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Eine Frau öffnet einen Müsli-Riegel mit der Aufschrift «Share».

© dpa/Daniel Naupold

Berliner Start-up "Share": In Deutschland gekauft, weltweit geholfen

Für jedes verkaufte Produkt wird eine Mahlzeit gespendet: Die Lebensmittel-Marke "Share" will Hungernde weltweit unterstützen. Die Produkte gibt es ab diesem Montag bei Rewe und dm.

Sebastian Stricker weiß, wieviel selbst wenig Geld helfen kann. 40 Cent kostet es beispielsweise, ein hungerndes Kind in Entwicklungsländern für einen Tag zu ernähren. Der Österreicher entwickelte daher 2014 die App „Share the meal“, mit der Smartphone-Nutzer eine einfache Möglichkeit zum Spenden bekommen sollen. Per Fingerwisch kann man damit für das Welternährungsprogramm der UN eine Mahlzeit finanzieren. 21,5 Millionen Tagesrationen wurden seither ermöglicht.

Vor einem Jahr ist Stricker bei Share the Meal ausgestiegen. „Es gibt da ein super Team und seit ich weg bin, läuft es sogar noch besser“, sagt Stricker. Er hat dagegen seither an einem neuen Projekt gearbeitet: Share Foods heißt das Unternehmen mit Sitz in der Rosenthaler Straße. Es hat drei Produkte entwickelt, die an diesem Montag deutschlandweit in den Handel kommen: Einen Nussriegel, Wasser und eine Handseife. „Jedes Mal wenn man etwas davon kauft, bekommt jemand anderes auch etwas“, erklärt Stricker die Idee.

So wird für jeden verkauften Artikel im Gegenzug entweder eine Mahlzeit finanziert, ein Mensch mit Wasser oder mit einem Stück Seife versorgt. Unterstützt werden zum Beispiel Hilfsprojekte in Liberia, Senegal, Kambodscha oder Äthiopien, aber auch die Berliner Tafel. Die Artikel werden zunächst in etwa 5000 Filialen von Rewe und dm verkauft. „Es gab meines Wissens noch nie einen so großen Start einer sozialen Lebensmittelmarke“, sagt Stricker.

Lemonaid hat 60 Millionen Flaschen verkauft

In den vergangenen Jahren sind neben Bio- oder Fairtradeartikeln immer mehr Produkte in die Verkaufsregale gekommen, mit deren Kauf soziale Zwecke unterstützt werden – vor allem Getränke. Ein bekanntes Beispiel ist Lemonaid, das unter diesem Namen Limonaden vertreibt und zudem noch Eistee unter der Marke Charitea. Dabei fließen jeweils fünf Cent pro verkaufter Flasche in Hilfsprojekte. Seit dem Start 2009 wurden inzwischen 60 Millionen Flaschen verkauft, inzwischen gibt es die Getränke in 15 Ländern.

Etwas anders funktioniert das Projekt Viva con Agua, das der ehemalige Fußballprofi des FC St. Pauli, Benjamin Adrion, ins Leben gerufen hat. Sein Verein sammelt Spenden, um Menschen mit Trinkwasser zu versorgen, denn mehr als eine halbe Milliarde Menschen hat keinen Zugang zu sauberem Wasser. Inzwischen werden auch Viva-con-Agua-Flaschen verkauft, allein im Vorjahr waren es 23 Millionen. „Wir sind aber kein klassisches social business“, sagt André Lau, Chef der Viva con Agua Wasser GmbH. Denn das Unternehmen produziert nicht selbst, sondern vergibt Lizenzen an Partner, die das Logo nutzen und Wasser unter der Marke verkaufen dürfen. Dafür flossen im Vorjahr Lizenzgebühren in Höhe von etwa 1,4 Millionen Euro. Davon bleiben dann nach den Kosten und Steuern etwa eine halbe Million Euro an Gewinnen, die in die Hilfsprojekte fließen.

"Share"-Gründer Sebastian Stricker entwickelte zuvor „Share the Meal“.
"Share"-Gründer Sebastian Stricker entwickelte zuvor „Share the Meal“.

© G.Glover

Für manche Kritiker sind das allerdings „Gutmenschen-Getränke“, die ihren meist Besserverdienenden Käufern primär ein gutes Gewissen verschaffen sollen. „Im Konsumbereich denken die Menschen weniger nach als bei Spenden“, sagt Lau. Doch hinter dem Ansatz von Viva con Agua steckt noch eine zweite Idee: „Bei gemeinnützigen Vereinen stellt sich immer die Frage, wie sie Werbung für sich machen“, sagt Lau. Spender sehen es ungern, wenn Teile ihres Geldes für Poster ausgegeben werden. Daher macht Viva con Agua seine Marke über Konsumprodukte - dazu gehört inzwischen auch Toilettenpapier - bekannt und hofft, deren Käufer auch zu weiteren Spenden zu animieren.

Ein Schuhhersteller hat das Eins-für-Eins-Prinzip erfunden

Das Eins-für-Eins-Prinzip, auf das Share nun setzt, wurde 2006 von dem US-Schuhhersteller Toms erfunden. Nach einem Besuch in Argentinien beschloss der Toms-Chef, die dort als Alpargatas bekannten Stoffschuhe weltweit zu vertreiben und von den Einnahmen Schuhe in Entwicklungsländern zu vertreiben. Diesen Ansatz verfolgt beispielsweise auch die US-Brillenmarke Warby Parker.

Stricker will die Idee nun im Lebensmittelbereich in Deutschland verbreiten. „Was die großen Lebensmittelkonzerne in Marketing investieren, stecken wir in soziale Projekte“, sagt der 35-jährige. „Wir hoffen, dass das das bessere Marketing ist“. Die Erstproduktion von drei Millionen Produkten ist bis Ende des Jahres finanziert. Das Geld kommt unter anderem von den Atlantic Labs des Berliner Investors Christophe Maire und Andreas Berger, einem ehemaligen Manager des Schweizer Handelskonzerns Valora. „Mein Traum ist natürlich, dass wir die Palette noch ausweiten“, sagt Stricker. So hätte er gern noch ein Bildungsprodukt im Angebot, um damit Hefte oder Kugelschreiber zu finanzieren.

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