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Wirtschaft: Berliner Köpfe: Berlins erster Testeinkäufer

Heiko Bauer ist kritisch und anspruchsvoll. Für seine Arbeit sind das die idealen Voraussetzungen, denn der 34-Jährige verdient seine Brötchen mit Testkäufen.

Heiko Bauer ist kritisch und anspruchsvoll. Für seine Arbeit sind das die idealen Voraussetzungen, denn der 34-Jährige verdient seine Brötchen mit Testkäufen. Genervt von schlechtem Service und unfreundlichen Verkäufern gründete Bauer vor vier Jahren in Berlin Deutschlands erste Mystery-Shopping-Agentur. Die Idee stammt aus den USA. Dort gibt es bereits seit den 80er Jahren Testkaufagenturen, die Händlern und Dienstleistern helfen, ihre Kunden zufrieden zu stellen. "Ich will den amerikanischen Servicegedanken auch hier zu Lande etablieren", sagt Bauer.

Ursprünglich kommt Heiko Bauer aus dem Handwerk: Als gelernter Werkzeugmacher arbeitete der gebürtige Schwabe lange Zeit in einer Eisengießerei. Der Liebe wegen verließ er dann sein Heimatdorf Schweigenheim und zog nach Berlin. Bauer kehrte nicht nur Schwaben den Rücken, sondern wagte auch den Schritt in die Selbstständigkeit. Auf der Suche nach einer Geschäftsidee, stieß er auf einen Zeitungsbericht über das Testkauf-Business in den USA - das war die Geburtsstunde der Testkaufagentur Bauer. Heiko Bauer war sich sicher, dass sich ihm ein gigantischer Absatzmarkt eröffnen würde. "Schließlich klagt der Einzelhandel fortwährend über ausbleibende Kundschaft und rückläufige Umsätze." Auf die Frage, warum der Kunde die Lust am Einkaufen verloren hat, geben Heiko Bauer und seine 650 Testkäufer jetzt eine Antwort.

Besonders Unternehmen aus der Auto-, Möbel- und Elektrobranche nutzen die Dienste der Testkaufagentur, um ihr Servicepotenzial auf den Prüfstand zu stellen. Bauers Testkäufer stammen aus allen Alters- und Berufsschichten - vom Studenten bis zum Rentner repräsentieren sie den "typischen Kunden". Bevor die Servicedetektive in Berlins Einkaufsstraßen auf Spurensuche gehen, erhalten sie genaue Anweisungen, was und wie getestet werden soll. So probieren sie dann ein teueres Kleid an, lassen sich ein Haushaltsgerät vorführen oder beim Autokauf beraten. Anhand eines Fragebogens analysieren und kommentieren die Testkäufer Freundlichkeit und Kompetenz des Verkaufspersonals. Dabei stelle sich immer wieder heraus, dass im Einzelhandel zu wenig Wert auf Dienstleistung und langfristige Kundenbindung gelegt werde. "Oft ist nur die schnelle Mark wichtig und das ist zu kurz gedacht", beschreibt Bauer die häufigste Service-Sünde.

Auch wenn die Ladenbesitzer und Filialleiter oft mit unangenehmen Wahrheiten konfrontiert werden, zahlen mittlerweile dutzende Berliner Unternehmen gerne für Bauers Testkäufe. Das war nicht immer so. "Als ich im Mai 1997 meine Agentur eröffnet habe, musste ich echte Pionierarbeit leisten", erinnert sich Bauer. Von seinem Schlafzimmer aus, dass damals kurzfristig in ein Büro umfunktioniert wurde, akquirierte er seine ersten Kunden. "Ich habe mir die Finger wund gewählt", erzählt er. Innovationen seien eben nicht die Stärke des deutschen Einzelhandels. "Aber letztendlich setzen sich gute Ideen durch."

Wenn Heiko Bauer nicht gerade Berlins Serviceangebot unter die Lupe nimmt, widmet er sich seiner Familie. Am Wochenende stehen Ausflüge mit seinen beiden Kindern auf dem Programm. Ab und zu unternimmt die Familie auch einen Einkaufsbummel und da kann es schon mal passieren, dass in Heiko Bauer der Testkäufer durchbricht. "Im Kopf analysiere ich dann das Verhalten der Verkäufer."

Dagmar Rosenfeld

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