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Yzer will Wirtschaft und Forschung besser verzahnen.

© dapd

Berliner Industrie: Zwischen Rheuma und Laderampe

Die neue Wirtschaftssenatorin Cornelia Yzer will mehr Industriebetriebe nach Berlin locken. Eine Entdeckungstour.

Von Carla Neuhaus

Berlin - „Berlin ist heute wieder ein Industriestandort“, sagt Cornelia Yzer, und es klingt, als wolle sie nicht nur die Zuhörer überzeugen, sondern auch sich selbst. Die Wirtschaftssenatorin von der CDU, gerade vier Wochen im Amt, hat sich Großes vorgenommen. Sie will die Industrie stärken, die heute nur zehn Prozent der Wirtschaftsleistung der Stadt ausmacht.

Um zu demonstrieren, dass Berlin durchaus innovative Industriebetriebe vorzeigen kann, hat sie zu einer „Erkundungstour“ eingeladen. In einem unscheinbaren Bürogebäude im Schatten des Charité-Bettenhochhauses lässt sie sich an diesem Mittwochmorgen zum Beispiel erklären, wie ein Rheuma-Scan funktioniert. Das klobige Gerät, das entzündliche Erkrankungen in den Händen mit weißen und roten Flecken auf dem Bildschirm zeigt, ist die Erfindung der Firma Mivenion. „35 Geräte haben wir bereits in Deutschland verkauft, 2013 geht das erste nach China“, sagt Malte Bahner. Zusammen mit zwei Kollegen, mit denen er früher beim Pharmakonzern Schering arbeitete, hat er die Firma 2007 gegründet. Mittlerweile beschäftigen sie 16 Mitarbeiter. Das Startkapital haben sie vom Hightech-Gründerfonds und drei Investoren bekommen. Yzer sieht darin einen Beweis, wie wichtig Risikokapital auch für die Entwicklung der Berliner Industrie ist. „Wir freuen uns über jeden Venture-Capital-Geber, der nach Berlin kommt“, sagt sie. „Wir müssen die Unternehmen aber auch mehr dabei unterstützen, international Kapitalgeber zu finden.“

Zudem sei es wichtig, Wissenschaft und Technik stärker zu verzahnen. Wie das funktionieren kann, will sie bei Yacoub Automation erfahren. Die Firma forscht an moderner Steuerungstechnik, die beispielsweise dafür sorgt, dass Zugtüren richtig schließen oder Busse klimatisiert werden. Yacoub Automation entwickelt Prototypen, die die Zuliefererbetriebe dann in Serie produzieren. Einen „Hidden Champion“ Berlins nennt die Senatorin die Firma und fragt den Gründer Talat Yacoub: „Was muss sich denn noch tun, was ist Ihr Herzenswunsch?“. „Wir würden gerne weiter wachsen“, sagt der gebürtige Iraker, der derzeit 35 Ingenieure beschäftigt. „Allerdings fehlt uns dafür das Kapital.“ Wenn ein kleines Unternehmen erst einmal ein paar Jahre am Markt sei, sei es schwierig, Investoren zu finden. Yzer nickt.

Weiter geht es zu Siemens, einem weiteren Vorbild-Unternehmen auf der Liste der Wirtschaftssenatorin. Denn der Konzern produziert in Moabit Gasturbinen für den Weltmarkt. An diesem Mittag eröffnet Yzer am Neuen Ufer eine gerade fertiggestellte Laderampe, die von der Straße hinunter zum Charlottenburger Verbindungskanal führt. Über sie werden künftig Siemens-Gasturbinen auf ein Spezialschiff verladen, das sie dann in den Westhafen bringt. Nötig geworden war dieses Konstrukt, weil der Transport über die Straße immer schwieriger geworden ist: Kreuzungen mussten gesperrt und Ampeln beiseitegeschoben werden, wenn eine Laster mit einer Turbine über die Straße rollte. Yzer sieht in der neuen Rampe ein Symbol dafür, wie flexibel Berlin ist, „wenn es darum geht, Industrieanforderungen gerecht zu werden“.

Mit ihrer Rundfahrt zu Berliner Industrieunternehmen will die Senatorin zeigen, dass sich in der Branche etwas tut. Die Industrie wachse, wenn auch von einem geringen Niveau kommend. Und laut Yzer gibt es noch viel Spielraum: „Wir haben mehr freie Gewerbe- und Industrieflächen als jede andere Großstadt in Europa“, sagt sie.

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