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Wirtschaft: Berliner Richter verbieten mit Werbung finanzierte Gratis-Telefonate

BERLIN (vis). Die Berliner Firma Teleflash darf keine kostenlose Telefonate mit Werbeunterbrechung anbieten.

BERLIN (vis). Die Berliner Firma Teleflash darf keine kostenlose Telefonate mit Werbeunterbrechung anbieten. Das hat das Berliner Landgericht am Dienstag entschieden. Damit gaben die Richter einer Unterlassungsklage des Verbraucherschutzvereins statt. Der Verbraucherschutzverein sieht in den Werbespots, die während des Gesprächs einspielt werden, eine unzulässige Belästigung des Angerufenen und eine "Verwilderung der Wettbewerbssitten". Sollte Teleflash seinen Service trotzdem anbieten, müßte die Firma ein Ordnungsgeld von bis zu 500 000 DM bezahlen.In der Urteilsbegründung berief sich der Vorsitzende Richter Robert von Goetze auf Entscheidungen des Bundesgerichtshofs, wonach unbestellte Telefonwerbung grob sittenwidrig sei und einen unzulässigen Eingriff in die Privatsphäre bedeute. Die Angerufenen müßten bei den Gratis-Telefonaten unfreiwillig die Werbung hinnehmen und befänden sich in einer Zwangslage, weil sie oft nicht einfach auflegen könnten. Noch ist das Urteil nicht rechtskräftig. Die Streitenden können bis vor den Bundesgerichtshof ziehen. Mit einem abschließenden Urteil ist in dem Fall nicht vor drei Jahren zu rechnen."Wir wollen ganz sicher weitermachen", sagte Teleflash-Geschäftsführer Hans-Joachim Lisiecki dem Tagesspiegel. "Wir werden das Urteil nicht akzeptieren und weitere rechtliche Schritte einleiten." Dazu müsse jedoch erst die schriftliche Urteilsbegründung abgewartet werden. Danach sei auch zu entscheiden, ob das Angebot modifiziert werden könne, "so daß der Verbraucherschutzverein keine Handhabe mehr gegen uns hat."Teleflash hatte seit Mitte Februar kostenlose Telefongespräche angeboten, die circa alle 90 Sekunden durch Werbeeinspielungen unterbrochen wurden. Ein Spot dauerte bis zu 20 Sekunden. Das Telefonieren über Teleflash war zwar kostenlos, die Firma verlangte aber eine einmalige Gebühr von 38 DM für die Freischaltung des Dienstes. Die Gebühr erklärte die Firma damals mit dem hohen personellen und technischen Aufwand. Bereits Ende Februar stellte Teleflash seinen Dienst wegen der Abmahnung des Verbraucherschutzvereins wieder ein.Rechtlich gab es für die Einstellung keinen Grund. Auch Richter von Goetze sagte, er habe noch nie erlebt, daß ein Unternehmen allein wegen einer Abmahnung sofort den Geschäftsbetrieb einstelle. Teleflash-Anwalt Kurt Mitzkus begründete dies mit der fehlenden Investitionssicherheit, solange das Verfahren nicht endgültig entschieden sei: "Der Aufbau der Technik ist teuer und es müssen langfristige Verträge abgeschlossen werden - auch mit den Werbetreibenden. Dazu muß das Unternehmen erst einmal wissen, daß es nicht in ein paar Monaten wieder schließen muß."Wieviele Kunden schon bezahlt hatten, ohne den Service jemals nutzen zu können, sagte Lisiecki nicht. Einige tausend Kunden hätten sich für das Angebot von Teleflash interessiert. Bisher sei noch niemand die Freischaltgebühr erstattet worden. Zur Verhandlung erschienen auch Kunden von Teleflash, die über das Urteil enttäuscht waren. Birgit Bayermann zum Beispiel fühlt sich durch den Verbraucherschutzverein und das Urteil bevormundet: "Ich habe doch die Wahl, ich muß ja nicht jedes Gespräch über Teleflash führen." Tatsächlich haben die Verbraucherschützer aus eigenem Antrieb geklagt. "Wir benötigen keine Beschwerden von Verbrauchern, wenn wir frühzeitig und vorbeugend tätig werden," sagte Egbert Groote vom Verbraucherschutzverein.Einen Pilotversuch mit werbefinanzierten Gratis-Telefonaten hatte die Telefongesellschaft Otelo bereits 1997 durchgeführt. Der Dienst ging aber niemals in den Regelbetrieb, denn man sei bei der werbetreibenden Wirtschaft auf zu wenig Interesse gestoßen, heißt es bei Otelo. Kostenlos telefonieren kann man dagegen heute schon in Schweden, wo die Firma Gratistel Svenska werbefinanzierte Telefonate anbietet.

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