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Wirtschaft: Berlin will seine Immobilien versilbern

Grundstücke sollen in landeseigene, aber privat gemanagte Fondsgesellschaft eingebracht werdenVON ANDREAS MIHM (HB) BERLIN.Um eine dauerhafte Absenkung seiner Schuldenlast zu erreichen, will das Land Berlin neue Wege gehen.

Grundstücke sollen in landeseigene, aber privat gemanagte Fondsgesellschaft eingebracht werdenVON ANDREAS MIHM (HB) BERLIN.Um eine dauerhafte Absenkung seiner Schuldenlast zu erreichen, will das Land Berlin neue Wege gehen.Nachdem in den vergangenen Jahren bereits Landesbeteiligungen für Milliarden-Beträge verkauft wurden, um die defizitären Haushalte auszugleichen, will man nun den Immobilienbesitz der Stadt nutzen, um die Landesfinanzen auf eine solide Basis zu stellen. Die bisherige Politik der Vermögensaktivierung gleiche das nachhaltige strukturelle Defizit im Landeshaushalt nicht aus, begründet Finanzstaatssekretär Frank Bielka das Vorhaben.Denn der inzwischen auf 56 Mrd.DM angewachsene Schuldenberg des Landes bleibe damit nicht nur erhalten, sondern wachse im Ausmaß der Netto-Neuverschuldung weiter.Das gelte auch für die Zinslast.Die liegt inzwischen bei mehr als 8 Prozent des Haushaltsvolumens oder annähernd 4 Mrd.DM und ist damit so hoch wie die Ausgaben für die Berliner Universitäten. Um die drückende Schulden- und Zinslast zu senken, müsse weiteres Vermögen mobilisiert werden, sagt Bielka.Dafür hat die Finanzverwaltung ein Modell vorgelegt, das einerseits den politischen Vorgaben einer schnellen Absenkung der Zinslasten gerecht wird, der Stadt andererseits aber weitere finanz- und wirtschaftspolitische Spielräume eröffnen soll.Kern des Modells ist eine privat gemanagte, aber dem Senat gehörende Fondsgesellschaft, in die landeseigene Immobilien eingebracht werden.Diese sollen dort verwaltet, entwickelt und veräußert werden.Aus den Veräußerungsgewinnen tilgt der Fonds Schulden des Landes, die ihm in entsprechender Höhe übertragen wurden.Ausgehend von dem im vergangenen Herbst getroffenen Senatsbeschluß, wonach der Fonds bereits ab 1999 eine Reduzierung der Zinsleistungen um eine Mrd.DM ermöglichen soll, müßten ihm 15 Mrd.DM Schulden sowie Immobilien im Wert von rund 24 Mrd.DM übertragen werden.Die Laufzeit wird mit etwa 15 Jahren veranschlagt. Noch ist aber offen, welche Immobilien in einen solchen Fonds eingebracht werden könnten, sagt Bielka.Die Frage soll bis zum Sommer beantwortet sein.Dann erst werde man auch Klarheit darüber haben, ob die Modellannahmen wirklich zuträfen.Die steuerliche Seite des Milliarden-Geschäfts haben die Berliner aber schon geklärt.Damit keine Grunderwerbsteuer anfällt, soll die Fondsgesellschaft als eine GmbH & Co.KG gegründet werden, mit dem Senat als alleinigem Gesellschafter und Kommanditist. Die Geschäfte wird ein privater Dienstleister besorgen.Dazu gehört die Verwaltung der Immobilien, Pacht- und Nutzungsverträge, das Sanieren und Entwickeln von Liegenschaften und deren Vermarktung.Der Dienstleister soll durch eine europaweite Ausschreibungen ermittelt werden. Die Fondsgesellschaft solle keine "Superbehörde" werden, sondern ihre Aufgaben eher mit einer kleinen Belegschaft bewältigen.Dazu ist geplant, bestimmte Aufgaben, beispielsweise in der Immobilien-Verwaltung, auszuschreiben.Daran könnten sich dann auch die Bezirksämter beteiligen, die dies bisher erledigt hätten.Auch bei der Entwicklung von Grundstücken sollten Dritte herangezogen werden.Das könne, müsse aber nicht immer die landeseigene Entwicklungsgesellschaft (LEG) sein. Bielka erwartet auch Vorteile für die Wirtschaftspolitik.Denn mit einem solchen Fonds gäbe es nun einen einzigen Ansprechpartner für Interessenten an landeseigenen Immobilien.Berlin träte erstmals als aktiver Partner auf dem Immobilienmarkt auf.Dabei müsse man allerdings einen Weg finden, der sicherstelle, daß struktur- und wirtschaftspolitische Ziele eingehalten würden, sagt Bielka.Die Zustimmung der Bezirke will er dadurch gewinnen, daß sie am Privatisierungserlös beteiligt werden.Das soll in eng beschränktem Umfang auch für den Geschäftsbesorger gelten.Bielka räumt ein, daß der finanzielle Erfolg eines solchen Modells vor allem von der Verfassung des Immobilienmarktes abhängt: "Das ist ein Risiko." Aber das sei auch eine Frage der Geschäftspolitik.Kritik aus Reihen der Berliner Wirtschaft und von Banken, die argumentieren, daß damit der darniederliegende Immobilienmarkt nur noch weiter belastet werde, nimmt er eher locker.Der Markt werde sich vermutlich schon bald mit dem Regierungsumzug wieder beleben, meint der Finanzstaatssekretär.Und der Fonds sei auf 15 Jahre ausgelegt.Zudem verkaufe das Land Berlin bereits jetzt jährlich Immobilien im Wert zwischen 600 und 800 Mill.DM. 1,5 Mrd.sollen es künftig jährlich werden, wenn die Zinslast, wie geplant, ab 1999 gesenkt werden soll.Deshalb drängt nicht nur die Zeit.Angesichts der riesigen Haushaltsprobleme lassen auch die politischen Widerstände gegen einen solchen "Ausverkauf" nach.So spricht einiges dafür, daß das Parlament bis zur Jahresmitte Grünes Licht für den Immobilienfonds geben wird, bis zum Spätsommer der passende "Manager" gefunden ist und der dann im Herbst mit seiner Arbeit beginnen kann.Die Finanzplanung für 1999 jedenfalls ist darauf schon ausgerichtet.

ANDREAS MIHM (HB)

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