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Wirtschaft: Berliner kaufen nicht gerne spät ein

Die meisten Geschäfte schließen wieder früher

Berlin - Die Berliner haben keine große Lust aufs späte Einkaufen. Ein halbes Jahr nach der Liberalisierung der Ladenöffnungszeiten haben daher viele Geschäfte – von wenigen Ausnahmen abgesehen – die Verkaufszeiten wieder eingeschränkt. „Die langen Öffnungszeiten sind für alle Beteiligten nach wie vor gewöhnungsbedürftig“, sagte Karstadt-Quelle-Sprecher Jörg Howe dem Tagesspiegel. „Wir sind alle noch in der Lernphase.“

In Berlin und Brandenburg können die Läden seit Anfang Dezember länger aufmachen, werktags rund um die Uhr. An Sonn- und Feiertagen bleiben die Läden grundsätzlich zu, Ausnahmen gelten für die Adventssonntage. Davon hatten im Weihnachtsverkauf viele Händler auch Gebrauch gemacht, doch schon in den ersten Wochen des neuen Jahres schloss nicht nur die Parfümeriekette Douglas die meisten ihrer Filialen wieder früher. Ein paar Monate später muss man die Spätöffner fast mit der Lupe suchen.

Von den Berliner Karstadt-Quelle-Häusern etwa haben inzwischen nur noch Wertheim am Kurfürstendamm und das Luxuskaufhaus KaDeWe am Freitag bis 22 Uhr geöffnet, am Sonnabend schließen die Türen auch hier wieder wie zu alten Zeiten um 20 Uhr. „Der Freitag hat sich als stärkster Tag erwiesen“, sagt KaDeWe-Sprecherin Petra Fladenhofer. Statt des Spätverkaufs testet Karstadt-Quelle neuerdings die Sonntagsöffnung an ausgesuchten Standorten wie Charlottenburg und VIP-Shopping mit geladenen Gästen. Die bisherigen Erfahrungen seien gut, sagt Konzernsprecher Howe.

Edeka hat bei seiner Berliner Tochter Reichelt die Zahl der bis 22 Uhr geöffneten Filialen von zwischenzeitlich 17 wieder deutlich reduziert. „Es ist nur schwer erkennbar, dass längere Öffnungszeiten funktionieren“, sagt ein Sprecher. Auch die Edeka-Filialen seien in der Hauptstadt nur „punktuell“ länger offen. Selbst an touristisch belebten Orten wie dem Potsdamer Platz machen die Läden wieder früher dicht: In den Shopping-Arkaden geht das Licht seit kurzem wieder um 21 Uhr aus – eine Stunde früher als bisher. Das Kulturkaufhaus Dussmann, das die Kunden noch zu Jahresbeginn einmal in der Woche durchmachen ließ, lässt ihnen inzwischen nur noch am Freitag bis Mitternacht Zeit zum Stöbern.

Einer der wenigen, die von den neuen Freiheiten profitieren, sitzt am Alexanderplatz. „Wir haben keine Veranlassung zurückzurudern“, sagt Detlef Steffens, Geschäftsführer von Galeria Kaufhof. Mit dem Abendgeschäft – von Donnerstag bis Samstag bis 22 Uhr – sei er „sehr zufrieden“, sagt Steffens. Vor allem Touristen kämen abends gern vorbei, offenbar nicht nur zum Gucken. „Im Vergleich zu anderen Kaufhof-Filialen in anderen Städten setzen wir zu vergleichbaren Zeiten deutlich mehr um“, sagt der Geschäftsführer.

Um Bilanz zu ziehen, sei es aber noch zu früh, warnt Nils Busch-Petersen, der Chef des Einzelhandelsverbandes Berlin-Brandenburg. Wahrscheinlich werde man einen Testlauf von einem Jahr brauchen, das sei auch normal, meint er. Der Kunde, der mehr als 50 Jahre im alten Ladenschluss-Regime zugebracht habe, brauche einfach noch mehr Zeit. „Der Souverän legt die Ladenöffnungszeiten fest, und das ist der Verbraucher.“

Wohl auch, weil die Spätöffnung die Ausnahme bleibt, ist der von der Gewerkschaft Verdi angekündigteWiderstand bislang moderat ausgefallen. Eine einzige Verkäuferin hat vor dem Berliner Verwaltungsgericht Klage gegen die Sonntagsarbeit eingereicht. Doch der Ton dürfte sich schon bald verschärfen. In der anstehenden Tarifrunde für die rund 62 000 Einzelhandelsbeschäftigten der Region erwartet Verdi-Landeschefin Erika Ritter „harte Auseinandersetzungen“.

Die Arbeitgeber haben eine Flexibilisierung der Arbeitszeit und die Streichung der Spätzuschläge gefordert, die ab 18.30 Uhr fällig werden. Verdi kündigt Widerstand an. „Über die Zuschlagsfrage werden wir nicht mit uns reden lassen“, droht Ritter. Einen Termin für die Verhandlungen gibt es noch nicht.

Maren Peters

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