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Wirtschaft: Berliner Arbeitgeber sehen schwarz

Verbände: Auch die WM bringt 2006 keinen Schwung / Weitere Betriebsschließungen befürchtet

Berlin - Die Arbeitgeber in der Hauptstadtregion blicken äußerst pessimistisch in das Jahr 2006. „Wir haben große Sorge vor weiteren Betriebsschließungen“, sagte der Hauptgeschäftsführer der Vereinigung der Unternehmensverbände in Berlin und Brandenburg, Hartmann Kleiner. „Ein nennenswertes Wachstum wird es 2006 nicht geben, die Zahl der sozialversicherungspflichtigen Beschäftigten wird weiter zurückgehen.“

Damit widersprach Kleiner optimistischen Prognosen, wonach die Fußball-Weltmeisterschaft die Berliner Wirtschaft in Schwung bringen werde. So rechnen der Senat und die Wirtschaftsfördergesellschaft Berlin Partner im kommenden Jahr mit rund 10 000 neuen Arbeitsplätzen durch die WM. „Das muss man sehr kritisch sehen“, sagte Kleiner. „Mini-Jobs alleine bringen Berlin nicht voran. Wir brauchen echte, sozialversicherungspflichtige Beschäftigungsverhältnisse. Und danach sieht es nicht aus.“

Im bisherigen Verlauf dieses Jahres war die Berliner Wirtschaft um 0,6 Prozent geschrumpft, in Brandenburg betrug das Minus sogar 0,8 Prozent. „Das ist eine außerordentlich ernste Situation, die wir uns vor ein paar Jahren noch nicht vorstellen konnten“, sagte Kleiner. Die wichtigste Erklärung für den Rückgang des Bruttoinlandsprodukts sei der Niedergang der örtlichen Industrie. „Zum ersten Mal ist die Zahl der Industriebeschäftigten unter 100 000 gerutscht“, klagte Kleiner. Das könne auch nicht durch einen Zuwachs der Beschäftigung bei geringfügig entlohnten Jobs im Dienstleistungsgewerbe ausgeglichen werden.

Indirekt kritisierte Kleiner den Regierenden Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD): „Es hilft wenig, wenn Politiker bei einzelnen Betriebsschließungen drohen und klagen.“ Entscheidend sei die dauerhafte Fürsorge für die Entwicklung der Industrie. „Wenn sich die Politik an die Spitze von Arbeiterdemonstrationen stellt, weckt das kein Vertrauen bei Investoren, die vielleicht nach Berlin kommen möchten.“ Damit spielte Kleiner auf die Reaktionen des Senats auf die geplante Werksschließung von Samsung in Berlin-Oberschöneweide an.

Allerdings stelle auch die CDU keine Alternative dar. „Sie ist für die Wirtschaft derzeit kein Ansprechpartner“, sagte der Arbeitgeber-Chef. Für die Abgeordnetenhauswahl im kommenden Jahr rechne er damit, dass die Koalition aus SPD und Linkspartei bestätigt werde.

Für die Tarifrunde 2006 in der Metall- und Elektroindustrie kündigte der Arbeitgeberchef harte Verhandlungen an. „Reallohnsteigerungen sind derzeit nicht finanzierbar“, sagte Kleiner, der auch Hauptgeschäftsführer des Verbandes der Metall- und Elektroindustrie in Berlin und Brandenburg (VME) ist. „Die Lohnpolitik muss sich mehr denn je an der Leistungsfähigkeit der Betriebe und an ihrer internationalen Wettbewerbsfähigkeit orientieren. Fragen wie die Erhöhung der Mehrwertsteuer haben in der Tarifrunde nichts verloren.“

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