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Bergleute protestieren: Reisen für die Kohle

In Brüssel demonstrieren deutsche Bergleute für die Kohleförderung bis 2018. Die EU will die Subventionen bereits 2014 beenden.

Berlin - Michael Vassiliadis ist viel unterwegs in diesem September. Die Steinkohle treibt den Vorsitzenden der IG Bergbau, Chemie, Energie (IG BCE) um – und ziemlich früh aus dem Bett. Am heutigen Mittwoch tritt der Gewerkschafter um 6 Uhr das erste Mal auf, im Rahmen einer Betriebsversammlung im Bergwerk Ibbenbüren. Drei weitere Termine in nordrhein-westfälischen Steinkohlebetrieben schließen sich an, bevor es nach Brüssel geht, wo Vassiliadis mit vermutlich 1200 deutschen Bergleuten am frühen Nachmittag an einer Demo teilnimmt. End- und Höhepunkt des Kohle- Aktionstages gegen Pläne der EU-Kommission, dem deutschen Steinkohlebergbau bereits 2014 die öffentlichen Hilfen abzudrehen. Dann wäre vier Jahre früher als geplant Schluss mit der Steinkohle aus Deutschland.

Die deutsche Politik, der Bund und die Kohleländer NRW und Saarland, hatten sich vor Jahren in einem mühseligen Prozess darauf verständigt, die Beihilfen für die Steinkohle 2018 auslaufen zu lassen. Dagegen hatte die EU-Kommission vor einigen Monaten für das Auslaufen bereits 2014 plädiert. Seitdem ist Lobbyarbeit angesagt. Unter anderem bei dem für Energie zuständigen EU-Kommissar Günther Oettinger, der als ehemaliger baden-württembergischer Ministerpräsident nicht viel mit der Kohle zu schaffen hatte. Und deshalb sich in ersten Stellungnahmen auch im Sinne der Kommission äußerte. Vergangene Woche, als Vassiliadis in Strassburg Oettinger traf, schlug der Kommissar vorsichtig andere Töne an. Zwar würden Absatz- und Betriebsbeihilfen vermutlich von 2014 an verboten. Doch „Abfindungen für Arbeitnehmer, Umschulungen und Frührenten können bis 2026 gezahlt werden“, sagte Oettinger. Womöglich kommt es am Ende also nur auf die Bezeichnung des Geldes und den entsprechenden Brüsseler Topf an.

Vassiliadis jedenfalls versucht Truppen auch außerhalb seines Bereichs zu mobilisieren. Bevor er zu Oettinger reiste, war der IG-BCE-Chef einige Tage in den Kohleländern Polen, Ungarn und Spanien unterwegs. „Der Vorschlag der EU-Kommission führt in vielen Mitgliedstaaten zu sozialen Konflikten“, schickten die beteiligten Gewerkschafter aus den vier Ländern eine Botschaft nach Brüssel und scheuten sich auch nicht vor der großen politischen Keule: „Eine jetzt schon europakritische Stimmung könnte in eine anti-europäische Stimmung umschlagen.“ Mal sehen, wie heute die Stimmung in Brüssel ist. Alfons Frese

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