftlicher Sicht etwa 4000 weitere Tankstellen bis 2010 verschwinden.

Kritiker warnen derzeit davor, dass die jüngsten Konzentrationsbestrebungen schädlich für den Wettbewerb sein könnten. Sie befürchten negative Auswirkungen auf die Kraftstoffpreise. Ölexperte Elfert hat da weniger Bedenken: "Die Benzinmärkte bleiben auf jeden Fall funktionsfähig." Neben den wenigen großen Anbietern existierten ja auch noch die Supermarkttankstellen mit einem Marktanteil von über zehn Prozent und auch freie Mittelständler. "Die liefern sich einen irrsinnigen Wettbewerb mit den Markentankstellen und werden auch in Zukunft für heftigen Wind sorgen", sagt Elfert. Sonst könnte man die hohen Verluste der Tankstellen von einer Milliarde Mark im vergangen Jahr gar nicht erklären. Allein Shell hat im Jahr 2000 an den Tankstellen insgesamt 170 Millionen Mark verloren. Jürgen Albrecht vom größten deutschen Autoklub ADAC gibt jedoch zu bedenken, dass der Wettbewerb aber nur regional funktioniere: "Rohöl aus Rotterdam kostet in Berlin nicht weniger als in München oder Freiburg. Trotzdem habe der ADAC bei seiner letzten monatlichen Kraftstoffpreiserhebung zwischen unterschiedlichen Städten Preisunterschiede beim Benzin von 16 Pfennig festgestellt. Wenn eine Stadt im Wesentlichen von großen Tankstellenmarken dominiert werde, sei der Preis dort höher als in Städten mit einem größeren Anteil von freien Tankstellen. "30 Kilometer Distanz kann beim Preis schon sehr viel ausmachen", sagt Albrecht.

Darum bestehe auch Berlin als flächenmäßig große Stadt zwangsläufig aus unterschiedlichen Teilmärkten. Während der Liter Normalbenzin nach ADAC-Angaben bei einer freien Tankstelle in Tempelhof derzeit 1,88 kostet, zahlt der Verbraucher in Spandau zehn Pfennig mehr pro Liter. "Es nützt einem Autofahrer am einen Ende von Berlin ja überhaupt nichts, wenn der weiß, dass am anderen Ende der Stadt eine wesentlich günstigere Tankstelle existiert, wenn er dort nicht zufällig vorbeikommt." Wer den Überblick in der Benzinpreisentwicklung im In- und Ausland nicht verlieren möchte und immer auf der Suche nach der billigsten Tankstelle ist, für den gibt es zahlreiche Serviceangebote im Internet. So bietet der ADAC seinen Mitgliedern eine übersichtliche Suchmaschine im Internet für die günstigste Tankstelle in der Umgebung, aber auch die Durchschnittspreise für Benzin im Ausland.

Tobias Symanski

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