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Einigung. Mit dem US-Justizministerium schloss Volkswagen vor zehn Tagen einen 4,3 Milliarden Dollar teuren Vergleich. Danach sollte der Jonas-Day-Bericht erscheinen.

© dpa

Bericht der Kanzlei Jones Day: Volkswagen hält interne Aufklärung geheim

Volkswagen hatte "umfassende und transparente" Aufklärung im Dieselskandal versprochen. Doch jetzt will der Konzern Ermittlungsergebnisse der unabhängigen Kanzlei Jones Day nicht wie versprochen veröffentlichen.

Volkswagen hält die umfassenden internen Ermittlungsergebnisse zum Dieselskandal unter Verschluss. Wie das Unternehmen bestätigte, wird der Bericht der unabhängigen Anwaltskanzlei Jones Day, die fast anderthalb Jahre lang riesige Datenmengen und tausende Akten gesichtet sowie Konzernmitarbeiter befragt hat, nicht veröffentlicht. VW hatte dies mehrfach angekündigt.

Die Erkenntnisse der im September 2015 vom Konzern beauftragten Juristen seien in das von den US-Behörden veröffentlichte „Statement of Facts“ eingeflossen, sagte ein VW- Sprecher. Mit der Veröffentlichung dieser Dokumentation der Ereignisse erübrige sich die Notwendigkeit, einen separaten Bericht anzufertigen. VW hatte dies bereits in einem lapidaren Satz in einer Mitteilung vom 11. Januar erklärt, nachdem der Vergleich mit dem US-Justizministerium erzielt worden war. VW werde zu den Jones-Day-Ergebnissen nicht weiter Stellung nehmen, „um Vorverurteilungen zu vermeiden und die noch laufenden Untersuchungen nicht zu behindern“.

Veröffentlichung wurde mehrfach verschoben

VW-Vorstand und -Aufsichtsrat hatten mehrfach eine Veröffentlichung in Aussicht gestellt – erstmals für April 2016 – und mehrfach verschoben, weil ein Vergleich mit der US-Justiz noch ausstand und Risiken für den Konzern drohten. Zuletzt kündigte Aufsichtsratschef Hans Dieter Pötsch auf der Hauptversammlung im Juni 2016 an, Volkswagen wolle die Vorwürfe rund um die Softwaremanipulationen bei weltweit mehr als elf Millionen Dieselfahrzeugen „transparent und umfassend aufklären“. Pötsch sagte: „Aufsichtsrat und Vorstand gehen gegenwärtig davon aus, dass die Tatsachen, die Gegenstand der Untersuchung sind, umfassend veröffentlicht werden, nachdem wir einen Vergleich mit dem US-Justizministerium erzielt haben.“ Jones Day plane, die Untersuchung im vierten Quartal 2016 abzuschließen.

Auch im Unternehmen wird die Weigerung kritisiert

Von einer umfassenden Veröffentlichung kann nun keine Rede mehr sein. Weil die Erkenntnisse von Jones Day offenbar so brisant sind, dass jeder Satz vor der Veröffentlichung mit den US-Behörden abgestimmt werden müsste, hält Volkswagen einen Bericht auf Anraten seiner Anwälte zurück.

Kritik an dieser Vorgehensweise kommt auch aus dem Unternehmen. „Das ist juristisch verständlich, in der Außenwirkung aber fatal“, hieß es dazu am Freitag in Wolfsburg. Volkswagen vergrößere damit den in der Öffentlichkeit entstandenen Vertrauensverlust nach Bekanntwerden des Dieselskandals. Von einem „absoluten Unding“ sprach der Grünen-Verkehrspolitiker Oliver Krischer. „Wir erleben den scheibchenweisen Rückzug aus der Aufklärungsarbeit“, sagte er dem Tagesspiegel. Der Verweis von VW auf das in den USA veröffentlichte „Statement of Facts“ sei „vorgeschoben“. Der Konzern müsse auch der deutschen Öffentlichkeit „komplizierte Sachverhalte zumuten“. Andernfalls sei ein Neuanfang nach dem Dieselskandal nicht glaubwürdig, sagte Krischer, der Mitglied des Untersuchungsausschusses des Bundestags ist.

Autopräsident Wissmann vor dem Untersuchungsausschuss

Am Donnerstag hatte der Ausschuss Ex-VW-Chef Martin Winterkorn vernommen. Dabei hatte der 69-Jährige juristisch sensible Fragen mit dem Verweis auf die laufenden Ermittlungen der Staatsanwaltschaft Braunschweig unbeantwortet gelassen. Auch als Zeuge in einem Schadenersatzprozess zum Abgasskandal muss Winterkorn nicht aussagen. Das Landgericht Paderborn räumte dem Exmanager am Freitag ein umfassendes Zeugnisverweigerungsrecht ein, wie ein Gerichtssprecher mitteilte. Sofern diese Entscheidung nicht angefochten werde, müsse der ursprünglich in den Zeugenstand gerufene Winterkorn doch nicht in dem Verfahren erscheinen. Das Recht, die Aussage zu verweigern, ergebe sich aus den laufenden Ermittlungen der Staatsanwaltschaft Braunschweig gegen Winterkorn. Gegen ihn liegt der Anfangsverdacht vor, den Kapitalmarkt zu spät über den Abgasskandal informiert zu haben. Außerdem sei noch nicht über mehrere offene Schadenersatzforderungen gegen Winterkorn persönlich entschieden.

Vor dem Untersuchungsausschuss war am Donnerstagabend auch Matthias Wissmann, Präsident des Autoverbandes VDA, erschienen. Nach seiner Darstellung hat es in der deutschen Autoindustrie bis zur Aufdeckung des VW-Skandals keinerlei Austausch zum Thema Abgastricks mit der Bundesregierung gegeben. „Manipulationen mittels eines „defeat device“ (Abschalteinrichtung zur Abgasreinigung) waren mir nicht bekannt“, sagte Wissmann. Mit solchen Programmen hatte VW Emissionswerte von Stickoxiden im Testmodus künstlich gedrückt, während sie im Normalbetrieb um ein Vielfaches höher waren. mit dpa

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