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Wirtschaft: Berliner Börse: Orderbücher zur falschen Zeit geöffnet

Wenn es etwas umsonst gibt, ist der Andrang groß. Das ist im Internet nicht anders.

Wenn es etwas umsonst gibt, ist der Andrang groß. Das ist im Internet nicht anders. Mit einem Mousepad und dem Slogan "Mehr Mäuse machen!" bedankte sich die Berliner Börse bei den ersten tausend Einsendern von e-Mails, die Anregungen und Kritik zu dem seit kurzem geöffneten Orderbuch geäußert haben. Daraus einen vollen Erfolg der Dienstleistung abzuleiten, wäre aber verfrüht. Zwar schafft die kostenfreie OnlineEinsicht ins Orderbuch erheblich mehr Transparenz für die Anleger, aber die Kampagne startet zur falschen Zeit. Denn in der Baisse an den Börsen sieht der Anleger derzeit immer öfter gähnende Leere in den Maklerbüchern - den Investoren ist die Lust am Ordern vorerst vergangen.

Vom Prinzip her ist die Idee fast revolutionär, da sie mehr Chancengleichheit zwischen privaten Anlegern und Profis herstellt. Eva Klose, Sprecherin der Berliner Börse, berichtet von "großem Interesse" am neuen Produkt, für das sich schon in kurzer Zeit über 16 000 registrierte Kunden gefunden hätten. Im offenen Orderbuch ( www.berlinerboerse.de ) sieht man garantierte An- und Verkaufspreise in Echtzeit für die jeweilige Aktie von den betreuenden Maklern, die bis zu einem Volumen von 5000 Euro verbindlich sind.

Wer also bestimmte Preisvorstellungen hat, kann sehen, ob er Aussicht auf Erfolg bei der Ausführung hat. Außerdem ist auch die Markttiefe teilweise offen gelegt, da jeweils fünf Überhänge, also bislang noch nicht ausgeführte Orders auf beiden Seiten, mit Stückzahl und nach Kursvorgaben (Limits) sortiert, gezeigt werden.

Aber die Neuerung hat auch unübersehbare Kinderkrankheiten. So ist das direkte Handeln aus dem Orderbuch heraus nur möglich, wenn man Kunde der Online-Broker 1822direct oder Consors ist. Kunden anderer Direktbanken erleiden Sekundennachteile, da sie die Informationen erst in die Auftragsmasken ihrer Kreditinstitute "umheben" müssen. Aber was vielleicht schwerer wiegt, ist der Fokus auf die Freiverkehrswerte, beispielsweise Papiere aus Osteuropa und den USA. Das sind zwar laut Klose immerhin 10 200 Titel, aber "Leute, die nur Dax-Werte suchen, sind sicher weniger gut bedient", heißt es einschränkend, weil hier für viele keine Einsicht existiert.

Auch die Deutsche Börse AG hat ihr XetraOrderbuch ( www.neuermarkt.com ) geöffnet, wobei sie die ganze Kursbasis inklusive Dax und Neuer Markt in Echtzeit abdeckt. Aber hier wird die kostenlose Nutzung Ende März auslaufen. Dann fallen für Xetra-Live monatlich 46,40 Mark an, die Anmeldegebühr beträgt 25 Mark. Der Service dürfte sich dann nur noch für halbprofessionelle Investoren lohnen, wie auch eine Sprecherin der Deutschen Börse einräumt, die das bisherige Echo als "recht positiv" einstuft.

Sicher wäre die Bilanz euphorischer, wenn der Börsenfrühling endlich anbrechen würde. So dominiert eher eine gewisse Ernüchterung. "Das Timing ist unglücklich, aktuell kann man damit keine große Werbung machen", sagt Detlef Urban, Geschäftsführer der Berliner BSM Wertpapierhandels GmbH. "Die Liquidität ist bei vielen Titeln im Moment einfach nicht gegeben."

pk

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