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Wirtschaft: „Berlin bleibt auf Wachstumskurs“

Der Aufschwung geht weiter. Selbst die höhere Mehrwertsteuer macht das Wachstum nicht ganz zunichte, glauben DIW und IHK

Berlin - Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) und die Industrie- und Handelskammer (IHK) haben ihre Konjunkturprognosen für Berlin deutlich nach oben korrigiert. Die Wirtschaft in der Hauptstadt werde im laufenden Jahr um 0,8 Prozent wachsen, berechneten die DIW-Forscher in einem Regionalindikator für den Tagesspiegel. Im April lag die Prognose noch bei 0,4 Prozent. Die IHK, die bisher mit mindestens einem Prozent Wachstum gerechnet hatte, zeigt sich ebenfalls optimistischer als bisher. „Wenn alles gut läuft, kann Berlin sogar auf 1,5 Prozent Wachstum hoffen“, sagte IHK-Hauptgeschäftsführer Jan Eder dem Tagesspiegel. Zwar schlägt die Mehrwertsteuererhöhung zum Jahreswechsel auch auf die Berliner Wirtschaft voll durch. Trotzdem fällt die Hauptstadt nicht wieder in die Rezession. Für 2007 kommt der Tagesspiegel-Indikator des DIW auf ein Wirtschaftswachstum von 0,2 Prozent. Das Institut spricht von einer „gewissen Eintrübung“, konstatiert aber: „Berlin bleibt auf Wachstumskurs.“

Zwar verfehle die Hauptstadt weiterhin die Wachstumsraten des übrigen Bundesgebietes deutlich, doch stünden die Chancen „recht gut, dass die Phase negativen Wachstums, die die letzten Jahre geprägt hat, überwunden wird“. Zudem seien 0,2 Prozent mehr als der Durchschnitt der vergangenen zehn Jahre. Auch die IHK sieht den Effekt der Steuererhöhung. „Für 2007 rechnen wir mit einem Wachstum zwischen einem halben und einem Prozent“, sagte Eder.

Mit dem Tagesspiegel-Indikator kann erstmals eine empirisch fundierte, kurzfristige regionale Wachstumsprognose erstellt werden. Rund 40 Zeitreihen fließen in die Berechnung ein: von Arbeitslosenzahlen über Baugenehmigungen bis zu ausländischen Fluggästen. Berechnet man den Indikator rückwirkend, so deckt er sich fast exakt mit dem tatsächlichen Wachstum. Das belegt die Verlässlichkeit dieses Prognoseinstruments.

Nach DIW-Einschätzung stagniert Berlins Entwicklung zu einer Dienstleistungsmetropole. „Berlin blieb hinter der Entwicklung des Dienstleistungssektors in Deutschland insgesamt zurück – und natürlich auch hinter großen Städten wie Hamburg oder München.“ Zwar sei die Beschäftigung in dem Sektor gestiegen, aber vielfach gehe es um einfache Tätigkeiten mit geringer Produktivität. „In Berlin wird im Schnitt je Arbeitsstunde nur eine Wirtschaftsleistung von 30 Euro im Dienstleistungssektor erbracht, in der gesamten Bundesrepublik sind es 36 Euro und in Hamburg gar 46 Euro.“

Der Dienstleistungssektor hänge zu einem großen Teil von der privaten Konsumnachfrage ab, und damit gerate Berlin ins Hintertreffen, stellen die Forscher fest. „Inzwischen hat sogar Brandenburg bei den Pro-Kopf-Einkommen Berlin eingeholt. In Hamburg liegt die Kaufkraft um knapp 60 Prozent über dem Berliner Wert.“

Die DIW-Forscher erkennen im Dienstleistungssektor der Hauptstadt aber auch ermutigende Signale, etwa bei der Entwicklung des Luftverkehrs, der in Deutschland generell expandiere, in Berlin aber besonders stark. Positiv entwickelten sich auch die Datenverarbeitung, Forschung und Entwicklung, die Wirtschaftsberatung, eigenständige Labore sowie die Werbebranche.

Ausführliche Berichte zum Thema finden sich in der 24-seitigen Beilage „Berliner Wirtschaft“, die dem Tagesspiegel am morgigen Dienstag beiliegt. Schwerpunktthema sind diesmal die Chancen der Hauptstadt im Dienstleistungssektor.

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