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BERLIN, aber oho: D.O.D.O.

So was erwartet keiner in diesem Teil der Pestalozzistraße: ein klitzekleines Schaufester, eine weiß gerahmte Tür, und hinter beiden die üppigste Dekoration. Ansteckblumen mit Federn und Perlen, mit Vintagestoff bezogene Büchlein, vorwitzige Fascinators und Hütchen, vor allem aber kleine Taschen, wie man sie von süßen Illustrationen der Fünfziger kennt.

Von Susanne Leimstoll

So was erwartet keiner in diesem Teil der Pestalozzistraße: ein klitzekleines Schaufester, eine weiß gerahmte Tür, und hinter beiden die üppigste Dekoration. Ansteckblumen mit Federn und Perlen, mit Vintagestoff bezogene Büchlein, vorwitzige Fascinators und Hütchen, vor allem aber kleine Taschen, wie man sie von süßen Illustrationen der Fünfziger kennt. Pariser Schick aus farbenfrohen Musterstoffen, meist garniert mit Schnalle oder Taftrose. So kann Madame losstöckeln, fehlt nur noch der Pudel an der Leine. Ein Schaufenster mit magischer Anziehungskraft. Niemand geht einfach daran vorüber. Über der Tür steht in Rosarot auf dem weißen Schild unter schmiedeeisernen Schnörkeln: D.O.D.O.

Das Lädchen hat genau 11,7 Quadratmeter. In der Nische neben der alten Nähmaschine sitzt mit übereinandergeschlagenen Beinen Doris B. Franze, 44, brünette Afrolocken und einige ihrer handgemachten Blüten-Broschen am liebevoll kombinierten Vintage-Outfit. Die antike Nähmaschine, aus einem Haus in Friedenau gerettet, begründete ihre Geschäftsidee, edle Handtaschen und Accessoires in Handarbeit zu fertigen.

Schon als Kind hat sie gern genäht, das lag in der Familie. Der Berufsweg führte Doris, Spitzname: Dodo, im Zickzack – Ausbildung zur Musikalienhändlerin, Studium der Musikwissenschaft, Slawistik und Germanistik, Arbeit in der PR – zu ihrer Berufung. Nach dem Umzug nach Berlin wagte sich die Oberfränkin erst per Ich-AG, dann mit eigenem Mini-Laden in Charlottenburg ans Schneidern.

Dodo will nicht wachsen, Doris B. Franze liebt ihre Schatztruhe, in der sie witzige, detailverliebte, prachtvolle Hingucker produziert. Sie mag den Umgang mit den Leuten und die Idee, mit Selbstgemachtem ihr Geld zu verdienen und abends etwas davon wieder beim Kaufmann auszugeben. Kleiner Wirtschaftskreislauf, so unwirklich wie manches Detail ihrer hübschen Sachen. „Manchmal komme ich mir selber vor wie aus der Zeit gefallen“, sagt sie. In keiner anderen Stadt als dieser hätte sie ihr Projekt gewagt. In Berlin hat Doris Franze ihre Nische gefunden. Susanne Leimstoll

Berlin hat gut 160 000 kleine Unternehmen. Jeweils eines davon stellen wir montags bis freitags vor.

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