zum Hauptinhalt
231277_0_0d994c97

© ddp

Benzinpreise: Wahlkampf gegen Abzocke

Die Politik beklagt die hohen Benzinpreise. Doch jetzt wird Öl wieder teurer. Was sollen Autofahrer tun?

Berlin - Wie schnell sich das Bild ändert: Am Montag forderte FDP-Chef Guido Westerwelle die Mineralölkonzerne auf, sinkende Rohölpreise an die Verbraucher weiterzugeben und die Benzinpreise zu senken. Es sei nicht akzeptabel, dass dies bislang nicht geschehe, sagte Westerwelle nach einer Tagung der FDP-Fraktionsvorsitzenden aus Bund und Ländern. Seit Juli seien die Preise für Rohöl um 30 Prozent eingebrochen, der Benzinpreis aber nur um fünf Prozent gesenkt worden. „Das stinkt zum Himmel“, sagte Westerwelle. Was Westerwelle nicht ahnen konnte: Am Montag abend schossen an der New York Börse die Preise für Rohöl in die Höhe. Ein Barrel (159 Liter) Rohöl kostete vorübergehend 130 Dollar – und damit 25 Dollar mehr als am Freitag. Deutschlands Autofahrer müssen sich daher wohl schon bald auf eine neue Preisrunde an den Tankstellen gefasst machen.

Dabei sind sie ohnehin schon gebeutelt. Markige Worte hatte Verbraucherschutzminister Horst Seehofer (CSU) in der vergangenen Woche gefunden, als er über das Phänomen der nur moderat sinkenden Spritpreisen an deutschen Zapfsäulen sagte: „Natürlich ist das Abzocke.“ Deutschland habe in dem ganzen Energiebereich viel zu wenig Wettbewerb und eine viel zu starke Konzentration auf wenige Konzerne.

Fast drei Viertel der rund 14 900 Tankstellen in Deutschland gehören zu den fünf führenden Benzinmarken Aral, Shell, Esso, Total und Jet. Diese erreichen zusammen einen Marktanteil von 72,5 Prozent des deutschen Treibstoffabsatzes. So scheint es naheliegend, dass dort fragwürdige Mauscheleien stattfinden. Auf der anderen Seite gelang es dem Kartellamt in den vergangenen Jahren nie, stichhaltige Beweise für illegale Preisabsprachen zu sammeln. Kartellamtssprecherin Silke Kaul hatte nach der letzten Prüfung gesagt: „Es gibt keinen Anlass anzunehmen, dass ein Preishöhenmissbrauch betrieben wird.“ Der Markt sei „vollkommen transparent“.

Was stimmt denn nun? Zwar räumten selbst Vertreter der Mineralölwirtschaft- und Tankstellenverbände vor einiger Zeit gegenüber dem Tagesspiegel ein, dass man die seit dem Hochsommer sinkenden Rohölpreise dazu genutzt habe, die Margen leicht zu erhöhen, sinkende Preise also nicht in vollem Umfang an die Verbraucher weiterzugeben. Allerdings geschah dies in weit geringerem Umfang, als Westerwelle jetzt suggeriert.

Selten war die Spritpreisentwicklung so unübersichtlich. Große Unterschiede von 20 Cent und mehr für einen Liter Diesel, teils stündlich wechselnde Preise und regionale Unterschiede erfordern einen differenzierteren Blick auf die Preise, sagen Experten seit Wochen. Am Montag sind die Benzinpreise im bundesweiten Schnitt um gut einen Cent je Liter gegenüber dem Vortag gestiegen, lagen aber immer noch gut vier Cent unter dem Schnitt der vergangenen 30 Tage. Das ging aus der Datenbank des Informationsdienstes „Benzinpreis.de“ hervor. In Berlin lag der Preis um 1,6 Cent unter dem 30-Tage-Schnitt, im oberfränkischen Hof dagegen 3,1 Cent über dem Durchschnitt. Auch innerhalb Berlins, wo Autofahrer im Vergleich zu den anderen deutschen Großstädten meist insgesamt günstiger tanken, gab es am Montag große Schwankungen. Allerdings musste man am späten Nachmittag in keinem der zwölf Bezirke mehr als 1,39 Euro je Liter Super-Benzin bezahlen (siehe Karte, zum Vergrößern bitte auf die Grafik klicken).

Web
Günstig Tanken in Berlin. -

© Tsp/Bartel, Härtel

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false